Schwarz-grüner Flirt: Alternative zur GroKo
Berlin - An Bundeskanzlerin Angela Merkel scheiterte es nicht, ebenso wenig an Volker Kauder. Und nicht einmal an Horst Seehofer. Wäre es nach den Spitzen von CDU und CSU gegangen, hätte es schon nach der letzten Bundestagswahl vor zwei Jahren auf Bundesebene eine schwarz-grüne Koalition geben können.
Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel, die seit Anbeginn ihrer Kanzlerschaft vor bald zehn Jahren darauf achtet, niemals von einer Person, einer Partei oder einer Konstellation abhängig zu sein, sondern aus eigener Kraft aus mehreren Optionen wählen zu können, war daran interessiert, möglichst lange die Grünen im Spiel zu behalten, um nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag nicht auf Gedeih und Verderb allein auf die SPD angewiesen zu sein.
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Doch 2013 war die Zeit für Schwarz-Grün auf Bundesebene noch nicht reif.
Ehe es richtig ernst wurde, machten sich die Grünen vom Acker und zogen es vor, vier weitere Jahre in der Opposition zu verbringen.
Für sie kam eine Koalition mit dem bis dahin bekämpften politischen Gegner zu früh. Weder waren sie auf ein Bündnis mit der Union vorbereitet, noch hatten sie im Vorfeld das Terrain sondiert, erst recht fehlte es an einer schlagkräftigen Führungsmannschaft, die mutig genug war, das Projekt gegenüber der aufmüpfigen Basis zu vertreten.
2017 soll sich das nicht wiederholen. Beide Parteien wollen vorbereitet sein, wenn sich die Frage nach einer Alternative zur Großen Koalition stellt.
Und so nähern sich Schwarze und Grüne hinter den Kulissen in diversen Runden persönlich und programmatisch an, loten Gemeinsamkeiten, Unterschiede und mögliche Kompromisslinien aus und lernen, wie der andere tickt. Mit dem Segen Merkels treibt zudem Generalsekretär Peter Tauber die weitere Modernisierung der CDU voran.
Die CDU rückt inhaltlich weiter in die Mitte
Am heutigen Montag beschließen die Spitzengremien die Konzepte von vier Kommissionen, die den Auftrag hatten, die CDU programmatisch weiterzuentwickeln.
Das Ergebnis der von den Merkel-Stellvertretern Julia Klöckner, Thomas Strobl und Armin Laschet, in deren Ländern 2016 und 2017 wichtige Landtagswahlen stattfinden, sowie Peter Tauber geleiteten Arbeitsgruppen ist eindeutig: Die CDU rückt inhaltlich weiter in die Mitte, nähert sich dem liberalen, akademischen und urbanen Milieu an, versucht Anschluss an die jüngere Generation zu finden – und hübscht sich auf diese Weise für die Grünen auf.
So bekennt sich die CDU offen zur Einwanderung, nennt den Islam einen „Teil Deutschlands“, bekennt sich zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, fordert die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zur ökologischen Marktwirtschaft und plädiert für Nachhaltigkeit beim Konsum. Das alles klingt bei den Grünen nicht viel anders. Klar ist, ein neues Programm ist erst einmal nur ein bedrucktes Programm, an der Basis halten sich die alten, traditionellen Überzeugungen lange.
Merkel hat aus Kohls Scheitern gelernt
Und doch setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Veränderung und Modernisierung. Sie hat als Ministerin erlebt, wie die CDU nach d Amtszeit von Helmut Kohl personell wie programmatisch ausgelaugt war und den Anschluss an die Gesellschaft verloren hatte – das soll sich nicht wiederholen. Und sie hat bereits die nächsten Wahlen im Blick. Alle Indizien sprechen dafür, dass sie 2017 für eine vierte Amtszeit antritt. Dafür aber will sie die größtmögliche Freiheit und Unabhängigkeit.
Da unklar ist, ob die FDP den Wiedereinzug ins Parlament schafft und sie in jedem Fall eine Alternative zur Großen Koalition mit der SPD braucht, damit die Genossen trotz ihrer Schwäche nicht die Bedingungen des Bündnisses diktieren, sind die Grünen als potenzieller Partner unverzichtbar. Gleichzeitig stünde die SPD langfristig ohne Partner da. Dass es funktioniert, beweist Volker Bouffier in Hessen. Es wäre nicht das erste Mal, dass in Hessen politisches Neuland betreten würde – auch Rot-Grün nahm einst dort seinen Anfang.