Interview

Bayerns FDP-Chef Hagen: Habecks ideologisches Heizungsgesetz treibt die Menschen zur AfD

Warum Bayerns FDP-Chef Martin Hagen am Samstag mit Monika Gruber auf der Bühne steht – und wie er selber heizt.
Natalie Kettinger
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
7  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
An der umstrittenen Demo nimmt auch Bayerns FDP-Chef Martin Hagen teil.
An der umstrittenen Demo nimmt auch Bayerns FDP-Chef Martin Hagen teil. © dpa

Erding/München - Diese Veranstaltung polarisiert: Kabarettistin Monika Gruber und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger rufen zu einer Kundgebung gegen das Gebäude-Energiegesetz der Ampel auf – und die AfD klatscht Beifall.

Auch Bayerns FDP-Vorsitzender Martin Hagen wird am Samstag in Erding auf der Bühne stehen, vor der mehrere Tausend Menschen erwartet werden. Die AZ hat mit ihm darüber gesprochen.

AZ: Herr Hagen, Ihre Partei hat dem Gebäude-Energiegesetz sowohl bei den Koalitionsverhandlungen als auch im Koalitionsausschuss und im Kabinett prinzipiell zugestimmt. Nun treten Sie neben Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger und der Kabarettistin Monika Gruber bei einer Kundgebung mit dem Titel "Heizungsgesetz stoppen!" auf. Wie passt das zusammen?
MARTIN HAGEN: In den Koalitionsverhandlungen haben sich die Ampel-Parteien darauf verständigt, dass neu eingebaute Heizungen auf Basis von 65 Prozent Erneuerbarer Energien betrieben werden sollen. Zu diesem Ziel stehen wir. Den konkreten Gesetzentwurf, den Robert Habeck vorgelegt hat, lehnen wir aber ab – genauso wie übrigens auch viele Fachleute und knapp 80 Prozent der Bürger ihn ablehnen. Er ist einfach nicht praxistauglich und würde viele Menschen überfordern. Deshalb werden wir den Entwurf im weiteren Verfahren korrigieren. Am Ende wird ein gutes Gesetz stehen – einem schlechten stimmt die FDP nicht zu, das kann ich versprechen.

Hagen: "Die grünen Heizungspläne haben viele Menschen zutiefst verunsichert"

Die Demonstration richtet sich gegen "grüne Heizungsideologie". Wenn Sie als Mitglied des FDP-Bundesvorstandes daran teilnehmen, ist das ein weiterer Beweis für das schlechte Verhältnis der Ampel-Parteien. Allerdings scheint der ewige Zoff die Menschen zu nerven – und sie der AfD in die Arme zu treiben. Nehmen Sie das in Kauf?
Zunächst mal bin ich bayerischer Landespolitiker – meine Sorge gilt den Menschen im Freistaat und nicht den Befindlichkeiten der Grünen in Berlin. Und zur AfD: Was die Menschen in die Arme von Populisten treibt, ist eher Habecks ideologisches Heizungsgesetz als der Streit darüber. Andersherum wird doch ein Schuh draus: Wenn die FDP diesen Murks einfach abgenickt hätte, wäre das Wasser auf die Mühlen der AfD. Fakt ist nun mal, dass diese grünen Heizungspläne viele Menschen zutiefst verunsichert haben. Ich sage denen immer: Ich verstehe euren Unmut, aber stärkt lieber das liberale Korrektiv in der Regierung als eine Protestpartei, die selbst keine Lösungen bietet.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Die AfD wirbt mittlerweile ebenfalls für die Teilnahme an der Kundgebung. Ist Ihnen das nicht unangenehm?
Auf der Kundgebung werden Politiker von FDP, CSU und Freien Wählern sprechen, dazu Vertreter aus Landwirtschaft und Handwerk. Das ist die Mitte der Gesellschaft. Soll man berechtigte Anliegen nicht mehr öffentlich vertreten, aus Angst, die AfD könnte applaudieren? Das wäre ja schlimm, wenn man dieser fürchterlichen Partei so eine Macht geben würde.

