FC Bayern muss im Kollektiv Barcelonas Superstar stoppen
München - Es ist eine der zentralen, ungelösten Fragen der Geschichte des Weltfußballs: Wie stoppt man Lionel Messi? Nichts zu machen, sagen die einen. Schließlich könne man auch nicht verhindern, dass es regnet. Oder dass Thomas Müller wasserfallartig redet.
Die Anti-Messi-Strategie wird für Trainer Hansi Flick und den FC Bayern zur Hauptaufgabe des Champions-League-Viertelfinals am Freitag (21.00 Uhr im AZ-Liveticker und bei Sky) gegen den FC Barcelona. Lösen die Münchner den Gordischen Knoten? Wie legen sie den sechsmaligen Weltfußballer an die Kette?
Vom Knoten in seinen Beinen konnte sich Jérôme Boateng seinerzeit schnell wieder befreien, vom darauffolgenden Hohn und Spott nicht. Vor etwas mehr als fünf Jahren erlebte der Innenverteidiger, ein knappes Jahr zuvor mit der Nationalelf – im Finale gegen Argentinien samt Messi! – Weltmeister geworden, im Camp Nou von Barcelona eine seiner bittersten Stunden. Das Halbfinal-Hinspiel der Champions League am 6. Mai 2015: Mit einer Körpertäuschung versetzt Messi Boateng derart, dass dieser auf dem Allerwertesten landet, während der Allerwertvollste dank dieser Finte mit viel Platz zum vorentscheidenden 2:0 trifft. Bayern verliert 0:3 – und alle Hoffnung. Das 3:2 im Rückspiel von München? Wertlos.
Boateng einst düpiert, heute bissig
Binnen Minuten wurde Boateng ein Opfer der sozialen Medien, User garnierten die Szene mit GIFs und Fotos, zogen ihm beispielsweise virtuelle Schlittschuhe an.
Sein tatsächlich unbeholfen wirkendes Stolpern konterte der 31-Jährige am fünften Jahrestag mit einer Gegenoffensive. Zu einem Foto der Szene schrieb er bei Twitter: "Da habt ihr es – was zu lachen in diesen harten Tagen. Ich schnapp mir inzwischen etwas Popcorn... und schaue danach das WM-Finale 2014." Als Boateng bei einer Fragerunde auf Twitter erneut darauf angesprochen wurde, antwortete er bissig: "Ehrlich gesagt, würde ich gerne jeden von euch sehen, wie er gegen Messi verteidigt."

Was es am Freitag beim Wiedersehen zu überprüfen gilt. Vor allem für die Bayern-Abwehr um Chef David Alaba. Als Rechtsaußen mit Zug zur Mitte wird der 33-jährige Messi häufig auf Alphonso Davies treffen, im Zentrum sollen Thiago und Leon Goretzka dessen Kreise stören. Es geht nur im Kollektiv. "Es ist nicht FC Bayern gegen Messi, sondern gegen Barcelona. Wir müssen gemeinsam als Team da sein und klug spielen. Wir müssen ihn unter Druck setzen und im Eins-gegen-Eins die Zweikämpfe gewinnen", sagte Flick.
Gemeinsam gegen Messi
Alle gegen einen, alle gegen Messi. Eine im modernen Fußball antiquierte Herangehensweise? "In den Partien gegen Messi hat es immer dann funktioniert, wenn das ganze Team da war", sagte Thomas Müller. "Wenn der erste den Ball nicht gewinnt, kommt der nächste. Gemeinsam müssen wir gegen die individuelle Qualität agieren." Ob nur Messi die Bayern bezwingen könne? "Das muss man so sagen", meinte Ex-Barcelona-Star Bernd Schuster in der "Bild".
Beim 3:1 gegen den SSC Neapel im Achtelfinal-Rückspiel traf Messi zum 2:0, ein weiterer kunstvoller Treffer wurde ihm aberkannt, im Grunde Gotteslästerung. Messi lieferte. "In Zeiten der Ungewissheit gibt es eine Sicherheit: Messi", schrieb die spanische Zeitung "El Pais" und bezog sich dabei nicht nur auf die Corona-Pandemie, sondern auch auf die spielerische Krise der Katalanen, die in "La Liga" zusehen mussten, wie Erzrivale Real Madrid den Meistertitel feierte. In der Königsklasse soll, – nein, muss – Messi (31 Tore und 25 Assists in 43 Spielen) die Barça-Saison retten.
"Ich habe einen Riesenrespekt vor ihm. Er hat etwas, was möglicherweise kein Zweiter auf diesem Planeten hat: Er kann Spiele im Alleingang entscheiden", sagte Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Daher müsse man den Argentinier "aufmerksam beobachten und ihm aggressiv und taktisch klug die Freude am Spiel nehmen." Messi sei "der Superstar des letzten Jahrzehnts".
Messi-Bilanz gegen Bayern: 5 Spiele, 4 Tore
In den bisherigen drei K.o.-Runden-Duellen traf Messi in fünf Partien vier Mal gegen Bayern, schoss seinen Verein zwei Mal weiter. Als er vor dem Halbfinal-Rückspiel 2013 verletzt ausfiel, schwanden Barcelonas Hoffnungen. Die Katalanen gingen gegen die Heynckes-Bayern zu Hause 0:3 unter. Allerbeste Aussichten hat man gegen Barça immer noch dann, wenn Messi gar nicht mitspielt.
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