Kommunikations-Experte mit Szenario: Thomas Müller bereit für Hoeneß-Nachfolge beim FC Bayern
München – Es läuft im Moment für Thomas Müller. Das finale Spiel des FC Bayern in Wolfsburg (2:1) entschied der gebürtige Weilheimer mit den Vorlagen für Jamal Musiala sowie Harry Kane. Dazu kommt seine Vertragsverlängerung bis 2025. Eigentlich hätte man erwarten können, dass sich Müller im Anschluss auch medial ausgiebig in den Weihnachtsurlaub verabschiedet. Letztlich war jedoch nur für ein "Frohe Weihnachten. Wird Zeit, dass Leverkusen mal ein paar Punkte liegen lässt" Zeit.
Der Grund: Bei der Dopingprobe lief es nicht ganz wie erhofft – buchstäblich. Zwischenzeitlich wurden Müller sogar mehrere Flaschen Apfelschorle vorbeigebracht, die schließlich auch außerhalb des Platzes für das erhoffte Resultat sorgten. Um kurz vor Mitternacht verließ Müller die Volkswagen Arena.
Saarbrücken und Frankfurt unterstreichen die mediale Wichtigkeit von Thomas Müller beim FC Bayern
Ausnahmsweise mussten Trainer und Teamkollegen Müller medial vertreten. Wie wichtig der 34-Jährige in dieser Hinsicht für sein Team ist, wurde gerade nach den Niederlagen in Saarbrücken (1:2) oder Frankfurt (1:5) ersichtlich. Im Anschluss an das Pokalaus zählte Müller beispielsweise seine Teamkollegen öffentlich dafür an, dass sie sich nicht bei den Auswärtsfans für den Support bedankten und stattdessen direkt in die Kabine gingen.

Kommunikationsexperte Michael Cramer, der mit seiner Firma "Alt&Cramer GmbH" auch Spitzenpolitiker und Unternehmer berät, fand es im Interview mit "Spox" "bezeichnend", dass sich nur Müller den Fragen der Öffentlichkeit stellte. "Das war ein Fehler, aber das haben die Bayern mittlerweile auch eingesehen."
Uli Hoeneß' Nachfolger kommunikativ nicht klar genug?
Für die Zukunft traut Cramer Müller sogar die oberste Position beim FC Bayern zu: "Mit seiner Art könnte Müller auf Dauer die mediale Figur Uli Hoeneß ersetzen. Rhetorisch ein Naturtalent, dazu kommen seine Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Persönlichkeit und auch seine einzigartige sportliche Karriere." Obwohl Hoeneß, seit seinem Rücktritt als Präsident im November 2019 nur noch als einfaches Aufsichtsratsmitglied tätig ist, wird der Ehrenpräsident dennoch in regelmäßigen Abständen medial aktiv.
"Ich denke, er hat oftmals das Gefühl, dass etwas gesagt werden muss. Wenn es niemand anders sagt, dann macht er es eben selbst", erklärt Cramer, der befindet, dass Hoeneß' Nachfolger für den 71-Jährigen kommunikativ nicht klar genug sind. "Der neue CEO Jan-Christian Dreesen ist auch eher sachlich und zündet medial nicht gerade ein Feuerwerk." Dadurch entstünde der Eindruck, dass Hoeneß im Hintergrund noch immer die Fäden zieht, was die Arbeit von Trainern und Funktionären erschweren würde.
Müllers Feuertaufe: Der Druck-Plan Richtung Borussia Dortmund geht auf
"Seine Nachfolger müssten eben auch echte Nachfolger sein. Das bedeutet mehr als das Pflichtprogramm", hält Cramer fest. So wie im Fall von Thomas Müller, der die "Abteilung Attacke" wesentlich subtiler interpretiert, als Hoeneß, aber deswegen nicht weniger wirkungsvoll.
Ende Mai, am Tag vor dem Meisterspiel in Köln, meldete sich Müller in einer Videobotschaft auf Instagram und schob den Druck erneut gänzlich Richtung Dortmund: "Ich habe vorhin gelesen, 200.000 bis 400.000 Fans würden erwartet werden, bei einer Meisterfeier. Den Erwartungen von so vielen Menschen zu entsprechen, das musst du erstmal mit einem breiten Kreuz auf dem Platz hinbekommen. Deshalb glaube ich schon, dass die Spieler diesen Druck auch spüren werden und darin liegt auch meine Hoffnung, weil es das Normalste dieser Welt wäre, wenn sie diesen Druck spüren."
Müllers Plan ging komplett auf: Nach dem frühen Führungstor durch Kingsley Coman (8.) und der virtuellen Tabellenführung entwuchs dem BVB tatsächlich die Situation. Spätestens nach dem 2:0 des 1. FSV Mainz 05 musste der Rekordmeister lediglich sein eigenes Spiel in Köln gewinnen. Spät und mit viel Mühe besiegelte Jamal Musiala (89.) den Sieg und die Meisterschaft.
Instagram, YouTube & Co.: Thomas Müller auch medial ein Komplettprogramm
Wie wichtig die Präsenz der Spieler in den sozialen Medien ist, bestätigte auch Cramer. Während Hoeneß noch den guten, alten Brief bevorzugt und im Mai 2017 festhielt, dass Handys "ein totaler Scheiß" für die Spieler wären und er auf seinem noch nie eine E-Mail verschickt habe, steht Müller bei 14 Millionen Followern auf Instagram, zweitbester Wert im Verein nach Harry Kane (16,6 Millionen). Zudem ist Müller, als einer der wenigen Profis des FC Bayern, auch regelmäßig auf YouTube aktiv, entweder mit Kochrezepten oder an der Seite seiner Kumpels Felix Neureuther und Mats Hummels, in der "ThoMats Challenge".
"Da sind sie alle nicht schlecht, da geht es aber auch weniger um die Viererkette als um Lifestyle", erklärt Cramer. Mit Müller hat der FC Bayern das Komplettprogramm. Auf dem Platz und in jeder Facette auch in den Medien. Deswegen wäre es geradezu folgerichtig, sollte Müller nach seiner aktiven Karriere direkt in den Verein eingebunden werden.