Regierung berät mit Bundesländern über Fiskalpakt
Erst wurde ein Fiskalpakt-Kompromiss mit SPD und Grünen im Bundestag ausgehandelt. Nun will die Regierung auch die Bundesländer zu mehr Spardisziplin verpflichten – doch die Verhandlungen gestalten sich schwierig.
Berlin – Im Kanzleramt haben Bundesregierung und Länder am Sonntag stundenlang um Rahmenbedingungen für ein Ja zum europäischen Fiskalpakt gerungen. Die Länder fürchten massive Sparzwänge und fordern für eine Zustimmung zusätzliche finanzielle Gegenleistungen des Bundes. Umstritten war bis zuletzt, ob der Bund in die Kosten für die Eingliederung Behinderter einsteigen soll, die 12 bis 13 Milliarden Euro jährlich ausmachen. Bayern fordert zudem mehr Geld für den Straßenbau. Die Verhandlungen am Sonntagnachmittag dauerten länger als erwartet.
Der Bund bot zuletzt eine Übernahme möglicher Strafzahlungen an, wenn Sparvorgaben des Fiskalpakts nicht eingehalten werden können. In Länderkreisen hieß es, dass von allen Seiten noch Bewegung nötig sei, um sich zu einigen. An dem Treffen nahmen unter anderen teil: Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU), Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD).
Bundestag und Bundesrat stimmen am kommenden Freitag über den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin und den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM ab. Für die Ratifizierung des Fiskalpakts ist in beiden Kammern eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Mit den Bundestags-Fraktionen von SPD und Grünen war sich die schwarz-gelbe Koalition bereits am Donnerstag einig geworden. Als Gegenleistung stimmte sie der raschen Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer zu, wenn mindestens neun EU-Staaten mitziehen. Zudem soll es ein milliardenschweres Wachstumspaket für Europa gehen.
Mit knapper Mehrheit billigte ein kleiner Sonderparteitag der Grünen am Sonntag diesen Kurs. Der Vorstand setzte sich mit nur 40 von 78 Delegiertenstimmen durch. Der Abstimmung auf dem Länderrat war eine turbulente Debatte hervorgegangen. Der Forderung von Grünen-Europapolitikern, ein Ja von Bewegung hin zu einem Altschuldentilgungsfonds zugunsten der Euro-Krisenländer abhängig zu machen, folgten 37 Abgeordnete, es gab eine Enthaltung.
Das letzte Wort wird aber ohnehin das Bundesverfassungsgericht haben. Unter anderen will die Linksfraktion gegen den Fiskalpakt klagen. Der mit 500 Milliarden Euro an Notkrediten ausgestattete Euro-Rettungsschirm ESM kann daher nicht zum 1. Juli starten. Der Fiskalpakt soll ab 2013 gelten.