Reicht das wirklich, Bayern? Der Kader des Meisters auf dem Prüfstand

Uli Hoeneß kündigt an, dass die sportliche Führung um Max Eberl nur noch einen Spieler ausleihen soll - aber nicht kaufen. Dabei hat der Kader seine Schwächen. Die AZ macht den Check.
von  Maximilian Koch
Unterschiedliche Standpunkte: Bayerns Sportvorstand Max Eberl (l.) und Aufsichtsrat Uli Hoeneß.
Unterschiedliche Standpunkte: Bayerns Sportvorstand Max Eberl (l.) und Aufsichtsrat Uli Hoeneß. © IMAGO/Ulrich Wagner

Für Florian Wirtz und Nick Woltemade, die beiden Wunschspieler der Klubspitze, wäre der FC Bayern in diesem Sommer bereit gewesen, das berühmte Festgeldkonto leerzuräumen - und sogar in die Kreditabteilung einer Bank zu gehen. "Wenn wir den Spieler wollten, dann müssten wir über eine Finanzierung nachdenken", sagte Aufsichtsrat Uli Hoeneß Ende Februar, als Wirtz seine Entscheidung für den FC Liverpool noch nicht getroffen hatte, der AZ: "Unser Festgeldkonto ist gerade nicht mehr so üppig, wie es mal war." Doch schon bei Harry Kane, der 2023 für knapp 100 Millionen Euro zu Bayern gewechselt war, habe man "bewiesen", so Hoeneß, "dass wir an die Grenzen gehen können. Und wenn wir von einem Spieler überzeugt sind, dass er den FC Bayern wirklich stark verbessern würde, dann würden wir versuchen, unsere Hausaufgaben zu machen."

Scheitern bei Wirtz und Woltemade

Und das taten sie auch diesmal, die Münchner Bosse. Sie begegneten Wirtz und dessen Eltern mit allen Mitteln der Verführungskunst, um ihn zu Bayern zu locken. Doch der 22-Jährige, für Karl-Heinz Rummenigge der "beste Spieler Deutschlands", fand das sportliche Konzept, das ihm Liverpool-Trainer Arne Slot präsentierte, überzeugender als den Plan von Bayern-Coach Vincent Kompany. Mission nicht erfüllt.

Er bleibt wohl in Stuttgart: Nick Woltemade.
Er bleibt wohl in Stuttgart: Nick Woltemade. © IMAGO/Markus Ulmer

Bei Woltemade war es anders. Der Spieler wäre zu Fuß die 230 Kilometer über die A8 von Stuttgart nach München gelaufen, um für Kompanys Mannschaft zu spielen. So sehr wollte er den Wechsel. Doch der VfB Stuttgart lehnte mehr als 60 Millionen Euro für den Stürmer ab. Mission nicht erfüllt - bislang zumindest. Bis zum 1. September hat Bayern noch Zeit, um ein paar Millionen für Woltemade draufzulegen. Doch anders als bei Wirtz, der Bayern 150 Millionen Euro wert gewesen wäre, gibt es bei Woltemade nach AZ-Informationen die Schmerzgrenze in Höhe von 55 Millionen Euro als Fixablöse (plus Boni), die nicht überschritten werden soll.

Nur ein Leihspieler soll noch kommen

Es ist daher davon auszugehen, dass der Wechsel nicht mehr klappt - und Bayern 2026 einen neuen Versuch bei Stuttgart und Woltemade startet. Was inzwischen klar ist: Die Münchner wollen keinen anderen Offensivstar mehr kaufen. "Ich würde sehr dafür plädieren, den Kader noch aufzufüllen mit einem Leihspieler, der bis zum 30. Juni 2026 unter Vertrag genommen wird", sagte Hoeneß der "SZ".

Transfer unwahrscheinlich: Christopher Nkunku vom FC Chelsea.
Transfer unwahrscheinlich: Christopher Nkunku vom FC Chelsea. © IMAGO

Heißt: Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund haben die komplizierte Aufgabe, in knapp anderthalb Wochen einen Top-Spieler zu finden, den ein anderer Klub für eine Saison verleiht. Was bei Christopher Nkunku vom FC Chelsea offenbar nicht funktionieren wird. Von Nkunku sind die Mächtigen im Klub nicht vollends überzeugt – anders als Eberl, dessen Arbeit am kommenden Montag auf der nächsten Aufsichtsratssitzung bewertet wird.

Wie gut ist der Kader?

Ob es dem Sportvorstand bis dahin gelingt, einen neuen Angreifer zu finden? Beim Blick auf das aktuelle Aufgebot wäre dies dringend nötig. "Die Qualität ist da, aber wir haben nicht die Breite", sagte Kompany. "Noch nicht." Die AZ macht den Kader-Check.

TOR: Ganz hinten ist Bayern mit Manuel Neuer, Stellvertreter Jonas Urbig, Routinier Sven Ulreich und Talent Leon Klanac sehr gut aufgestellt. Hier herrscht kein Bedarf.

ABWEHR: Jonathan Tah wurde aus Leverkusen geholt, er soll direkt in eine Führungsrolle hineinwachsen. Durch Tah, der zentral neben Dayot Upamecano gesetzt ist, wurde der Abgang von Eric Dier kompensiert. Sollte Minjae Kim noch verkauft werden, bräuchten die Münchner schnell Ersatz in der Mitte. Links vertritt Josip Stanisic Alphonso Davies, der sich nach seiner schweren Knieverletzung in der Reha befindet und wohl im Oktober wieder zur Verfügung steht – ebenso wie Hiroki Ito (Mittelfußbruch), der auch zentral verteidigen kann. Rechts ist Konrad Laimer erste Wahl vor Sacha Boey. Der Franzose agiert nur selten überzeugend - Gleiches gilt für Raphael Guerreiro auf der linken Seite. Fazit: Wenn Davies und Ito wieder fit sind, ist Bayern ordentlich aufgestellt – aber nicht Weltklasse.

MITTELFELD: Neuzugang Tom Bischof schließt die Lücke, die der Abgang von João Palhinha zu Tottenham gerissen hat. Wobei der Portugiese ohnehin kaum eine Rolle spielte. Neben Bischof stehen Joshua Kimmich, Aleksandar Pavlovic und Leon Goretzka zur Verfügung, im Bedarfsfall auch Laimer, Guerreiro und Youngster David Daiber. Ein guter Mix.

Jetzt bei Al-Nassr: Kingsley Coman.
Jetzt bei Al-Nassr: Kingsley Coman. © IMAGO

STURM: Thomas Müller, Leroy Sané, Mathys Tel und nun auch Kingsley Coman wurden abgegeben, geholt hat Bayern lediglich Luis Díaz aus Liverpool. Gerade nach dem Coman-Verkauf zu Saudi-Klub Al-Nassr waren Eberl und Freund davon ausgegangen, Ersatz verpflichten zu dürfen, also: zu kaufen. Doch dies ist nicht der Fall.

Mit Harry Kane (vorne), Michael Olise (rechts), Serge Gnabry (zentral) und Díaz (links) stellt sich der Angriff von alleine auf, die Talente Lennart Karl (rechts), Paul Wanner (zentral), Wisdom Mike (flexibel einsetzbar) und Jonah Kusi-Asare (vorne) sind die Alternativen.

Reicht das wirklich, Bayern? Für drei Wettbewerbe? Es herrscht in jedem Fall das Prinzip Hoffnung, dass sich keiner der Stammspieler verletzt. Und Jamal Musiala nach seinem Beinbruch früh zurückkehrt, womöglich schon im November.

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