Traumtor gegen Spanien: Übung macht den Müller
München - Der Kroos! Was für ein Schuss! Ja, der kann das! Viele Zuschauer auf der Tribüne der Düsseldorfer "Esprit Arena" feierten den Präzisionsschützen von Real Madrid als sie nach der Tordurchsage des Stadionsprechers verwundert anblickten: der Müller? Echt? Thomas Müller?
Mit dieser Schusstechnik? Kroos ist der Spezialist für punktgenaues Versenken der Kugel mit der Innenseite – vor allem von (knapp) außerhalb des Strafraums. Müller dagegen ein Impuls-Vollstrecker aus wenigen Metern. Einer, der Tore auch gerne "reinlügt" wie Bayern-Trainer Jupp Heynckes sagt. Ins kurze Eck, durch die Hosenträger, abstauben. Reinmurmeln ist gleich reinmüllern.
Thomas Müller überholt Oliver Bierhoff im DFB-Ranking
Gegen Spanien jedoch müllerte es aus der Distanz. Ein typisches Müller-Tor sei es nicht gewesen, meinte Kroos lachend, "viel zu schön. Aber es hat uns gutgetan." Das 1:1 des Bayern-Profis war ein Kunstschuss aus 20 Metern. Und nun sage einer, dieses krumme, aber platzierte Ding in der 35. Minute sei Zufall gewesen! "Ich habe das schon ein paar Mal beim Aufwärmen probiert, so mit der Innenseite zu schießen", erzählte der 28-Jährige nach Abpfiff und freute sich: "Schön, dass es so geklappt hat. Es kommt nicht alle Tage vor, dass ich von außerhalb des Strafraums so leicht aussehend treffe."
Sein Teamkollege Mats Hummels zollte Müller höchsten Respekt, meinte: "Thomas übt solche Schüsse, er trainiert das. Er hat sich das durch Fleiß angeeignet. Viele Zuschauer denken, die Spieler können das einfach seit der Geburt, aber da steckt viel Arbeit dahinter." Hinter allem Spaß und Flachs steckt also doch Akribie und Beharrlichkeit. Übung macht den Müller.
Sein Treffer gegen die Spanier war Müllers erstes Tor im DFB-Trikot seit fast einem Jahr. Damals, im März, hatte er beim 4:1 im WM-Qualifikationsspiel in Aserbaidschan getroffen – sein einziges persönliches Erfolgserlebnis im DFB-Jahr 2017. Ungewöhnlich wenig. 2017 aber lief es für den Oberbayer unter Carlo Ancelotti nicht, er fand keinen Bezug zum Trainer, sein Spiel und der Zug zum Tor litten.
Wenn Thomas Müller trifft, verliert Deutschland nicht
Erst mit der Rückkehr von Heynckes im Oktober kehrte auch Müllers Selbstverständnis, die Leichtigkeit und Torgeilheit, wieder zurück. Nun kommt er auf 38 Treffer in 90 Länderspielen, hat mit dem Sonntagsschuss am Freitag damit im ewigen Torjäger-Ranking DFB-Nationalelfdirektor Oliver Bierhoff (37) überholt und liegt nun alleine auf Platz zehn. Den nächsten, den er sich schnappen kann: Michael Ballack (42). Viel wichtiger als das Ego-Ranking ist folgender Fakt: In den bisher 28 Länderspielen, in denen Müller traf, verlor Deutschland nie. Wenn es müllert, greift die Anti-Niederlagen-Versicherung.
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Mit dem 1:1 gegen Spanien war Müller, nach der Auswechslung von Sami Khedira, Träger der Kapitänsbinde, zufrieden: "Beide Mannschaften haben gerne den Ball und laufen nicht gerne hinterher. Beide hatten gute Möglichkeiten, es hätte auch 2:2 oder 3:3 ausgehen können." Die schwierigen ersten 30 Minuten waren aus seiner Sicht eine sinnvolle Lehrhalbestunde: "Die Spielfreude kann man den Spaniern niemals nehmen, aber man kann es ihnen schwer machen. Sie sind verwundbar, das hat man gesehen." Müllers Hoffnung für die WM-Endrunde in Russland: "Wir haben aber noch Luft nach oben." (Lesen Sie hier die Einzelkritik zum DFB-Remis)
Gegen Brasilien jedoch kann Müller seine Quote nicht nach oben schrauben, wie auch Mesut Özil trat er den Nachtflug von Düsseldorf nach dem Spiel erst gar nicht an. Schonung, ein paar Tage Ruhe und Training in München. Er wird sie gebrauchen vor dem stürmischen April mit dem Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Sevilla (3. und 11. April). Schon die Generalprobe für das Duell mit den Spaniern hat es in sich: am Ostersamstag (18:30 Uhr) kommt Borussia Dortmund in die Allianz Arena. Hinterher wird dann geduscht, möglicherweise mit Weißbier.
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