München-Milbertshofen: In diesem Stadtteil tritt bei der Landtagswahl eine Besonderheit auf
Milbertshofen - Im Frühjahr 2012 ist Katharina Schulze nur Münchner Politik-Junkies ein Begriff. Sie ist eine dieser vielen Stadt-Grünen-Vorsitzenden, den ehrenamtlichen Job tut sich eigentlich nie wer länger als zwei, drei Jahre an. Doch Schulze, 26, voller Tatendrang, ist in dieser Phase voll in ihrem Element.
Sie ist erst als Studentin in die Partei eingetreten – und doch traut man ihr sehr schnell sehr viel zu. In diesem Frühjahr 2012 sagt Schulze, die in jenen Jahren sehr viel demonstrieren geht, ganz selbstverständlich, ganz selbstbewusst, diese Sätze; "Ich male auch gerne ein Schildchen für die nächste Demo. Aber ich will da sitzen, wo ich Gesetze kippen kann."
Katharina Schulze merkt, dass der Ton rauer geworden ist
Das klang damals arg forsch. Doch Schulze folgt einem klaren Plan, ist schon ein Jahr später dort, wo man theoretisch Gesetze kippen kann - im Landtag. 2017 wird sie Fraktionsvorsitzende, 2018 ist sie Spitzenkandidatin, so ist es auch heuer wieder. Das Problem: Die Lust, Gesetze zu kippen, ist Schulze nicht abhanden gekommen. Nur: So richtig klappt es praktisch nicht, aus der Opposition wird es wohl auch heuer keinen Ausweg geben.
Doch daheim, in ihrem Stimmkreis, könnte Schulze die Verteidigung des Direktmandats gewinnen. Die Frau ist immer bekannter geworden, sie mag Wahlkämpfe. Und: Nachdem sie 2013 noch weit abgeschlagen auf Platz 3 landete, hat sie beim letzten Mal mit stolzen 34,4 Prozent haushoch gewonnen. Dazu kommt: Die Konkurrenz schickt nicht gerade politische Schwergewichte ins Rennen, setzt wohl gar nicht aufs Direktmandat.
Ganz anders Schulze. "Klar", sagt sie zur AZ, "ich will das Direktmandat verteidigen." Der Ton ist diesmal rauer auf den Straßen, das stellt sie in ganz Bayern fest, aber auch in ihrem Stimmkreis, der Schwabing-West und Neuhausen-Nymphenburg, und auch das deutlich bodenständigere Milbertshofen-Am-Hart umfasst. "Es gibt sehr viel Plakat-Vandalismus", sagt Schulze.
Gymnasiallehrerin Christine Müller will sich für eine bessere Bildungspolitik einsetzen
Die CSU schickt mit Christine Müller eine 44-Jährige ins Rennen, die im Stimmkreis eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Sie ist hier verwurzelt, schon die Oma lebte in Milbertshofen. Und die Gymnasiallehrerin für Deutsch und Evangelische Religionslehre ist Vize-Chefin im Bezirksausschuss Schwabing-West. Im Landtag würde sie sich gerne für eine bessere Bildungspolitik einsetzen.

Im Wahlkampf hat sie vor allem auch die katastrophale Situation am Wohnungsmarkt bedrückt. "Was man hört, ist wirklich herzzerreißend", sagt sie im Gespräch mit der AZ. "All die Senioren, die fürchten, ausziehen zu müssen, Familien, die dringend aus ihren 1-Zimmer-Wohnungen raus müssen."
Auch die SPD schickt mit Ruth Waldmann in Milbertshofen eine Frau ins Rennen
Die SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann tritt erneut in Milbertshofen an. Sie sei im Wahlkampf so viel wie irgendwie möglich draußen unterwegs gewesen, sagt sie. "Bezahlbares Wohnen, Kita-Plätze, Unterstützung bei häuslicher Pflege", das seien die Sorgen, die sie am häufigsten höre. Und: dass es im Münchner Norden an Haus- und Kinderärzten mangelt.

Ein Dreikampf der Frauen also. Wobei: Eigentlich nicht nur ein Dreikampf. Denn kurioserweise bewerben sich auch bei den kleineren Parteien in Milbertshofen besonders viele Frauen, etwa die Münchner FDP-Vorsitzende Jennifer Kaiser-Steinmer, Pia Utz für die Freien Wähler oder Jitka Machayan für die AfD.
Am Ende dürften mehrere von ihnen wieder in den Landtag einziehen. Als direkt gewählte Abgeordnete scheint Katharina Schulze die klare Favoritin zu sein (wenn die Grünen nicht noch ganz richtig derbe abschmieren). Gesetze wird sie wohl trotzdem erstmal eher selten kippen.