Erster Titel der Saison: Wird der Supercup zu Bayerns Dosenöffner?
München - Niemand kann Druck so wunderbar zwischen den Zähnen herausquetschen wie Oliver Kahn. "Druuuck" mit mindestens drei "u", dazu verdrehte der Torwart früher angestrengt die Augen. Dieser "Druuuck", ein ungebetener Gast in Geist und Gemüt, prallte am einstigen Titan ab wie Regentropfen an einer Plastikgießkanne. Und daher liiiebte Kahn diesen Motivationskick.
Nagelsmann spürt keinen Druck von außen
Wer beim FC Bayern unterschreibt, muss alsbald lernen, damit umzugehen, dass der Druck die Schultern nicht runterdrückt. "Druck mache ich mir selbst: Ich will maximal erfolgreichen Fußball spielen", sagte Julian Nagelsmann am Freitag an der Säbener Straße vor dem ersten Pflichtspiel der Saison, dem Supercup am Samstag bei RB Leipzig (20.30 Uhr, Sat.1 , Sky und im AZ-Liveticker). "Den Druck von außen" spüre er nicht, so der 35-Jährige, der sei ihm "relativ piepegal".
Den produzieren neben den Medien und der Öffentlichkeit vor allem die Experten. Diese stets wechselnde, nicht homogene Clique von Ex-Profis, die dem motzenden Zirkel gegen ein Entgelt verschiedener Medienhäuser dann angehören, wenn sie nicht in Lohn und Brot eines Vereins stehen.
Siehe Kahn, ehemals ZDF-Chefkritiker. Auch Nagelsmann, ein wahrlich unterhaltsamer Plauderer, ist prädestiniert für künftige Experten-Jobs. Noch aber steht er auf der anderen Seite und sagte daher mit einem Gesichtsausdruck, der maximal belustigt wirken sollte, über die Experten: "Ich weiß gar nicht, wovor die mich alle warnen. Irgendwie gibt es wohl apokalyptische Züge. Ein wilder Sturm zieht auf, den ich noch nicht gesehen habe."
Zuletzt musste Nagelsmann häufiger klärende Gespräche führen
Wird's wieder nur die Meisterschaft? Und wenn schon: "Wenn ich irgendwann mal entlassen werde, werde ich halt entlassen." Hat man wie der Landsberger einen Fünfjahresvertrag unterschrieben, fällt man abfindungstechnisch weich. Wie sagt der Bayer: Mit vollen Hosen lässt es sich gut stinken.
Und hin und wieder stänkern. In letzter Zeit muss Nagelsmann häufiger klärende Gespräche führen wie mit Freiburgs Trainer Christian Streich im Frühjahr oder kürzlich mit Tottenham-Coach Antonio Conte als es um den begehrten Stürmer Harry Kane ging. "Nichts Dramatisches", so Nagelsmann, "ist aus der Welt geräumt."
Mit Barcelonas Präsident Joan Laporta hat er noch nicht gesprochen. Dieser konterte nun die Bemerkungen von Nagelsmann zur Einkaufspolitik der Katalanen trotz Schulden von weit über einer Milliarde Euro ("Das ist der einzige Klub der Welt, der kein Geld hat, aber jeden Spieler kauft, den er will") und sagte: "Ich respektiere jeden, und ich mische mich nicht in die Finanzen anderer Leute ein."
Die Bayern sollten "auf ihr eigenes Bankkonto schauen, sie haben viel Geld für Robert Lewandowski bekommen". Bei Nagelsmann habe er einen "Mangel an Wissen und Mangel an Informationen über unseren Klub" ausgemacht, so Laporta. Des Bayern-Trainers Rechtfertigung: "Ich habe das auch eher fragend und aus Fan-Sicht in den Raum gestellt. Ich habe kein Problem damit, dass sich Laporta dazu äußert, er muss seinen Klub vertreten."
Das Duell bei Nagelsmanns Ex-Klub, dem Pokalsieger RB Leipzig ist für ihn "ein wichtiges Spiel, weil es ein Titel ist". Die Sachsen seien "ein junger, hungriger Verein, der versucht, natürlich immer am Status von Bayern München zu kratzen".
Statement setzen und Stärke zeigen
Also sei es wichtig, "ein kleines Statement zu setzen und seine Stärke zu zeigen". Um die Saison bei den Brause-Bullen standesgemäß mit einem Titelchen zu eröffnen, dem Dosenöffner für mehr Ruhm. Double? Triple? Druuuck!
Den Mund verbieten lassen will sich Nagelsmann übrigens nicht. "Man fordert ja immer Typen. Es kam die Frage und dann hau' ich halt mal einen raus. Das kommt spontan, das ist vielleicht nicht immer das Cleverste". Fußball ist ja Teil der Unterhaltungsbranche.