Söder spricht Machtwort bei Schuldenstreit: "Gehen Sie davon aus, dass Bayern zustimmen wird"

An diesem Montag entscheidet sich nicht nur das Schicksal des Milliarden-Pakets von Union und SPD, sondern auch das der "Bayern-Koalition". Markus Söder (CSU) ist sich jedenfalls sicher, wie Bayern abstimmen wird.
Natalie Kettinger,
Ralf Müller |
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Regieren seit 2018 miteinander: Ministerpräsident Markus Söder (r., CSU) und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Die Frage ist nur: Wie lange noch?
Regieren seit 2018 miteinander: Ministerpräsident Markus Söder (r., CSU) und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Die Frage ist nur: Wie lange noch? © Peter Kneffel / dpa

München – Dass die Bundestagswahl die "Bayern-Koalition" von CSU und Freien Wählern (FW) im Freistaat ins Wanken bringen könnte, hatte wohl niemand auf dem Schirm, als Union und SPD in Berlin Sondierungsgespräche aufnahmen. Und doch ist der Bruch des Regierungsbündnisses im Freistaat keine reine Utopie mehr. Es kommt alles darauf an, ob sich CSU und FW diesen Montag einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses einigen können.

Die von Union und SPD geplanten und nun auch von den Grünen akzeptierten Rekordschulden in Form einer Lockerung der Schuldenbremse und Sondervermögen stießen bis zuletzt bei den FW in Bayern auf Ablehnung.

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Vor der Bundestagswahl hatte sich ihr Vorsitzender Hubert Aiwanger genauso wie CSU-Chef Markus Söder auf ein striktes Nein zur Lockerung der Schuldenbremse festgelegt. Aiwanger und seine FW blieben dabei, während Söder mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) bekanntlich einen anderen Weg einschlug.

Rinderspacher: "Die SPD ist bereit, in die bayerische Staatsregierung einzutreten. Wir wollen Verantwortung übernehmen"

Jetzt könnte das Unternehmen "Mehrfachwumms" in letzter Sekunde ausgerechnet an Bayern scheitern. Wenn die FW bei ihrem Nein bleiben, müsste sich der Freistaat im Bundesrat enthalten und die notwendige Zweidrittel-Mehrheit für das 900-Milliarden-Paket würde wohl verfehlt.

Die Kombination aus Fiasko und Riesenblamage muss aus Sicht der CSU unbedingt verhindert werden. Falls sich die bayerischen Koalitionäre am Montag nicht einigen, gibt es aus Sicht der CSU womöglich nur noch eine Notbremse: den Austausch des Koalitionspartners.

Er findet, der Freistaat habe etwas Besseres verdient, als die Freien Wähler: Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher von der SPD.
Er findet, der Freistaat habe etwas Besseres verdient, als die Freien Wähler: Landtags-Vizepräsident Markus Rinderspacher von der SPD. © imago

Als neuer Partner käme jetzt die SPD in Frage, mit der die CSU in Berlin eine Koalition anstrebt. Nach mehr als einem halben Jahrhundert auf den Oppositionsbänken des Bayerischen Landtags elektrisiert diese Möglichkeit die Genossen, gleichzeitig aber bleibt man skeptisch.

Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher (SPD) sagte der AZ geradezu euphorisch: "Die SPD ist bereit, in die bayerische Staatsregierung einzutreten. Wir wollen Verantwortung übernehmen." Der Freistaat habe "Besseres verdient als die FW".

Nur eine Stimme Mehrheit? "Das waren oftmals die stabilsten Regierungen"

Holger Grießhammer, Fraktionschef der Sozialdemokraten, rechnet allerdings nicht mit einem vorzeitigen Ende der Bayern-Koalition – zumindest noch nicht. "Ich glaube, dass man sich zusammenraufen wird, und rechne nicht mit einem Koalitionsbruch", sagte er der AZ. Sollte der Fall jedoch wider Erwarten eintreten, sei das selbstverständlich eine Option für die SPD und diese zu Gesprächen bereit.

