Tribünen-Bild lässt im FC-Bayern-Machtkampf tief blicken: Rummenigge-Interview wohl kein Zufall

Beim FC Bayern schwelt ein interner Machtkampf. Im Fokus: Der stark in der Kritik stehende Jan-Christian Dreesen, Finanzvorstand Michael Diederich - und auch Karl-Heinz Rummenigge, dessen Rückmeldung wohl kein Zufall ist.
von  Patrick Strasser
Die Bayern-Granden auf der Arena-Tribüne gegen Stuttgart (v.l.): Ex-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß, Finanzvorstand Michael Diederich, Sportvorstand Max Eberl und der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen.
Die Bayern-Granden auf der Arena-Tribüne gegen Stuttgart (v.l.): Ex-Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß, Finanzvorstand Michael Diederich, Sportvorstand Max Eberl und der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen. © IMAGO/MIS

München - Da schenkt der FC Bayern dem VfB Stuttgart, dem Emporkömmling der vergangenen Saison, dem Vizemeister, vier Tore ein und beendet seine Ergebniskrise von zuletzt drei nicht gewonnenen Spielen. Da trifft Mittelstürmer Harry Kane nach vier torlosen Partien endlich wieder und dann gleich mit einem lupenreinen Hattrick als Grundlage des überzeugenden 4:0. Und doch überschattet den sportlichen Erfolg von Trainer Vincent Kompany und seinem Team, das an der Tabellenspitze der Bundesliga steht, ein - wieder mal - hausgemachtes Thema.

Machtkampf beim FC Bayern: Verlängert Dreesen seinen Vertrag?

An der Säbener Straße schwelt seit Wochen schon ein interner Machtkampf um den Posten des Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen, dessen Vertrag nur noch bis Saisonende, bis zum 30. Juni 2025, läuft. Spätestens seit Samstagmittag scheint eine Verlängerung der Zusammenarbeit mit dem 57-Jährigen ausgeschlossen. Laut einer Geschichte im "Manager Magazin" soll über Dreesens Zukunft in einer Aufsichtsratssitzung am 11. November entschieden werden. Zum neunköpfigen Aufsichtsrat gehören unter anderem der Vorsitzende des Gremiums, Herbert Hainer, zugleich Präsident des e.V., sowie Ehrenpräsident Uli Hoeneß, als Vereinspatron immer noch die einflussreichste Figur im Hintergrund.

Und Karl-Heinz Rummenigge, der frühere Vorstandsboss, der sich letzte Woche in einem ausführlichen "kicker"-Interview zu allen Themen rund um den FC Bayern und den Fußball allgemein geäußert, manche Insider sagen "zurückgemeldet" hat. Ohne Hintergedanken?

Zunächst geht es um Dreesens Zukunft an der Säbener Straße. Mit dem Artikel im „Manager Magazin“ könnte der langjährige Bayern-Funktionär dazu zu gedrängt werden, seinen Posten freiwillig zu räumen und auf eine Vertragsverlängerung von sich aus zu verzichten. Um sein Gesicht zu wahren und glimpflich aus der Nummer herauszukommen? Andererseits gibt es mittlerweile auch Stimmen innerhalb des Vereins, die eine gegenteilige Entwicklung erwarten (Stichwort „Wagenburg“).

Eberl als Tribünen-Puffer zwischen Dreesen und Diederich?

Der inhaltlich schwerwiegendste Vorwurf: Als Mitglied im DFL-Präsidium soll Dreesen mitverantwortlich sein für den geplatzten TV-Deal der Bundesliga - was die Bayern-Bosse mächtig verärgerte. Man habe daraufhin dem Vorstandschef laut des Berichts "unmissverständlich klargemacht", diesen Zusatzjob bei der DFL aufzugeben. Dafür würde der Verein Bayerns Finanzvorstand Michael Diederich in jenes Gremium schicken. Was Dreesen verweigerte. Als die Münchner in einem offiziellen Brief an die DFL eine Erklärung ob der gescheiterten Rechte-Auktion verlangten, wurde dieser unterschrieben von: Diederich - und nicht Dreesen.

Die beiden sollen nicht wirklich miteinander können. Spätestens seit Diederich (59), wie Dreesen ein Quereinsteiger aus dem Bankwesen, als Stellvertreter auf den Job von Dreesen schielen soll. Auffällig: Auf den Tribünen der Liga sitzt stets Sportvorstand Max Eberl als Puffer zwischen den beiden.

Diederich soll auf Dreesen-Position spekulieren

Dreesen hatte das Amt des Finanzvorstands zuvor inne, wurde auf Wunsch von Hoeneß im Mai 2023 nach dem großen Knall in der Führungsebene, der Trennung von CEO Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic überraschend befördert. Er fand lebhaft Gefallen an seiner Aufgabe, wie auch Diederich, der seit Juli 2023 zur Führungsetage der Münchner zählt. 

Wohl kein Zufall, dass kurz vor der Aufsichtsratssitzung auch jenes - im Verein lange bekanntes - Detail im "Manager Magazin" erwähnt wird, dass Dreesen vor drei Jahren eine Mitarbeiterin (mittlerweile nicht mehr beim FC Bayern) beleidigt und mit einer Zeitschrift beworfen haben soll. Die Frage: Wer hat die interne Sache gesteckt? Und aus welchem Motiv? Die Spur soll zu einer externen Quelle führen.

Dreesen und Diederich äußerten sich nach dem Stuttgart-Spiel in der Allianz Arena nicht, dafür Eberl, der vor verschiedenen Mikrofonen wohlüberlegt verlauten ließ: "Ich habe damit nicht gerechnet, ich kenne die Vorfälle nicht. Die liegen weit zurück. Wir, Michael Diederich und Jan Dreesen, arbeiten im Vorstand sehr intensiv jeden Tag, um für Bayern München erfolgreich zu sein." Geschickt.

Kahn weg, Dreesen vor dem Aus – kehrt Rummenigge vorübergehend zurück?

Eberl, seit März bei Bayern, weiter: "Wir bei Bayern München wollen eine Wagenburg sein. Wir wollen auch solche Dinge überstehen." Doch im Burggraben schwimmen viele Hechte, dicke Fische.

"Wer die Nachfolge von Karl-Heinz Rummenigge übernimmt, der hat eine wahnsinnige Last. Die Fußspuren sind schwierig auszufüllen, das war es für Oliver Kahn auch", erklärte Bayern-Kenner Lothar Matthäus bei Sky. Der DFB-Rekordnationalspieler weiter: "Wir bräuchten ein Spiegelbild von Rummenigge. Jemanden, der den FC Bayern repräsentiert, der etwas vorzuweisen hat."

Und warum nicht den nehmen, der vor dem Spiegel steht? Als Übergangslösung nach dem Motto: Wenn sich zwei streiten, freut sich der Kalle. Hoeneß würde das wohl durchwinken. Man hätte Zeit gewonnen, um einen langlebigeren Nachfolger für das heikle Amt zu finden. Ex-Spieler und EM-Organisationschef Philipp Lahm (40) etwa.

Bayern-Präsident Hainer mit Vorstand um Dreesen "generell absolut zufrieden"

Bayern-Präsident Hainer äußerte sich am Sonntag in der "Bild" wohlwollend: „Generell sind wir mit unserem Vorstand um den Vorsitzenden Jan-Christian Dreesen absolut zufrieden: Wir sind sportlich erfolgreich und werden auch auf der anstehenden Jahreshauptversammlung erneut wirtschaftlich hervorragende Zahlen präsentieren.“

Doch Zahlen sind bekanntlich nicht alles.

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