Merkel äußert Verständnis für Junckers Ceta-Vorgehen
Berlin - Wenn der Rechtsdienst der EU-Kommission sage, dass es sich bei Ceta nicht um ein gemischtes Abkommen handele, könne die Kommission nicht einfach sagen, "das interessiert uns nicht, wie die rechtliche Bewertung ist", sagte sie in Berlin nach einem Gespräch mit den drei Mitgliedern des Staatspräsidiums von Bosnien und Herzegowina.
Justizminister Heiko Maas (SPD) forderte eine offenere Debatte über die geplanten Handelsabkommen, um die Akzeptanz der EU zu stärken. Dabei geht es neben Ceta um das ebenfalls umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA
Juncker hatte auf der Grundlage einer juristischen Analyse angekündigt, dass seine Behörde das Ceta-Abkommen als reines EU-Abkommen einstufen will, und damit scharfe Kritik hervorgerufen. Ein solches Vorgehen würde dazu führen, dass die Regierungen und das EU-Parlament an der Ratifizierung von Ceta beteiligt werden müssten, nicht aber die nationalen Parlamente. Dies müsste nur geschehen, wenn es sich um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handelt.
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Merkel sagte, ein ähnlicher Fall liege bereits beim Europäischen Gerichtshof. "Die Kommission hat dort eine bestimmte Rechtsposition vertreten und versucht natürlich jetzt, nicht völlig neue Entscheidungsgrundlagen anzulegen, wenn es um das nächste Abkommen geht", ergänzte sie. "Trotzdem handelt es sich hier um ein hoch politisches Abkommen, was natürlich auch sehr breit diskutiert wird." Die Kanzlerin unterstrich ihre Ankündigung, dass die Bundesregierung den Bundestag bei der Entscheidung einbeziehen werde. "Das Votum des Deutschen Bundestages wird dann auch eine wichtige Rolle spielen bei der Frage, wie sich die Bundesregierung verhält", sagte Merkel.
Der Vorsitzende des Staatspräsidiums von Bosnien und Herzegowina, Bakir Izetbegovic, sagte, ein Brexit könnte die EU langfristig stärken. Möglicherweise würden bestimmte Dinge beschleunigt, die bisher sehr lange dauerten, damit es zu keinem weiteren Austritt komme. Mögliche weitere Referenden in Irland oder Schottland dürften zu einer Ernüchterung im Rest der EU führen.
Bundesjustizminister Maas sagte der Deutschen Presse-Agentur angesichts der Diskussionen um Ceta und TTIP: "Die laufenden Verfahren zur Verhandlung und zum Abschluss von Freihandelsabkommen sind sicher kein gutes Beispiel, wie die EU und die Mitgliedsländer mit dem Informationsinteresse der Menschen umgehen sollten." Dies gelte auch für Ceta-Pläne der Kommission. "Wer nationale Parlamente ausschließen will, erweist Freihandelsabkommen einen Bärendienst. Wenn wir die EU den Menschen näher bringen wollen, brauchen wir gerade mehr offene Debatten", sagte Maas.
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Das Staatspräsidium von Bosnien-Herzegowina setzt sich aus je einem Repräsentanten der bosnischen, kroatischen und serbischen Bevölkerungsgruppe zusammen. Den Vorsitz hat derzeit der Bosnier Izetbegovic. Weitere Mitglieder sind der Serbe Mladen Ivanic und der Kroate Dragan Covic.