Verräterische Frühform des FC Bayern: Die AZ nennt die Gründe

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Fußballtrainer sind wie Lokführer. Sie müssen bremsen, wenn der Zug zu schnell unterwegs ist, wenn es gefährlich wird. Heißt: Wenn die Spieler, berauscht von ihrer eigenen Leistung, aus den Gleisen zu fliegen drohen, sprich die Bodenhaftung verlieren.
Lokführer Vincent Kompany kennt seine Jungs wie der Belgier sie immer nennt und dabei das "u" so hübsch dehnt bei der Aussprache. Nach dem 4:0 im zweiten Testspiel gegen den erschreckend matten Europa-League-Sieger Tottenham Hotspur sagte der Bayern-Trainer bei MagentaSport: "Die Jungs haben es gut gemacht, aber wir müssen ruhig bleiben, haben noch viel Arbeit vor uns. Die mentale Bereitschaft ist wichtig." Dann ließ sich der 39-Jährige noch zu einem halben Lob hinreißen: "Es war überraschend gut, muss ich sagen. Normalerweise braucht man bis zum Ende der Vorbereitung sechs bis sieben Wochen. Wir haben erst fünf richtige Einheiten gehabt."
Spätest gestartete Vorbereitung aller Zeiten
Tatsächlich. Drei Wochen Urlaub nach der Klub-WM in den USA waren zwar standesgemäß, dennoch kurz. Bislang haben die Profis lediglich eine Trainingswoche und zwei Testspiele (zuvor das 2:1 letzten Samstag gegen Olympique Lyon) in den Knochen. Die spätest gestartete Vorbereitung aller Zeiten bereitete den Machern und vor allem dem Trainerstab Kopfzerbrechen. In ungeraden Jahren, ohne eine WM oder EM, legten die Münchner oft schon Ende Juni, Anfang Juli los.
Nach einem Nationen-Turnier entsprechend etwas später und in Gruppen. Die Nicht-Berufenen zuerst, die Nationalspieler als Nachzügler. Während die Bayern im Viertelfinale der Klub-WM am 5. Juli an Paris St. Germain (0:2) scheiterten, waren außer Borussia Dortmund, das am selben Tag gegen Real Madrid rausflog, alle 16 übrigen Bundesligisten längst im Trainingsbetrieb. Der Vorteil diesmal: Alle Bayern-Profis begannen in der letzten Juli-Woche mit dem Aufbau, der gar nicht so intensiv sein musste. All jene Planungen scheinen nun Früchte zu tragen.

Die Fitness beim FC Bayern stimmt
Rund eine Woche vor dem Pflichtspiel-Auftakt mit dem Supercup beim VfB Stuttgart (16.8.) läuft schon einiges ziemlich rund. Die AZ zählt auf und erklärt, wo es noch Verbesserungsbedarf gibt, damit die Frühform nicht trügerisch wird:
Die Fitness stimmt, keiner hat Rückstand: Dem gemeinsamen Trainingsaufbau sei Dank – siehe oben. Wofür – neben den knapp 50 Millionen Euro Einnahmen – so eine Klub-WM mit all dem Reisestress und unter teils absurden Bedingungen (die Hitze!) doch nützlich sein kann.
FC Bayern wirkt eingespielt
Das Zusammenspiel funktioniert, das Team wirkt eingespielt: Lediglich Jonathan Tah, der neue Abwehrchef, und Luis Díaz, der neue Linksaußen sind hinzugekommen. Beide Säulen, erfahrene Profis, machen das Team besser. Dazu kommt Talent Tom Bischof als Herausforderer im Mittelfeld. Wozu so eine – teils unliebsam – ausgebremste Transferoffensive ungewollt gut sein kann. "Die Fundamente der letzten Saison sind vorhanden, darauf können wir aufbauen", sagte Harry Kane. Nur die mangelnde Chancenverwertung scheint noch im Trott der vergangenen Saison zu verharren.

Die aktuell beste Startelf hat sich gefunden: Da die Langzeitverletzten Alphonso Davies und Jamal Musiala erst im Spätherbst oder Winter zurückkehren und Aleksandar Pavlovic mit einem Augenhöhlenbruch aktuell ausfällt, stellt sich die Mannschaft beinahe von selbst auf. Lediglich Kingsley Coman und Serge Gnabry streiten sich um die rechte Außenbahn. Michael Olise ringt mit sich selbst, ob er auf dem rechten Flügel wie in der letzten Saison Weltklasse ist oder wie gegen Tottenham in der Zehner-Rolle von Musiala. Wozu doch solch eine virtuose Vielseitigkeit gut ist!
Bayern-Talente nutzen ihre Chance
Die Jungen um Karl und Co. dürfen sich zeigen: Sie präsentieren sich prima, nutzen ihre Chancen, um zu beweisen, dass sie Alternativen sein könnten – und schau an: Der Campus ist doch zu etwas gut. Als frisches Gesicht sticht Lennart Karl hervor,

Kane verschießt Elfer nur, wenn's nicht wichtig ist: 30 Mal in Folge hat's bumm gemacht vom Punkt, gegen seinen Ex-Verein rutschte der Elferkönig aus. Der Brite, das können sie, nahm's mit Humor, sagte: "Solche Dinge passieren nun mal, hoffentlich beginnt nun eine neue Serie." In Pflichtspielen. Denn: Wer hätte es gedacht? Für solche Malheure sind Testspiele da.