Super-Freund: Der Österreicher wird zum Allrounder beim FC Bayern
München - Schon bei seinem Dienstantritt im September ahnte Christoph Freund (46), dass kein Tag beim FC Bayern vergehen wird, an dem er nicht alle Hände voll zu tun hat. "Eines ist sicher: Es wird nicht langweilig", betonte der neue Sportdirektor des Rekordmeisters. Doch Freund hat in seiner Anfangszeit nicht nur alle Hände voll zu tun, vielmehr muss er auch direkt ein feines Händchen beweisen. Und das in den verschiedensten Rollen.
Freund als Versöhner: Gemeinsames Essen mit Tuchel und Hoeneß
Zuletzt agierte Freund als Versöhner zwischen keinen geringeren als Klub-Patron Uli Hoeneß (73) und Coach Thomas Tuchel (50), die sich in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlichkeitswirksam zankten. Nachdem sich Tuchel über seinen zu dünnen Kader beschwert hatte, konterte Hoeneß prompt. Er deklarierte die Aussagen des Bayern-Trainers mit dem Adjektiv "unklug". Freund erinnerte sich da wohl an ein Zitat des irischen Schriftstellers Oscar Wilde: "Wenn ich erregt bin, gibt es nur ein Mittel, mich völlig zu beruhigen: Essen." Gedacht, getan.
Dem "kicker" zufolge lud der Menschenkenner die beiden Streithähne zum Essen ein. Das Resultat spricht Bände: Bei der Jahreshauptversammlung herzten sich Tuchel und Hoeneß und saßen sogar nebeneinander. Kein Wunder, dass der Ehrenpräsident jüngst nochmal zum Sonderlob für den sympathischen Österreicher ausholte. "Er ist ein hervorragender Sportdirektor", sagte er bei RTL.
Freund als Verhandler: Kann er Davies von einem Bayern-Verbleib überzeugen?
Ganz so einfach wird seine zweite Rolle, nämlich die als Verhandler, wohl nicht. Zumindest nicht bei den Gesprächen über eine Vertragsverlängerung mit Alphonso Davies (23/Vertrag bis 2025). Zwar betonte sein Berater Nick Huoseh jüngst, dass sich der Kanadier voll und ganz auf den deutschen Rekordmeister konzentriert, dennoch ist es längst kein Geheimnis mehr, dass Real Madrid seine Fühler nach Davies ausstreckt.
Deshalb hat Freund in den vergangenen Tagen den Kontakt mit Huoseh aufgenommen. "Ich habe mit Phonzys Berater auch schon gesprochen. Real Madrid ist da nicht mein Thema. Ich spreche mit ihm über unsere Pläne mit Phonzy hier beim FC Bayern", erklärte der Sportdirektor gegenüber der "Sport Bild". Ob es der Österreicher mit seiner sympathischen Art schafft, Davies von einem Verbleib zu überzeugen, steht allerdings noch in den Sternen.

Ebenso dürften die Vertragsverlängerungen mit Flügelstürmer Leroy Sané (27) und Mittelfeld-Ass Joshua Kimmich (28) über 2025 hinaus keine Selbstläufer werden. Auch wenn es den Eindruck macht, als könnten sich die Nationalspieler einen Verbleib in München vorstellen, werden die Gehaltsverhandlungen zäh. Ganz nebenbei muss Freund auch noch die Arbeitspapiere mit einigen Routiniers verlängern, deren Verträge nur noch bis zum Saisonende laufen.
Darunter der von Thomas Müller (34). Mit dem Fanliebling sollen die Gespräche über eine Verlängerung bis 2025 noch dieses Jahr stattfinden. "Er steht für den FC Bayern wie kaum ein anderer. Da werden wir eine gute Lösung für alle Beteiligten finden", sagte Freund jüngst in der "Sport Bild". Eine Lösung finden muss er auch bei Manuel Neuer (37) und Sven Ulreich (35). Bei den Keepern ist es aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie ihre Unterschriften unter den neuen Vertrag setzen.
