Talente-Flucht beim FC Bayern: Ein bisschen mehr van Gaal würde Kompany guttun

Der FC Bayern hofft, dass es mehr Talente ins Profiteam schaffen.Trainer Kompany ist gefordert.
von  Maximilian Koch
Der Cheftrainer und eines der größten Bayern-Talente: Vincent Kompany mit Lennart Karl (r.).
Der Cheftrainer und eines der größten Bayern-Talente: Vincent Kompany mit Lennart Karl (r.). © IMAGO/Eibner-Pressefoto/Jenni Maul

Der Auftrag an Bayern-Trainer Vincent Kompany und die sportliche Leitung ist eigentlich ziemlich klar formuliert. "Idealerweise" bringe der FC Bayern "jedes Jahr einen Spieler raus, der es in die erste Mannschaft schafft", sagte der frühere Vorstandschef und heutige Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge vor einigen Wochen der "Welt am Sonntag".

Ganz im Sinne von Ex-Trainer Louis van Gaal, der bei den Münchnern einst den Nachwuchskräften Thomas Müller, Holger Badstuber und David Alaba die Chance im Profiteam gab und dem Klub damit ein Fundament baute für die folgenden Jahre. Van Gaals Mut, auf diese Talente zu setzen, habe er "immer bewundert", ergänzte Rummenigge: "Er hat dem Verein damit Werte geschaffen."

Und: Marktwerte. Denn Müller, Badstuber und Alaba avancierten zu Topspielern - ähnlich wie auch Toni Kroos oder später Jamal Musiala, Josip Stanisic oder Aleksandar Pavlovic, die es zu Stammkräften bei Bayern schafften.

FC Bayern München: Kompany ist gefragt

Beim aktuellen Trainer Vincent Kompany steht in dieser Hinsicht noch die Null. Der Belgier hat in nun einem Jahr als Bayern-Coach keinen Youngster zum Stammspieler entwickelt, es ist aktuell auch keiner wirklich nah dran. Was intern logischerweise diskutiert wird - besonders am Bayern-Campus im Münchner Norden, den sich der Klub einst rund 70 Millionen Euro kosten ließ.

Jüngst erst wurde Linksverteidiger Adam Aznou an den FC Everton verkauft, zudem verließen allein in dieser Transferperiode die Talente Mathys Tel, Frans Krätzig und Gabriel Vidovic den Klub. Arijon Ibrahimovic, Maurice Krattenmacher, Lovro Zvonarek und Bryan Zaragoza wurden verliehen. Macht acht Spieler in nur wenigen Wochen. Eine Entwicklung, die den Klub nicht zufriedenstellen kann.

Zwei der drei Vorzeige-Talente des FC Bayern, die den Sprung in den A-Kader geschafft haben: Aleksandar Pavlovic (l.) und Josip Stanisic.
Zwei der drei Vorzeige-Talente des FC Bayern, die den Sprung in den A-Kader geschafft haben: Aleksandar Pavlovic (l.) und Josip Stanisic. © IMAGO/Eibner-Pressefoto/Jenni Maul

"Wir wollen eigene Spieler bei uns nicht nur ausbilden und dann abgeben, sondern wir wollen vor allem, und deswegen haben wir den Campus, eigene Spieler zu uns in die erste Mannschaft bringen", sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen: "Das gelingt aber eben leider nicht so oft, wie wir uns das wünschen würden."

Gründe für die Talente-Flucht

Wie bei Aznou, dem von Campus-Seite eine große Begabung bescheinigt wurde, während Kompany mit seinem Engagement im Training nicht zufrieden gewesen sein soll. "Wir haben mit Pavlovic, mit Stanisic, mit Musiala junge Spieler bei uns integriert", ergänzte Dreesen, "und in diesem Fall hat es so nicht funktioniert."

Aber warum nicht? Sportvorstand Max Eberl ließ durchblicken, dass es an Aznous Einstellung gelegen haben könnte. "Er durfte ein halbes Jahr in der spanischen Liga spielen, um sich an Männerfußball zu gewöhnen", sagte Eberl über Aznous Leihe an Real Valladolid:

Kam nur selten zum Einsatz: Adam Aznou.
Kam nur selten zum Einsatz: Adam Aznou. © Tom Weller/dpa

"Jetzt, wo der nächste Schritt gekommen wäre, hat er gesagt, er möchte es nicht mehr, er möchte etwas anderes machen. Unser Präsident hat einen schönen Spruch gesagt: Man kann keinen Hund zum Jagen tragen." Und, so Eberl weiter, "wenn man die Chance nicht nutzen will, dann muss der Klub Entscheidungen treffen. Und wir wollen eben auch keinen wirtschaftlichen Schaden haben – deswegen hat man so eine Entscheidung wie bei Adam gefällt.

Zukunftsperspektiven der Youngster

Die Frage wird in Zukunft sein, ob es bei anderen Talenten wie Lennart Karl (17), Jonah Kusi-Asare (18), Wisdom Mike (16), David Santos Daiber (18), Cassiano Kiala (16) oder Paul Wanner (19) besser läuft. Oder nicht. Hier ist neben Eberl und Sportdirektor Christoph Freund in erster Linie Kompany gefragt, deutlich stärker auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. Denn die Qualität am Campus ist zweifellos gegeben. "Ich kenne nicht alle Statistiken, aber ich glaube, der Bayern-Campus hat so viele Profifußballer entwickelt wie kein anderer in Deutschland", sagte Eberl. "Und das ist auch ein Ausrufezeichen."

Stimmt. Nur sollten es zumindest einige dieser Talente dann am besten auch ins Bayern-Team schaffen - statt andere Mannschaften in Deutschland und Europa zu verstärken. Die sportliche Leitung wolle laut Rummenigge einen Kader mit 14 bis 16 Spieler aufbauen, die "auf sehr anständigem Niveau verdienen", dazu würden vier bis sechs "auf einem niedrigeren Niveau" kommen, und der Rest soll aus "Campus-Spielern bestehen".

Man könnte es auch anders formulieren: Ein bisschen mehr van Gaal würde Kompany guttun.

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