Merkel und Rösler beschwören Zusammenhalt
Berlin/Oldenburg - Die Spitzen von Union und SPD beschwören angesichts des anhaltenden Widerstands gegen die geplanten Euro-Rettungsschritte den Zusammenhalt des schwarz-gelben Bündnisses.
Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte einer Neuauflage der großen Koalition vor der Parteibasis eine Absage: Die nötigen Kompromisse ließen sich mit der FDP leichter umsetzen als mit der SPD. FDP-Chef Philipp Rösler schloss einen Ausstieg aus der Koalition kategorisch aus.
"Liberale Verantwortung bedeutet, dass die Liberalen auch nie aus der Verantwortung fliehen", sagte Rösler am Sonntag auf einem Sonderparteitag der niedersächsischen FDP in Hannover. "Nur weil es schwierig wird, werden wir nicht weglaufen", versicherte der Vizekanzler mit Blick auf Schuldenkrise und Energiewende. Merkel betonte am Samstag in einer Regionalkonferenz in Oldenburg, manchmal erfülle die FDP der Union Wünsche, manchmal sei es umgekehrt.
Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier mahnte CDU/CSU, sich mit Blick auf die nächste Wahl trotz der FDP-Schwäche nicht von den Liberalen wegzuorientieren. "Einen neuen Partner haben wir nicht. Die SPD und die Grünen wollen Rot-Grün machen", sagte Altmaier der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er warnte vor einem Bruch der Koalition und einer Minderheitsregierung im größten EU-Mitgliedsland.
Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) brachte ein Bündnis seiner Partei mit der SPD ins Gespräch. "Wenn die inhaltlichen Schnittmengen stimmen, ist ein Bündnis mit der SPD auch auf Bundesebene möglich", sagte er dem "Hamburger Abendblatt" (Sonnabend). Die Gemeinsamkeiten von Union und FDP reichten aber für eine weitere Wahlperiode. Die FDP müsse sich den Politikstil der in Berlin erfolgreichen Piratenpartei anschauen. "Ein gewisses Maß an Spontaneität kann hilfreich sein."
Rösler zeigte sich in der "Saarbrücker Zeitung" zuversichtlich, dass es eine Koalitionsmehrheit für den erweiterten Euro-Rettungsschirms an diesem Donnerstag im Bundestag gibt. Die FDP sei dabei ein "Stabilitätsanker". Merkel warnte, ein Ausstieg oder eine Umschuldung Griechenlands könne zu einem Dominoeffekt führen und "den Druck auf andere Länder enorm erhöhen". Von der Leyen warnte: "Wenn der Euro scheitert und mit ihm Europa, dann steht auch unser europäisches Sozialmodell auf dem Spiel." Sozialstandards wie in Asien drohten.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler bekräftigte im "Tagesspiegel" (Montag), er werde am Donnerstag "auf keinen Fall" zustimmen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) rechnet bei mit der symbolträchtigen Kanzlermehrheit für Schwarz-Gelb. "Wir haben die Kanzlermehrheit im Parlament und werden sie auch erbringen", sagte Röttgen dem Magazin "Der Spiegel". Das sind 311 schwarz-gelbe Stimmen von insgesamt 620 Sitzen. 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen der Koalition wären dabei möglich.
Der Abstimmung über den reformierten EFSF-Schirm folgen noch Beschlüsse über das zweite Rettungspaket für Griechenland und den dauerhaften Rettungsfonds ESM. Rösler räumt einem FDP-Mitgliederentscheid gegen den ESM keine Chancen ein. "Die Euro-Rebellen werden sich nicht durchsetzen", sagte er dem Deutschlandfunk. Eine Gruppe um den FDP-Abgeordneten Frank Schäffler sammelt derzeit die nötigen Unterschriften für einen Entscheid.
Rösler steht weiter hinter seinen heftig kritisierten Äußerungen zu einer möglichen Insolvenz Griechenlands. "Natürlich muss es das Ziel sein, alle Staaten in der Eurozone zu halten. Aber wenn man das will, muss man auch alle Instrumente dafür nutzen", sagte er in Hannover. "Dafür müssen wir alle Maßnahmen durchdenken - auch eine geordnete staatliche Insolvenz."
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte der "Bild am Sonntag" für den Fall, dass Schwarz-Gelb die erwünschte Mehrheit am Donnerstag verfehlt: "Der öffentliche Druck für vorgezogene Neuwahlen würde enorm werden." Grünen-Fraktionschefs Jürgen Trittin sagte dem "Focus": "Wenn Schwarz-Gelb keine eigene Mehrheit mehr hat, ist die Koalition am Ende." SPD und Grüne wollen ihrerseits zustimmen.