Müller warnt vor USA: Höllisch aufpassen

Klinsmann, Klinsmann, Klinsmann – was sich bei der WM-Auslosung ankündigte, gipfelt jetzt in einem gehypten Gruppenfinale. Der 50. Pflichtspielsieg unter Löw soll zum „Playoff“-Start her.  
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Klinsmann, Klinsmann, Klinsmann – was sich bei der WM-Auslosung ankündigte, gipfelt jetzt in einem gehypten Gruppenfinale. Der 50. Pflichtspielsieg unter Löw soll zum „Playoff“-Start her. Teammanager Oliver Bierhoff sieht das prickelnde Wiedersehen als „Finale“.

Santo André  – WM-Kurs halten! Joachim Löw verfällt beim brisanten Wiedersehen mit Jürgen Klinsmann nicht in Aktionismus. Vor dem heiklen Gruppenfinale gegen das von seinem Vorgänger und Freund angeführten US-Team am Donnerstag in Recife (18.00 Uhr/ZDF) zeichnen sich weder ein Systemwechsel noch größere Personalrochaden oder gar eine Änderung der bisherigen WM-Strategie ab.

„Wir haben unsere Art und Weise Fußball zu spielen und an der werden wir auch festhalten“, betonte der mahnende WM-Torschützenkönig Thomas Müller. „Man muss höllisch aufpassen bei dem Turnier. Es kann schneller vorbei sein, als man denkt, und dann schaut man in die Röhre.“ Die Gefahr eines historischen WM-Knockouts der Fußball-Nationalmannschaft ist allerdings gering, die Lust auf den 50. Pflichtspielsieg unter Löw und den anvisierten Gruppensieg dafür umso größer. „Wir sind auf Kurs“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff.

Mit gewagten Rechenspielchen, ob Platz eins oder Rang zwei im weiteren Turnierverlauf besser seien, will sich die DFB-Crew nicht beschäftigen. „Ich halte nichts von solchen Strategien. Da fliegst du meistens auf die Schnauze mit.“ Mit einem Unentschieden in der Arena Pernambuco stünden beide Teams im Achtelfinale.

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32 Jahre nach der „Schande von Gijon“, als Deutschland und Österreich bei der WM 1982 mit einem peinlichen Ballhaltefußball gemeinsam in die Zwischenrunde vorrückten, wollen sich Kapitän Philipp Lahm und seine Teamkollegen diesmal nichts nachsagen lassen. „Wer mich nach dem Ghana-Spiel anschaut, sieht, dass ein Unentschieden keine Option ist“, erklärte Müller, der mit seinem Cut am rechten Auge noch ein bisschen wie ein Boxer aussah. Müller kann spielen.

Auch die zuletzt angeschlagenen Jérome Boateng (Muskelprobleme) und Sami Khedira (Knieverletzung) sind bereit. Vor der dritten Reise in den heißen Norden des Landes ließ der Bundestrainer am Dienstag im Geheimen noch einmal seinen Matchplan einstudieren. Beim Gruppentraining der Angriffs- und Abwehrformation waren alle 23 Spieler dabei. „Wir haben eine fitte, junge Mannschaft“, erklärte Bierhoff. Auch fit genug für die ultra-athletischen US-Boys?

„Jürgen wird die schon heiß machen. Das ist ein Finale für sie“, versicherte der DFB-Teammanager. Persönlichen Umgang gab es zwischen den langjährigen Vertrauten Löw und Klinsmann im „Tunnel“ vor dem Spiel (Bierhoff) keinen. „Wir hatten mit Beginn der Weltmeisterschaft keinen Kontakt. Jeder hat sehr viel zu tun. Aber wir freuen uns, wenn wir uns sehen“, erklärte Löw. Das einzige bisherige Länderspielduell der beiden vor einem Jahr in Washington gewann Klinsmann mit den US-Kickern 4:3.

