Mord-Fall Hanna: Mit-Häftling sagt im Prozess aus und belastet Angeklagten

Ein Mithäftling belastet den Angeklagten im Mord-Prozess um Hanna schwer. Sagt er die Wahrheit oder ist er nur auf Strafrabatt aus?
Heidi Geyer |
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Einsatzkräfte suchen in der Prien nach Beweisen. Dass Hannas Leiche den Fluss hinabgetrieben ist, hat Beweismaterial zerstört.
Einsatzkräfte suchen in der Prien nach Beweisen. Dass Hannas Leiche den Fluss hinabgetrieben ist, hat Beweismaterial zerstört. © Foto: Peter Kneffel/dpa

Traunstein – "Ein junger Mensch, der voll im Leben steht", sagt ein erfahrener Ermittler. An einen vergleichbaren Fall im Chiemgau könne er sich nicht erinnern. Der Mann spricht von der 23-jährigen Medizinstudentin Hanna aus Aschau.

Sebastian T. soll sie in der Nacht auf den Tag der Einheit im vergangenen Jahr überwältigt und so schwer verletzt haben, dass sie infolgedessen ertrunken ist. Denn T. soll Hanna in den Bärbach geworfen haben, "entsorgt", wie es in der Verhandlung am Dienstag am Landgericht Traunstein hieß.

Wer ermordete die Studentin Hanna? Zeuge macht präzise Angaben

Der Angeklagte selbst äußert sich nicht und dadurch, dass Hannas Leiche über zehn Kilometer die Prien hinabtrieb, ist auch das Beweismaterial dünn. Doch in der vergangenen Woche war plötzlich Dynamik in den Prozess gekommen.

Ein Mithäftling von T. in der JVA Traunstein hatte ausgesagt, dass T. ihm das Verbrechen gestanden hätte. Er ist am Dienstag geladen und überrascht erst einmal. Anders als die Zeugin der vergangenen Woche, eine Freundin T.s, die aufgewühlt war und sich kaum an etwas erinnern konnte oder wollte, ist der Zeuge Adrian M. (23) äußerst präzise.

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Auslöser waren sexuelle Interessen an dem Opfer

Detailliert und in gewählter Ausdrucksweise berichtet er von seinem Verhältnis zu T. und es wirkt äußerst stringent. In der Anfangszeit hätte T. immer gesagt, er habe es nicht getan. Bis zur Weihnachtszeit. Sogar an den Spekulatius in seiner Zelle konnte er sich erinnern, als T. ihm gegenüber die Tat beim Kartenspielen gestanden haben soll. Er hätte "an der Dame sexuelle Interessen gehabt", sagt M.

Später wird er konkreter, T. "hätte sie missbrauchen oder vergewaltigen wollen". Ihm gegenüber soll T. außerdem gesagt haben, "er hätte sie bewusstlos geschlagen, damit sie sich nicht wehren kann". Hannas Mutter kommen die Tränen, als der Zeuge davon berichtet. Der Angeklagte soll M. auch offenbart haben, dass er "nicht so wirklich Beziehungen mit Frauen, kein sexuelles Leben" gehabt hätte. Hanna will er gekannt und attraktiv gefunden haben. "Da musste ich erst mal drauf klar kommen", sagt M. Lange – verdrängt habe er die Angelegenheit.

Der Angeklagte Sebastian T. bleibt bei der Anhörung emotionslos

Wem glauben? Dem Angeklagten, der sich laut Bericht aus der JVA in der Haft unauffällig und ruhig verhält? Emotional sei Sebastian T. "kaum schwingungsfähig, weder positiv noch negativ", heißt es dort.

Wobei er sich eine Fraktur an der Hand zugezogen hatte, als er in die Wand boxte. Wegen einer Thematik aus der Vergangenheit habe er sich für einen kurzen Moment nicht unter Kontrolle gehabt, heißt es im Bericht aus dem Gefängnis. Auch für die AZ ist T. schwer zu lesen, hat auffallend wenig Körpersprache. Doch man kann schon den Eindruck gewinnen, dass T. über die Aussage seines Mithäftlings wütend ist.

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Prozess im Mordfall Hanna: Es wird keinen Deal mit der Staatsanwaltschaft geben

Weil er die Wahrheit sagt? Oder weil M. sich wichtig machen, womöglich auch einen Strafrabatt genießen will? Dass der "ganz gut" wäre, sorgt kurzzeitig für Gelächter bei den Zuschauern. Einen "Deal" mit der Staatsanwaltschaft soll es nicht geben.

Denn auch M. sitzt nicht ohne Grund in Untersuchungshaft. Warum genau, ist nicht zu erfahren, nur dass es sich um ein Sexualdelikt handelt. M. berichtet auch von sexuellem Missbrauch, den er selbst erfahren haben will. Seine Mutter, die die Täterin gewesen sein soll, wurde jedoch freigesprochen.

Ob Sebastian T.  den Mord wirklich begangen hat, bleibt unklar

Auf der einen Seite will M. von T. erfahren haben, dass keine DNA-Spuren an Hannas Körper gesichert werden konnten. Aus der Presse will er das nicht gewusst haben, er "zocke" lieber und lese keine Zeitungen. Doch dann verheddert M. sich bei der Frage, ob T. das Wort "umgebracht" benutzt habe. "Er hat es nicht gesagt", sagt M. Der Verteidiger des Angeklagten macht ihn darauf aufmerksam, dass er etwas anderes angegeben habe. Das habe er aus der Mimik von T. geschlossen, erklärt er.

Ebenso bleibt unklar, wer das Wort "entsorgt" in Zusammenhang mit Hannas Leiche benutzt hat. Die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler warnt Hannas Eltern vor, bevor sie den Mithäftling danach fragt. "Ich bin mir da nicht zu 100 Prozent sicher", lautet seine Antwort.

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