TSV 1860: Nach Corona-Schock - Trotzige Löwen beschwören "Jetzt-erst-recht"-Mentalität
München - Die Verkündung der Nachricht des Tages hatte sich Günther Gorenzel am Freitag nicht nehmen lassen. "Wir haben uns heute noch einmal intensiv mit dem Gesundheitsamt ausgetauscht und konnten erreichen, dass Michael Köllner das Spiel am Sonntag unter strengsten Auflagen coachen darf", verkündete der Sport-Geschäftsführer der Sechzger zu Beginn der Pressekonferenz.
Dank einer Ausnahmeregelung sollte der Löwen-Dompteur, der sich nach dem positiven Corona-Test von Kevin Goden am Mittwoch wie sämtliche Spieler und Staff-Mitglieder ohne vollständigen Impfschutz in Quarantäne begeben musste, sein Team beim Auswärtsspiel in Halle nun also doch betreuen. Aber die Verantwortlichen des Halleschen FC spielen da nicht mit - und verwehren Köllner den Zutritt zum Stadion!
Es ist nicht davon auszugehen, dass Köllner die Reise unter diesen strikten Auflagen auf sich nimmt: Der 51-Jährige muss sich am Morgen einem PCR-Test unterziehen und die rund 440 Kilometer lange Fahrt nach Halle alleine machen.
Außerhalb seines Autos gilt für ihn eine strikte FFP2-Maskenpflicht - auch in der Kabine und am Spielfeldrand. Nach dem Spiel muss der 51-Jährige dann auch die viereinhalbstündige Rückreise alleine antreten. Kein allzu entspannter Arbeitstag für Köllner.
Vor dem Halle-Spiel: Die Löwen schotten sich komplett ab
"Für ihn wird es sicher eine Herausforderung, mit der Maske zu coachen. Aber das ist noch immer besser, als in München zu bleiben und sich andere Kommunikationswege zu suchen", meinte Gorenzel am Freitag noch.
Stellt sich die Frage: Mit welchen Spielern werden die Löwen in Halle auflaufen? Wer von der Quarantäne betroffen ist, wollten und durften die Verantwortlichen nämlich unter keinen Umständen preisgeben.
Auch aus taktischen Gründen - schließlich sollen die Hallenser keine Rückschlüsse auf die Aufstellung ziehen können. Damit auch bloß niemand mitbekommt, welche Spieler an der Einheit teilnehmen, wurden für die Einheit am Freitag eigens mehrere Zufahrten zum Trainingsgelände geöffnet. Sechzig undercover!
Neudecker kämpferisch: "Jetzt müssen wir zusammenwachsen"
Auch wenn er sich nicht ins Blatt schauen lassen wollte, versicherte Gorenzel aber am Freitag: "Wir werden das als Kollektiv auffangen und auch in Halle eine konkurrenzfähige Mannschaft auf den Platz schicken." Tatsächlich hoffe er sogar, dass die aktuell schwierigen Umstände die Mannschaft zusammenschweißen könnte.
Ohnehin scheinen die Löwen die aktuelle Situation gut angenommen zu haben und machen aus der Not eine Löwen-Tugend. Auch Richard Neudecker, der am Freitag anstelle von Köllner an der Pressekonferenz teilnahm, beschwört eine Musketier-Mentalität: "Wir haben uns gesagt: 'Jetzt erst recht! Jetzt müssen wir alle zusammenwachsen! Jetzt müssen wir an dieser Aufgabe wachsen und alle noch mal den einen Schritt mehr machen.'"
Richard Neudecker nimmt sich selbst in die Pflicht
Genau das wird es aber auch brauchen - schließlich hinkt man den eigenen Erwartungen nach einem ziemlich durchwachsenen Saisonstart mit nur zwei Siegen aus den ersten sieben Spielen und Tabellenplatz elf doch ein bisserl hinterher.
"Letzte Saison haben wir aber auch nicht immer gut gespielt. Oft sind es Kleinigkeiten wie in Braunschweig. Vielleicht fehlt uns momentan das Quäntchen Glück oder die letzte Überzeugung", meinte Neudecker und nahm sich dabei selbst mit in die Verantwortung: "Ich hatte natürlich eine schwere Zeit. Es ist aber auch ganz normal, dass man mal ein Formtief hat. Ich konnte das ganz gut einordnen."
Geholfen hätten ihm dabei auch die Gespräche mit Trainer Köllner...