Denn prinzipiell halte er es mit dem früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering: "Opposition ist Mist und natürlich ist es besser, man kann das Bundesland aktiv mitgestalten."

Nur eine Stimme Mehrheit? Das seien oftmals die stabilsten Regierungen, sagt SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer.
Nur eine Stimme Mehrheit? Das seien oftmals die stabilsten Regierungen, sagt SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer. © dpa

Dass Schwarz-Rot im Landtag dann nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme hätte, sieht Grießhammer gelassen. Das habe es in anderen Ländern auch schon gegeben - "und das waren oftmals die stabilsten Regierungen, weil man diszipliniert arbeiten muss". Das Problem dabei: In Ausschusssitzungen müssten dann alle Abgeordneten der Koalition immer anwesend sein und im Plenum zudem sämtliche Minister plus Ministerpräsident, um Abstimmungsniederlagen zu verhindern.

Warum die "Methode Dietmar Woidke" in Bayern nicht funktioniert

Tatsächlich will man in der CSU einen Koalitionswechsel zur Bayern-SPD, die inzwischen in Berlin nicht mehr Ampel-Gegner, sondern Koalitionspartner ist, als "letzte Option" trotzdem nicht ausschließen. "Vorführen lassen wir uns nicht", heißt es aus dem Kreis der Abgeordneten und: "Die Fraktion ist nicht bereit, alles zu schlucken".

Ihn loszuwerden, wäre aus Sicht vieler CSUler ein begrüßenswerter Nebeneffekt eines Koalitionsbruchs: FW-Chef Hubert Aiwanger.
Ihn loszuwerden, wäre aus Sicht vieler CSUler ein begrüßenswerter Nebeneffekt eines Koalitionsbruchs: FW-Chef Hubert Aiwanger. © dpa

Die Geduld der Christsozialen hat vor allem Vizeregierungschef und Landeswirtschaftsminister Aiwanger strapaziert. Den FW-Chef endlich loszuwerden, wäre aus Sicht vieler CSUler ein begrüßenswerter Nebeneffekt eines Koalitionsbruchs.

Allerdings: Die Methode Dietmar Woidke würde in diesem Fall nicht funktionieren. Der brandenburgische SPD-Ministerpräsident hatte seine damalige Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) vor einer Bundesratsabstimmung zur Krankenhausreform gefeuert, um eine Abstimmungsniederlage zu verhindern.

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Der SPD-Haushaltsexperte und Jurist Volkmar Halbleib weist darauf hin, dass die Bayerische Verfassung die Zustimmung des Parlaments zur Entlassung eines Ministers erfordert. Söder müsste also spätestens am Dienstag beim Landtag den Antrag auf Entlassung der FW-Minister stellen. Alles schwer vorstellbar – bis jetzt.

Der CSU-Fraktionschef gibt sich optimistisch und glaubt an eine Lösung 

Stattdessen will der Regierungschef alles daran setzen, die FW zum Einlenken zu bewegen. Einfach wird das nicht, denn er hat wenig Verhandlungsspielraum. Das von Union und SPD geplante und mit den Grünen nach mühsamen Verhandlungen geschnürte 900-Milliarden-Paket kann wegen der FW in Bayern nicht mehr aufgeteilt oder anderweitig aufgedröselt werden. Die FW müssten ihm nach dem Motto "Friss oder stirb" zustimmen so wie es ist – oder eben nicht.

Er glaubt, dass CSU und Freie Wähler eine Lösung finden werden: CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek.
Er glaubt, dass CSU und Freie Wähler eine Lösung finden werden: CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek. © dpa

CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek versucht im Gespräch mit der AZ, ein wenig Schärfe aus der Debatte zu nehmen: Bei der Zusammenkunft am Nachmittag handle es sich nicht um eine Krisensitzung, sondern schlicht um ein Treffen des Koalitionsausschusses, sagt er – und gibt sich optimistisch:

"Ich gehe davon aus, dass wir eine Lösung finden, weil wir alle uns der Verantwortung für die Bundesrepublik, unser Bundesland und die Kommunen bewusst sind. Ihnen sind wir alle verpflichtet und deshalb sollten wir zustimmen." Auch wenn die Gespräche sicher kein Wunschkonzert seien und nicht einfach würden, gehe er davon aus, "dass wir miteinander diskutieren, jeder seine Position noch einmal darstellt und wir dann gemeinsam eine gute Lösung finden".

