Zwischenlösung Müller? Nach Sané-Abschied fehlt dem FC Bayern ein ganz spezieller Typ

Leroy Sané trug ein schwarzes Basecap, ein farbenfrohes Guns N' Roses-Shirt und ein breites Grinsen im Gesicht. Am Montag war im Teamhotel von Orlando die Zeit gekommen für dessen emotionalen Abschied vom FC Bayern. Das Kuriose: Mitten in einem Turnier, vor dem anstehenden Viertelfinale der Klub-WM am Samstag gegen Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain. Sané reist ab, seine Mitspieler reisen weiter. Am Freitag geht es zum Spielort Atlanta.
Sané bekam zum Abschied Trikot mit der Rückennummer 223
Neben vielen warmen Worten erhielt der 29-Jährige, der seit Dienstag bei seinem neuen Verein Galatasaray Istanbul unter Vertrag steht, eine gerahmte Fotocollage mit Szenen aus seinen fünf Jahren in München, versehen mit dem Schriftzug "Danke, Leroy!". Dazu ein ebenfalls gerahmtes Dress mit der Rückennummer 223. Spötter würden sagen, für die Anzahl seiner vergebenen Chancen.
Nein, für Sanés 223 Pflichtspieleinsätze, in denen er 61 Treffer erzielte und 55 Torvorlagen gab. Eine durchaus fette (Aus-)Beute für den Flügelspieler. Fünf Jahre, vier Meisterschaften, kein Champions-League-Triumph. Und wenig Akzeptanz bei den Fans, von Liebe ganz zu schweigen. Gesegnet mit so viel Talent, das in zu wenigen Momenten aufblitzte.
Rückblick auf die Verhandlungen
„Du hast für diesen Klub fünf Jahre wirklich Großes geleistet“, sagte Sportvorstand Max Eberl im Speisesaal des Mannschaftshotels und ergänzte: „Ich möchte auf der einen Seite ‚Danke‘ sagen für das, was du geleistet hast. Und auf der anderen Seite ganz, ganz viel Glück wünschen für deinen neuen Weg!“
Kein Blick zurück im Zorn nach der gescheiterten Vertragsverlängerung – von beiden Seiten nicht. Die Vertragsgespräche mit der Sané-Seite zogen sich über Monate hin. Es sah lange Zeit so aus, als ob beide Seiten den Deal wollten. Dann wechselte der Nicht-Wechselwillige den Berater, um doch mehr Gehalt herauszuschlagen. Bayern blieb stur, erhöhte das Angebot nicht. Man kam nicht mehr zusammen und nun geht ein begnadeter Linksaußen im besten Fußballalter in die Türkei.
Galatasaray bot Sané so vieles. Ein Dreijahresvertrag, ein fürstliches, höheres Gehalt, angeblich neun Millionen netto pro Saison – und vor allem: einen Heldenstatus, Stammplatz inklusive.
Teamdynamik und Freundschaften
Sané war sehr beliebt im Team. Mit Michael Olise, Jamal Musiala und Alphonso Davies (macht nach seinem Kreuzbandriss weiter sein Reha-Programm) hing er meist außerhalb des Platzes ab. Gemeinsam lachten sie viel, Sané dabei besonders herzhaft und laut.

In einer kurzen Rede bedankte sich Sané bei den Bossen und seinen – nun ehemaligen – Mitspielern: „Es war eine spannende Zeit, wir haben einiges zusammen gewonnen. Mit einigen Spielern habe ich schon etwas länger gespielt, die kannte ich aus meiner Jugendzeit. Ich wünsche euch nur das Beste für den Rest des Turniers und hoffe, dass ihr das Ding mit nach Hause holt.“ Dann bekäme Sané die Goldmedaille für seine drei Einsätze in den USA (einer von Beginn an, zwei als Joker) nachgeschickt.
Gnabry soll als Backup für Kane agieren
Wer aus der Mannschaft füllt nun die Sané-Lücke? Wer kann ihn und seine Qualitäten ersetzen? Die Zauberfüße Michael Olise und Jamal Musiala, der Sanés Nummer zehn erbt, sind gänzlich andere Typen, eher Zocker auf engem Raum, die es lieben, das Spiel zu gestalten. Können das Serge Gnabry oder Kingsley Coman?
Nicht wirklich! Die beiden sind Flügelspieler, leben von ihrem Tempo, ihren Dribblings und den Läufen. Anders als der Franzose kann DFB-Nationalspieler Gnabry auch im Zentrum als hängende Spitze oder im Zehner-Bereich agieren. Diese Rolle, als Backup für Mittelstürmer und Torjäger Harry Kane, soll er in seinem letzten Vertragsjahr ausfüllen.

Müller könnte Sané-Lücke kurzfristig schließen
Sané dagegen war der perfekte Ziel-Spieler für zentrale Tiefenläufe mit Tempo, erlief sich seine Chancen selbst. Zu sehen bei der Klub-WM, wenn ihn Joshua Kimmich mit feinen Steckpässen auf die Reise schickte – am Ende ohne Ertrag. Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor? Negativ. Aber da wäre ja noch Thomas Müller, wie Sané auch ein Raumdeuter. Nur anders. Auch bei Müller läuft der Countdown zum Abschied. Womöglich schließt der Oldie die Sané-Lücke kurzfristig.