Ruhig, Löwen! 1860-Trainer Michael Köllner tritt auf die Euphoriebremse
München - Nach Lautern ist vor Verl: Kaum haben die Löwen mit dem furiosen 2:1 den Tabellen-Zweiten 1. FC Kaiserslautern geschlagen, lechzen die Fans gegen den Klub aus Nordrhein-Westfalen nach mehr: Nun soll den Sechzgern freilich auch der abstiegsbedrohte SC Verl zum Fraß vorgeworfen werden.
Das blaue VERLangen der Fans: siegen. Träumen. Aufsteigen. Nur einer will da nicht mitspielen: Michael Köllner.
"Eines wird für die Mannschaft wichtig sein: Wir dürfen nicht mit der Erwartungshaltung herangehen, dass wir schon vor dem Spiel gewonnen haben. Oder nach fünf oder zehn Minuten. Wir dürfen nicht glauben, die Party steigt schon vorher und die Mannschaft zeigt sich dann als Partycrasher", warnte die weiß-blaue Euphoriebremse Köllner, der das Wörtchen "Verl" immer so schön über die Zunge rollt, in seiner Funktion als Cheftrainer des TSV.
Trotz Sieg gegen Lautern: Köllner übt sich in Understatement
Der 52-Jährige hatte schon in der Stunde des Sieges gemahnt, dass Verl um Ex-Löwe Aaron Berzel nach zuvor sechs Punkten aus zwei Spielen das schwerste Duell der Englischen Woche werde, weil jeder einen Sieg erwarte.
Eine verständliche Maßnahme des Oberpfälzers, der sich schon vor Lautern in Understatement geübt hatte ("Unter normalen Voraussetzungen haben wir keine Chance"). Schließlich schnuppert 1860 nach dem Lautern-Dreier wieder an den Spitzenplätzen der Dritten Liga. Ein solches Schnuppern, wie es in der Vergangenheit immer wieder Versagensängste und Rückschläge zutage gefördert hatte.
Daher stellt Köllner über die alltägliche, harte Drittliga-Arbeit von Saisonbeginn bis Saisonende klar: "Wer in der Dritten Liga länger unterwegs ist, der weiß, dass man alles dafür tun muss, damit am Ende drei Punkte rauskommen. Wie gegen Lautern eben, als der TSV vom Anfang bis zu den letzten Sekunden der Nachspielzeit wie die Löwen gekämpft hat.
Gelbsperre abgesessen: Neudecker vor Startelf-Rückkehr
Spielmacher Richard Neudecker wird dabei wieder mitkämpfen können. "Richy ist nach seiner zweiten Sperre wieder zurück und hat dann endlich für die Saison alles abgesessen, was es abzusitzen gibt", meinte Köllner über die aberwitzige Gelbsperre des Mittelfeld-Motors und Kreativkopfes, der wieder in der Startelf stehen wird.
Hinter Junglöwe Niklas Lang steht dagegen noch ein dickes Fragzeichen: "Wer auf seine Brust schaut, sieht immer noch die Nachwirkungen des Zwickau-Spiels", so Köllner über den jungen Abwehrspieler und seine schmerzhafte Brustbeinprellung.
Übrigens: Nachdem Köllner schon im Vorfeld der gestrigen Pressekonferenz erklärte, keinerlei Aufstiegsfragen beantworten zu wollen, meinte er später: "Wir sind gut beraten, wenn wir unser Ding machen, die Fans hinter uns bringen und am Schluss gemeinsam feiern können." Richtige Aussage des Trainers, aber auch ein Satz für's Phrasenschwein: "Der, der schon davor feiert, der hat noch nie was gewonnen. Am Ende musst du immer zum Schluss feiern."
TSV 1860 hat auch die Zweitliga-Lizenz beantragt
Sport-Boss Günther Gorenzel kann es sich freilich nicht leisten, erst nach Saisonende zu planen. Deshalb kam er Österreicher auch nicht umhin, nach der Bekanntgabe des DFB, dass 20 Drittligisten und 25 Regionalligisten die Drittliga-Lizenz beantragt haben, zu erklären: "Wir haben alle unsere Unterlagen abgegeben. Wir sind dabei, diese Lizenz-Auflagen zu erfüllen. Wir haben natürlich auch um die Zweitligalizenz ersucht." Mehr gebe es zu diesem Thema nicht zu sagen. Überhaupt: Der Antrag ist eine Formalität.
Ganz getreu des Mottos: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Oder, um es in Köllners warnenden Worten auszudrücken: Erst die Siege einfahren, dann die Party feiern.