Freund als Verpflichter: Er soll eine rekordmeisterliche Defensive bauen
Aber Freund muss nicht nur zahlreiche auslaufende Verträge beim Rekordmeister verlängern, er muss auch den (aktuell) dünn bestückten Kader ausbauen. Vor allem in der Defensive, denn im Januar und Februar schrumpft der Kader zwischenzeitlich noch einmal deutlich: Kim Min-jae (27) spielt für Südkorea beim Asien Cup, Eric Maxim Choupo-Moting (34/Kamerun), Noussair Mazraoui (25/Marokko) und Bouna Sarr (31/Senegal) sind beim Afrika Cup.
Dabei schlüpft der Österreicher in die Rolle des Verpflichters, was bekanntlich in der Wintertransferperiode nicht gerade einfach ist. Wohl auch deshalb möchte sich Freund noch nicht festlegen, ob er den Kader mit Tuchels gewünschter "Holding Six" verstärkt: "Ich würde mich nicht festlegen, aber wir schauen uns im Bereich Innenverteidiger, Rechtsverteidiger, Sechser um." Bei einer Verpflichtung eines Außenverteidigers könnte Konrad Laimer (26) zum Beispiel wieder dauerhaft ins Mittelfeld rücken.
Freund als Talente-Entwickler: Wer ist der nächste Musiala aus dem Bayern-Campus?
Einen Transfer hat der Österreicher aber schon eingetütet, wenn auch nicht für die Defensive. Top-Talent Nestory Irankunda (17) kommt im Sommer aus Australien an den Bayern-Campus. Und da wären wir bei der nächsten und wohl speziellsten Rolle, für die Freund an die Isar gelotst wurde: die Rolle des Talente-Entdeckers. "Wir freuen uns, dass du gemeinsam mit Jochen Sauer daran arbeitest, wieder mehr Talente am Campus zu entwickeln", sagte Bayern-Präsident Herbert Hainer (69) bei der Jahreshauptversammlung zu Freund.
Einen konkreten Auftrag an den Österreicher schob er direkt hinterher: "Jamal Musiala, Josip Stanisic, Aleksandar Pavlovic und Frans Krätzig sollen nur ein Anfang sein. Wir brauchen wieder mehr Statement-Spieler made by FC Bayern, die bei uns Gesichte schreiben." Dafür hat Freund in seinen ersten Monaten schon zwei alte Weggefährten für das Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern verpflichtet.
Nach Richard Kitzbichler (49), der den Top-Talenten vom Campus beim Übergang in den Profi-Bereich helfen soll, kommt nun auch René Maric (31) an die Ingolstädter Straße. Der ehemalige Co-Trainer von Marco Rose soll die Junioren-Trainer weiterbilden und ein einheitliches Ausbildungskonzept für den Nachwuchs entwickeln. So kann sich Freund, der immer zwischen dem Campus im Münchner Norden und seinem Büro an der Säbener Straße pendelt, mehr um die Profis kümmern. Denn da hat der 46-Jährige aktuell genug Baustellen.

Ob Freund dabei schon bald Hilfe von Max Eberl (50) bekommt, ist noch unklar. "Wir haben ja gesagt, dass wir im Bereich Sportvorstand in den nächsten drei, vier, fünf, sechs Monaten – da sind wir nicht festgelegt – wahrscheinlich einen Mann einstellen werden", betonte Hoeneß zuletzt. "Ob das der Max sein wird oder jemand anderes, schauen wir mal." Auch wenn Freund seinen Job beim FC Bayern bisher makellos macht, wäre ihm eine Unterstützung an der ein oder anderen Stelle wohl nicht unrecht. Denn eines steht fest: Auch in Zukunft wird Bayerns Sportdirektor alle Hände voll zu tun haben.