Die Konsens-Republik
Was für eine Wende. Vor einem halben Jahr noch hat CDU-Minister Norbert Röttgen die rot-grüne Opposition als „energiepolitische Blindgänger“ verhöhnt, als diese die Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke kritisiert hatte. Und jetzt? In einem denkbar breiten Bündnis – von den Grünen über die SPD bis zu Union und FDP – hat der Bundestag den historischen Beschluss gefasst (ja, hier passt das große Wort), dass Deutschland das Kapitel Atomkraft beendet.
Im Konsens wurde eine jahrzehntealte gesellschaftliche Schlacht beendet. Gut beendet. Der Konsens ist gut, weil die Energiewende herausfordernd genug ist. Und er ist ein Ausrufezeichen hinter einer langen Entwicklung: Deutschland mag den Konsens, mehr als andere Länder. Und mehr als den alten Lagerkampf rechts gegen links. Die alten Schubladen passen nicht mehr. Die Beliebtheit der großen Koalition (zumal im Vergleich zur aktuellen Regierung) kam nicht von ungefähr, erst recht in der Finanzkrise. Lieber gemeinsam handeln als gegenseitig verteufeln.
Natürlich wird es immer unterschiedliche Meinungen geben. Aber in der Tat drängt das Land in die Mitte (siehe auch: CDU für Krippenplätze, CSU für Frauenquote). Die Zeit der inszenierten Grabenkämpfe neigt sich dem Ende zu. Schröder wusste das, Merkel weiß das, Guido Westerwelle („geistig-politische Wende“) hat das zu spät bemerkt.