Die Bayern gegen Ingolstadt: Leiden und siegen
München - Nein, nein, keine Sorge – die Bayern haben sich nicht gefreut über das zwischenzeitliche 1:0 der Ingolstädter durch Lezcano nach acht Minuten. Und Torhüter Manuel Neuer würde sich eher ohne Narkose einer Zahn-OP unterziehen, als ein Gegentor willkommen zu heißen. Aber, jetzt mal ehrlich, Ihr Bayern – nicht vielleicht doch? So ein kleines bisschen? Ganz tief in euch drin? Ihr seid ja Sportler, Wettkämpfer, Fighter. Und Qualität kommt manchmal eben von Qual.
„Ingolstadt hat uns schwer gefordert“, meinte Neuer nach dem 3:1 am Samstag gegen den FCI. Stimmt. Keiner der vorherigen fünf Pflichtspielgegner der Bayern (fünf Siege, 20:0-Tore) forderte die Münchner dermaßen wie die clever mitspielenden Ingolstädter: Diese zogen sich nicht zurück, spielten mutig nach vorne, suchten ihre (Tor-)Chancen. Für vier Minuten war Bayern erstmals in dieser Saison in Rückstand, dann schlug Robert Lewandowski zurück. „Es war sehr schwierig für uns. Manchmal ist es nicht möglich, gut zu spielen“, sagte Carlo Ancelotti, „dann muss man andere Qualitäten zeigen. Das hat die Mannschaft getan. Sie hat Charakter gezeigt.“
Und Improvisationskunst, da neben den drei bekannten Magen-Darm-Opfern Philipp Lahm, Thomas Müller und David Alaba kurzfristig auch noch Mats Hummels wegen einer Erkältung ausgefallen war. „Wir hatten vier Ausfälle, spielen viele Partien mit neuen Spielern“, erklärte der Trainer ohne für den mühsamen Erfolg eine Entschuldigung finden zu wollen.
Die Auftakt-Bilanz des FC Bayern: Sechs Pflichtspiele, sechs Siege
In den Büchern steht dennoch die Einstellung eines Vereinsrekordes. Sechs Pflichtspiele, sechs Siege. Wie zuletzt vor vier Jahren unter Jupp Heynckes – zu Beginn der Triple-Saison.
Den Auftritt der renitenten Schanzer, die sich ganz und gar nicht verschanzten, haben sie bei Bayern gern genommen. Motto: Leiden & siegen! Verschmutzte Trikots, Ärmel hoch, abgekämpfte Profis. Ancelotti weiß, wie sich solche Siege anfühlen: „Manchmal muss man auch leiden.“ Endlich einmal wieder ein richtiger Kraftakt nach dem 5:0 in der Champions League gegen Rostow, demselben Ergebnis wie im DFB-Pokal in Jena und dem 6:0 zum Liga-Start gegen Bremen. Lediglich der Supercup (2:0 in Dortmund) und der zweite Spieltag waren etwas enger (2:0 bei Schalke), man war jedoch beide Male deutlich überlegen.
Nicht gegen Ingolstadt. „Wir haben die Bayern maximal geärgert“, freute sich deren Trainer Markus Kauczinski. Und wie. Bis auf die Trefferausbeute war man überlegen. Der Faktencheck: 13:10 Torschüsse, als Mannschaft acht mehr gelaufene Kilometer und mehr gewonnene Zweikämpfe (51 Prozent). Wie es eben meist nach einem Wiesn-Besuch ist: Mehr getrunken als andere, mehr gefeiert – und am Ende ‘nen Kater. Xabi Alonso (50.) und Rafinha (84.) sorgten mit Hau-den-Lukas-Weitschüssen für die Entscheidung. „Es war ein Kampfspiel“, sagte Lewandowski, „wir hatten diesmal Glück.“ Und mit Neuer einen Keeper in Weltklasse-Form, der mehrmals rettete.
Bayern-Keeper Manuel Neuer: Das erste Gegentor seit 601 Minuten
Das 0:1 war übrigens Neuers erster Gegentreffer seit dem Halbfinal-Aus (0:2) bei der EM gegen Gastgeber Frankreich (Griezmann!) und sein erster im Verein seit 601 Minuten, seit dem 2:1 am 7. Mai – in Ingolstadt übrigens.