Klingbeil: AfD politisch "kleinkriegen" - Orban stützt AfD

Laut Verfassungsschutz ist die AfD gesichert rechtsextremistisch. Aber was folgt daraus, etwa für Beamte? Die Innenminister der Länder wollen dazu demnächst beraten.
von  dpa
Die AfD muss vor allem auch mit politischen Mitteln bekämpft werden, meint SPD-Chef Klingbeil. (Symbolfoto)
Die AfD muss vor allem auch mit politischen Mitteln bekämpft werden, meint SPD-Chef Klingbeil. (Symbolfoto) © Hannes P Albert/dpa

Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch hat eine Debatte über den Umgang mit ihren Parteimitgliedern im Staatsdienst ausgelöst. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul warnte hier allerdings vor Schnellschüssen. Der CDU-Politiker sagte dem WDR: "Man muss, wenn man jemanden aus dem öffentlichen Dienst entfernen will, nachweisen, dass genau diese Person ihre Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt hat." Er plädierte zur Vorsicht und fügte hinzu: "Und da ist eine Mitgliedschaft in einer Organisation ein Grund – aber ob das ausreicht? Glaube ich nicht, das wird man sehen. Es muss in jedem Fall einzeln nachgeprüft werden."

Hinweis an Thüringer Beamte schon vor Jahren 

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Beamten in seinem Bundesland seien nach der Einstufung des AfD-Landesverbands als gesichert rechtsextremistische Bestrebung 2021 schriftlich belehrt worden, dass ein Engagement für die Partei disziplinarrechtliche Folgen haben könne. "Eine bloße Mitgliedschaft reicht dafür aber nicht aus", fügte er hinzu.

Die Einzelfallprüfung gelte ebenso für angehende Beamte, also für Leute im Referendariat, sagte Reul. Auch da gebe es keinen Automatismus. 

Mitarbeiterbefragungen zu Parteimitgliedschaften sind für Beamte auch in den Sicherheitsbehörden nicht vorgesehen. Bei Sicherheitsüberprüfungen, denen sich Beschäftigte etwa bei der Polizei, der Bundeswehr und den Nachrichtendiensten regelmäßig unterziehen müssen, sollen aber etwaige Mitgliedschaften in extremistischen Parteien und Gruppierungen angegeben werden. 

Am Freitag war bekanntgeworden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat. Seitdem wird über mögliche Konsequenzen diskutiert. Reul betonte, dass die NRW-Behörden die Dokumentation des Bundesverfassungsschutzes jetzt gründlich auswerten würden. Dabei werde geprüft, welche Konsequenzen das Land ziehen könne. "Ich bin kein Freund von Schnellschüssen", betonte Reul. Mögliche staatliche Maßnahmen müsste am Ende auch vor Gericht Bestand haben. 

Innenminister wollen sich mit neuer AfD-Bewertung befassen

Das Thema soll auch bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder besprochen werden, wie eine Sprecherin des IMK-Vorsitzenden sagte. Den Vorsitz hat Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) in diesem Jahr inne.

Die Konferenz ist für den 11. bis 13. Juni 2025 in Bremerhaven geplant. Diskutiert wird über dreierlei: mögliche Folgen für AfD-Mitglieder im Staatsdienst, die staatliche Parteienfinanzierung und ein mögliches AfD-Verbotsverfahren.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der "Bild": "Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss." Auch gebe die Entscheidung des Verfassungsschutzes "Anlass zu prüfen, ob die AfD auf dieser Grundlage von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann".

Debatte über mögliches AfD-Verbot

Ein Antrag auf Verbot einer extremistischen Partei kann vom Bundestag, der Bundesregierung oder dem Bundesrat gestellt werden. Die Entscheidung darüber trifft das Bundesverfassungsgericht. Der betroffenen Partei müsste in einem solchen Verfahren nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht. 

Bislang habe es für einen Antrag auf ein AfD-Verbot im Bundesrat leider keine Mehrheit gegeben, sagte Thüringens Innenminister Maier. Er äußerte gleichzeitig die Hoffnung, dass sich dies nach der Neubewertung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nun ändern werde. Auch im Bundestag sehe er mittlerweile eine Chance für eine Mehrheit. 

Maier sagte, die Art und Weise, wie die AfD Gerichtsurteile infrage stelle sowie Richterinnen und Richter beschuldige, liefere hier deutliche Hinweise. Das aggressiv kämpferische Element sei beispielsweise in der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtages zum Ausdruck gekommen. Die Sitzung versank Ende September wegen des Auftretens von AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler zeitweise im Chaos. 

Klingbeil: Verbotsantrag würde politischen Kampf nicht ersetzen

Nach Auffassung von SPD-Chef Lars Klingbeil kann ein mögliches AfD-Verbotsverfahren den politischen Kampf gegen die Partei nicht ersetzen. Der "Bild am Sonntag" sagte er: "Was ich nicht glaube, ist, dass ein mögliches Verbotsverfahren, was jahrelang dauern könnte, das alleinige Instrument ist, um die AfD kleinzukriegen. Wir müssen uns politisch anstrengen." Die Regierung müsse mit einem anderen politischen Stil den Menschen Sicherheit geben und nicht durch Streit auffallen.

In einer repräsentativen Umfrage des Instituts Insa für die "Bild am Sonntag" sind 48 Prozent der Befragten dafür, dass die AfD jetzt verboten wird. 37 Prozent sind dagegen, 15 Prozent wissen es nicht. Zudem halten 61 Prozent die AfD für eine rechtsextremistische Partei, 31 Prozent tun dies nicht, 8 Prozent wissen es nicht. Insa befragte am Freitag und Samstag 1.001 Menschen. 

Solidaritätsbekundung für die AfD von Orban

Moralische Unterstützung bekam die AfD, die angekündigt hat, sich juristisch gegen die Neubewertung durch den Verfassungsschutz zur Wehr setzen zu wollen, von Ungarns Regierungschef, Viktor Orban. Er schrieb bei X in englischer Sprache: "Was zum Teufel ist los in Deutschland? Du kannst auf uns zählen @Alice Weidel!". Dazu postete er ein Foto, auf dem er der Co-Vorsitzenden der AfD die Hand schüttelt. Weidel verbreitete seine Solidaritätsbekundung auf X und dankte Orban für seine "ermutigenden Worte".

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