Widerstand in der Union gegen SPD-Vorschlag für Karlsruhe

Am höchsten deutschen Gericht sind absehbar drei Richterstellen zu besetzen. Nötig ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag mit Hilfe der Opposition. Aber Schwarz-Rot scheint schon unter sich uneins.
von  dpa
Die Suche nach neuen Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht gestaltet sich kompliziert. (Archivbild)
Die Suche nach neuen Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht gestaltet sich kompliziert. (Archivbild) © Uli Deck/dpa

Vor der Wahl neuer Verfassungsrichter kommende Woche bahnt sich Streit in der schwarz-roten Koalition an. In der Union treffe die von der SPD nominierte Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf auf Widerstände, meldeten die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und "Bild". Die Juristin sei "unwählbar", schrieb die CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig auf der Plattform X. Ludwig bestätigte ihre Haltung auf dpa-Anfrage und verwies auf Äußerungen der Juristin zu Corona-Impfungen. 

"FAZ" und "Bild" beriefen sich auf mehrere ungenannte Unionspolitiker. "Die Personalie ist für uns niemals wählbar", zitiert die "FAZ" einen nicht genannten Abgeordneten aus dem Rechtsausschuss. Ein anderer CDU-Parlamentarier, der ebenfalls nicht habe genannt werden wollen, sagte demnach: "Es kann nicht sein, dass die Union eine ultralinke Juristin ans Verfassungsgericht wählt." Umstritten ist demnach auch die Haltung der Juristin zu Abtreibungen.

Zweidrittelmehrheit nötig

Politisch liegt in dem Streit Zündstoff für die Koalition. Zu besetzen sind absehbar drei Positionen am höchsten deutschen Gericht. Nach dem bisher üblichen Nominierungsverfahren hat die Union einen Kandidaten benannt - den Bundesarbeitsrichter Günter Spinner - und die SPD zwei: Medienberichten zufolge neben Brosius-Gersdorf die Juraprofessorin Ann-Katrin Kaufhold. 

Die Kandidatinnen und Kandidaten bedürfen einer Bestätigung des Bundestags mit Zweidrittelmehrheit. Dafür werden nicht nur die Stimmen von Union und SPD gebraucht, sondern auch die von Grünen und Linken, falls die Koalition sich nicht auf die AfD verlassen will.

Linken-Politikerin Reichinnek: "Unwürdige Schlammschlacht"

Die Linke hat ihre Unterstützung der Wahl an Bedingungen geknüpft. "Für uns kommt eine gemeinsame Wahl nur dann in Frage, wenn vorher Gespräche stattgefunden haben - sowohl über die Vorschläge als auch über das weitere Verfahren", sagte Fraktionschefin Heidi Reichinnek der Deutschen Presse-Agentur. "Dass die Union das nicht einsehen will, offenbart ein mehr als fragwürdiges Demokratieverständnis."

Den Unionswiderstand gegen die SPD-Nominierte nannte Reichinnek eine "unwürdige Schlammschlacht". "Einzelne Abgeordnete lassen sich anonym zitieren, greifen die vorgeschlagenen Personen an und sagen ganz klar, dass sie sie nicht wählen werden", monierte Reichinnek. Wie die Kandidatinnen öffentlich von der Union demontiert würden, sei des Parlaments und des Verfassungsgerichts unwürdig.

Richterwahl für nächste Woche geplant

Der Richterwahlausschuss tagt nach Reichinneks Worten am Montagabend, die Abstimmung im Plenum ist ebenfalls für kommende Woche vorgesehen. Vordringlich geregelt werden soll die Nachfolge des Verfassungsrichters Josef Christ, der die Altersgrenze erreicht hat und nur noch geschäftsführend im Amt ist. Für seine Position ist Spinner im Gespräch. Die insgesamt 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden üblicherweise je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt.

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