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„Ich werde alle vor dem Spiel umarmen und dann die Gefühle für 90 Minuten außen vor lassen“, sagte Klinsmann. „Es ist keine Zeit für Freundschaftsanrufe, jetzt geht es ums Geschäft.“ Business as usual ist dieses Trainertreffen aber keineswegs. Dafür hat der frühere Bundestrainer Klinsmann (von 2004 bis 2006) zu große Spuren beim DFB-Team hinterlassen. Ein Punkt reicht der beim Kunterbunt-Kick gegen Ghana kräftig durchgeschüttelten deutschen Elf, um die Gruppe G an der Spitze zu beenden.

Ein Platz, der vermutlich auch wichtig ist, um im Achtelfinale den gefährlichen Belgiern von Marc Wilmots aus dem Weg zu gehen. „Ich glaube jede Mannschaft, die auf uns trifft wird erstmal schlucken“, erklärte Müller, mit drei WM-Toren in Brasilien auch im Kampf um die Torjägerkrone mittendrin. Stand jetzt, würde auf Deutschland als Gruppengewinner Algerien warten. Die Nordafrikaner waren 1982 der Leidtragende des Nichtangriffspaktes zwischen Deutschen und Österreichern.

Die Ausgangslage für das deutsche Team ist diesmal aber weitaus komfortabler als vor 32 Jahren. Passiert im Parallelspiel zwischen Portugal und Ghana nichts Ungewöhnliches, dürfte sich die DFB-Auswahl sogar eine knappe Niederlage erlauben. In den zwei bisherigen WM-Duellen beider Länder (1998, 2002) setzten sich die Deutschen jeweils ohne Gegentor durch. Vor 16 Jahren gewannen Bierhoff und Klinsmann Seite an Seite unter der Regie von Bundestrainer Berti Vogts, der jetzt bei den Amerikanern mitmischt.

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„Die Playoffs haben begonnen“, erklärte Löws Assistent Hansi Flick. Ein Zitter-Weiterkommen wie zuletzt 2010 beim 1:0 gegen Ghana oder eine Qual wie 2002 beim 2:0 gegen Kamerun ist für Thomas Müller und Co. diesmal auf dem Weg ins Achtelfinale kaum zu erwarten. Ein „Schlüssel“, so Müller, werde es sein „mit einer gewissen Leidenschaft und Aggressivität mit Ball und mit Gehirn zu spielen.“

Die Personalsituation im deutschen Team bereitet Löw kaum Sorgen. Offen scheint nur, wen der Bundestrainer im Mittelfeld an die Seite von Lahm und Toni Kroos beordert. Bastian Schweinsteiger warb bei seinem Kurzeinsatz gegen Ghana für eine Beförderung in die Startelf. Die aktuelle Behelfsachse im deutschen Spiel besteht aus Torwart Neuer, dem bislang starken Innenverteidiger Hummels, Aufsteiger Kroos und Torjäger Müller. Darum herum wird höchstens in Nuancen angepasst.

Erwartungsgemäß hält Löw an Lahm in der Zentrale fest. „Die Trainer haben sich klar festgelegt“, betonte Müller. Auch wenn Lahm als der langjährige „Mister Fehlerlos“ nach zwei WM-Partien plötzlich in den Mittelpunkt einer aufgeregten Positionsdebatte gerückt ist. „Philipp ist sowohl in der Verteidigung als auch im Mittelfeld ein herausragend guter Spieler“, sagte der Dortmunder Hummels vor der verhältnismäßig kurzen Anreise des DFB-Teams zum Spielort über den Bayern-Kapitän.

Statt sich entspannt auf die K.o.-Runde vorbereiten zu können, ärgerte sich Klinsmann dagegen über die Reisestrapazen rund um das für sein Team alles entscheidende Deutschland-Spiel. Auf die 2700 Kilometer im Flieger von Manaus ins Stammquartier nach São Paulo folgen weitere 2100 km aus der Millionenmetropole in den Spielort Recife. Nur Kurzstrecke sind im Vergleich dazu die gut 1000 Kilometer des an der Atlantikküste beheimateten DFB-Tross. 1:0 für Deutschland also.

 

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