Wo die CSU auf die Freien Wähler zugehen könnte

Zum Angebot der SPD sagt Holetschek, es gebe durchaus große Schnittmengen zwischen den Parteien, im Moment gehe es aber darum, "in der bestehenden Koalition dieses Thema zu lösen, und das wollen wir am Montag gemeinsam tun".

Denkbar ist, dass die CSU den FW in Themen der Landespolitik, etwa bei der finanziellen Unterstützung der Kommunen, entgegen kommt. In diesem Fall wäre die Zustimmung zum Infrastruktur-Sonderprogramm die Voraussetzung, meint SPD-Haushälter Halbleib. Er könne sich nicht vorstellen, dass die FW als erklärte "Kommunalpartei" auf mehr Geld für kommunale Infrastruktur und Investitionen verzichten würden, was mit dem Berliner Sondervermögen möglich wäre.

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Söder: "Gehen Sie mal davon aus, dass Bayern am Ende zustimmen wird"

CSU-Chef Markus Söder sagte bezüglich der Abstimmung über das Finanzpaket in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" am Sonntagabend: "Gehen Sie davon aus, dass es an Bayern sicher nicht scheitern wird." Die Lage in Sachen Verteidigung habe sich fundamental geändert. Außerdem gebe es für das Paket Zustimmung in der Bevölkerung, argumentiert Söder. 

Zu Aiwangers Zukunft wollte sich der bayerische Ministerpräsident hingegen nicht äußern. 

Vielleicht scheitert die Koalition nicht jetzt. Doch hält sie bis 2028 durch?

Und so waren am Wochenende auch aus den Reihen der Freien Wähler noch einmal kämpferische aber zugleich beschwichtigende Worte zu hören: Die CSU wolle, dass "wir zugunsten ihres neuen Koalitionsvertrags in Berlin mit dem Koalitionsvertrag brechen, den wir in Bayern mit ihr abgeschlossen haben", sagte Bayerns Digitalminister und FW-Bezirksverbandsvorsitzender Fabian Mehring am Sonntag – um dann zu ergänzen:

"Wir sollten und werden uns die Argumente hierfür anhören und dann in unserer Verantwortung entscheiden." Nach bedingungsloser Ablehnung klang das nicht mehr.

Und was wird nun aus der krisengeschüttelten SPD? Auch wenn die bayerischen Sozialdemokraten aktuell wohl nicht daran glauben, unverhofft aus ihrer jahrzehntelangen Oppositionsrolle erlöst zu werden, so schöpfen sie doch aus der Krise der Bayern-Koalition Hoffnungen für den Rest der noch bis 2028 dauernden Legislaturperiode. Die Koalition von CSU und FW sei "absolut brüchig" geworden, bewertet der SPD-Parlamentarier Halbleib die Vorgänge: "Ob die Koalition bis zum Ende aushält - Fragezeichen."

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  • Bongo am 19.03.2025 21:05 Uhr / Bewertung:

    Antwort an Da Ding:
    Die Wähler dort werden schon ihre Gründe haben, warum sie so gewählt haben.

  • Da Ding am 20.03.2025 08:15 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bongo

    Das mit Sicherheit. Der „gesunde Menschenverstand“ war’s allerdings nicht.

  • Bongo am 19.03.2025 08:38 Uhr / Bewertung:

    Antwort an Da Ding:
    Schön, dass Sie immer versuchen, Niederbayern negativ ins Spiel zu bringen. Aber bei uns herrscht wenigstens noch halbwegs gesunder Menschenverstand, im Gegensatz zu den feinstaubgeschädigten Großstadtgehirnen.

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