Monika Gruber spricht in Internet-Beiträgen von "rot-grüner Mischpoke", der "phlegmatischen Untertänigkeit der Deutschen" und nennt Robert Habeck einen "Wirtschaftsvernichter". Nun rufen Sie gemeinsam zu einer Veranstaltung auf. Ist dies das neue Niveau deutscher Politik?
Wollen wir jetzt Haltungsnoten für Kabarettisten verteilen? Frau Gruber ruft zu der Kundgebung auf, ich habe die Einladung als Redner gerne angenommen. Weil ich die Ängste vieler Menschen vor Habecks Heizungsplänen ernst nehme.

Was ist Ihr Haupt-Kritikpunkt am Habeckschen Heizungsgesetz?
Es setzt einseitig auf die Wärmepumpe, die in alten Gebäuden nicht unbedingt die effizienteste Lösung ist. Es ignoriert, dass der Strom für diese Geräte häufig aus Kohlekraftwerken stammt und ein zu hoher Bedarf die Netze überfordern könnte. Es konterkariert die kommunalen Wärmepläne, obwohl die Kommunen oft die beste Lösung für die jeweilige Situation vor Ort kennen. Es diskriminiert nachwachsende und nachhaltige Rohstoffe wie Holz und Biomasse, die gerade in ländlichen Regionen Bayerns sehr beliebt sind. All das muss geändert werden. Wir brauchen mehr Technologieoffenheit und längere Übergangsfristen, insgesamt mehr Pragmatismus und weniger Ideologie.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Hagen: Sanierungszwang würde für deutsche Hausbesitzer richtig teuer werden

Wenn stimmt, was behauptet wird, will die EU-Kommission spätestens ab 2029 nur noch den Einbau von Wärmepumpen zulassen. Sollte man sich nicht besser schnell auf eine Zukunft einstellen, die sowieso nicht zu verhindern ist, anstatt zu protestieren?
In der Tat plant die EU-Kommission, die übrigens von der CDU-Politiker Ursula von der Leyen geführt wird, einen noch viel heftigeren Heizungs-Hammer. Dazu auch noch einen Sanierungszwang, der für deutsche Hausbesitzer richtig teuer würde. Aber auch diese Vorhaben können selbstverständlich verhindert werden. Wir sind ja immer noch eine Demokratie.

Und wie heizen Sie selbst?
Ich heize aktuell mit Gas. Meine Heimatgemeinde Vaterstetten plant aber, bis 2030 alle Häuser mit Nahwärme aus Geothermie zu versorgen. Das wäre optimal. In einer Gemeinde ohne solche Pläne würde ich mich bei einem Neubau vermutlich für eine Wärmepumpe entscheiden. Aber nicht, weil mich Habeck und von der Leyen dazu zwingen, sondern weil es für den individuellen Fall das Sinnvollste wäre.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
  • Marlboro123 am 10.06.2023 08:40 Uhr / Bewertung:

    Für Habeck und seine Grünen ist doch klar, da kommen billige Immobilien auf dem Markt, da sich nicht jeder diese Investitionen leisten kann,

  • Plato's Retreat am 10.06.2023 08:18 Uhr / Bewertung:

    Ich glaube eher, es ist die Partei von Herrn Hagen, die die Wähler zur AfD treibt.

    Es ist doch ganz einfach - wer nicht will, dass die Grünen regieren, hat nur eine Partei in Deutschland zur Auswahl. Alle anderen verhelfen den Grünen zur Macht (Rot, Schwarz, Gelb, Linke - alle bilden mit ihnen Koalitionen - alle!).

  • Fracking Gas am 09.06.2023 22:04 Uhr / Bewertung:

    Und die Grünen werden die nächsten 2 Jahren nutzen, Deutschland ihre komplette Ahnungslosigkeit, Unfähigkeit und Inkompetenz vor Augen zu führen. Damit erledigen sich die Amateure von selbst.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.