"Vergewaltigung": Zeuge belastet Angeklagten im Hanna-Prozess schwer

War es Mord oder hat sich Hanna aus Aschau die Verletzungen nur durch das Hochwasser zugezogen? Ein Zeuge hat eine klare Meinung dazu. Die Verteidigung will weitere Sachverständige hören.
Heidi Geyer |
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Der Angeklagte mit seinen Verteidigern Harald Baumgärtl und Regina Rick. Als "schmächtig" wurde der Angeklagte zur Tatzeit beschrieben. In der Untersuchungshaft hat er aber stark zugenommen.
Der Angeklagte mit seinen Verteidigern Harald Baumgärtl und Regina Rick. Als "schmächtig" wurde der Angeklagte zur Tatzeit beschrieben. In der Untersuchungshaft hat er aber stark zugenommen. © Foto: Geyer

Traunstein/Aschau - Hanna W. (23) ertrank in der Nacht auf den 3. Oktober 2022 entweder im Bärbach oder in der Prien, wurde jedoch erst einen Tag später und fast zwölf Kilometer flussabwärts gefunden. Im Mord-Prozess am Landgericht Traunstein soll geklärt werden, was mit der jungen Frau in jener Nacht passiert ist.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war es Mord. Sebastian T. soll die Medizinstudentin auf ihrem Heimweg vom Eiskeller überfallen haben – aus sexuellen Motiven. Schon mehrere Zeugen haben im Prozess am Landgericht Traunstein ausgesagt, dass T. seine Schwierigkeiten mit dem anderen Geschlecht habe, oft abgewiesen wurde. Auch Gewaltvideos fand man auf seinem Handy, zudem ein voyeuristisches Bild, das er durch einen Türspalt aufgenommen hatte. Als ein Außenseiter wird er beschrieben, mit verminderter Intelligenz. Aber ist er wirklich ein Mörder?

Prozess im Mordfall Hanna: Zeuge nennt neue Details und belastet den Angeklagten

Dafür spricht, dass ein Mithäftling von T. kurz nach Prozessbeginn aussagte, dass ihm der Angeklagte die Tat gestanden habe. M. sagte bereits vor Gericht aus. Da Häftlinge erfahrungsgemäß oft nicht die besten Zeugen sind, wurde am Mittwoch ein Video der ersten Vernehmung gezeigt, um seine Glaubwürdigkeit beurteilen zu können.

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Bei Kartenspiel und Spekulatius in der Weihnachtszeit 2022 soll T. ihm in seiner Zelle in der JVA Traunstein gesagt haben, dass er ein sexuelles Interesse an Hanna gehabt habe: "Thema Vergewaltigung, irgendwie in die Richtung." Davor hätte T. ihm immer gesagt, dass er unschuldig sei. In den Fluss soll T. sie dann geworfen haben, sagt M.

Der Zeuge nennt in der Vernehmung Details: Geschlagen soll T. sie haben, damit sie sich nicht mehr wehren konnte. Plausibel wäre es, denn Hanna war eine 1,86 Meter große Frau. Der Angeklagte ist selbst nur 1,67 Meter groß und wird – vor seiner Untersuchungshaft – als schmächtig beschrieben.

Sebastian T. soll einem Zeugen den Mord an Hanna gestanden haben

M. spricht flüssig und ruhig, gibt auch zu, wenn er sich nicht mehr an etwas erinnern kann – zumindest sagt er das. Doch er wirkt in seinem Auftritt glaubwürdig, vielleicht weil er etwas aufgeregt ist und oft kindlich auf der Videoaufnahme rüberkommt. Aus reiner Liebe zur Wahrheit sagt aber auch M. offenbar nicht aus. Hatte er es bei seiner Aussage vor Gericht noch bestritten, spricht er bei der Vernehmung durch die Polizei sehr wohl von einer Strafmilderung. M. weiß, dass die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler auch seine Richterin sein wird.

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Auf das Geständnis von T. hin habe er "erst mal schlucken müssen, weil ich ihm es nicht zugetraut habe". M. bittet T. aus seiner Zelle, spricht aber dennoch kurze Zeit später wieder mit ihm auf dem Hofgang: Mitleid habe er mit T. gehabt, der immer alleine gewesen sei. Viel Empathie habe der Zeuge, der selbst wegen eines Sexualdelikts angeklagt ist.

Dass er darüber in der JVA bewusst lügt, gibt er zu. "Im Knast ist es schlecht, wenn man Feinde hat. Ich merk's ja bei mir selbst an meiner Straftat, dass man schnell Feinde bekommt." Jemanden zu verpfeifen, sei da problematisch, deshalb habe er auch so lange geschwiegen.

Die Verteidigung des Angeklagten bringt ein Hochwasser als Todesursache ins Spiel

M. erzählt, dass seine eigene Tat im Knast von einem Mithäftling ausgeplaudert worden sei, worauf er in Schutzhaft gekommen sei. Zudem berichtet M., dass ein anderer Häftling ihn zu sexuellen Handlungen gezwungen habe. Er wurde daraufhin in eine andere JVA verlegt, der Mithäftling sei inzwischen abgeschoben worden. 

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Zugleich sagt M. aber, dass er es erkenne, wenn ein anderer lüge: "Ich weiß das, weil ich selbst so oft von Menschen in meinem Leben angelogen worden bin." T. hätte er die Tat zwar nicht zugetraut, aber die Widersprüche und die Körpersprache hätten ihn irritiert. Als T. ihm die Tat gestanden habe, war es so, "als würde ihm die Luft grad wegbleiben, als hätte er einen Frosch im Hals, so'n Klumpen". Wer der wahre Täter sei? "Herr T.!", sagt M. am Mittwoch bestimmt.

War es so, oder ist Hanna durch eine andere Art und Weise gestorben? Die Verteidigung des Angeklagten T. will beweisen, dass ihre Verletzungen nicht von ihrem Mandanten kommen. Sondern von einer Wasserwalze aufgrund des Hochwassers. Dazu soll es weitere Gutachten von Sachverständigen geben. Der Prozess wird womöglich noch bis März dauern, deutet Aßbichler an. Ob Regina Rick, die T. seit Kurzem zusätzlich verteidigt, dabei sein wird, ist fraglich: Die Prozesstage kollidieren mit einem anderen Fall. "Da müssen Sie sich entscheiden", sagt Aßbichler.

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