Karl-Heinz Rummenigge: "Der FC Bayern ist selten mehr bewundert worden als 2020"
München - Am Donnerstag könnte Bayern-Star Robert Lewandowski zum Weltfußballer des Jahres gekürt werden. Vor der Wahl hat die AZ mit Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge gesprochen.
AZ: Herr Rummenigge, an diesem Donnerstag (ab 19 Uhr/skysport.de und im AZ-Liveticker) kürt die Fifa ihren Weltfußballer 2020. Kann es überhaupt einen anderen Sieger als Robert Lewandowski geben?
KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Theoretisch schon. Mit Cristiano Ronaldo und Lionel Messi hat Robert zwei Konkurrenten, die ebenfalls Topspieler sind und den Fußball in der vergangenen Dekade auf höchstem Niveau geprägt haben. Auch wenn Messi vielleicht nicht seine beste Saison gespielt hat, habe ich trotzdem größten Respekt vor ihm und seinen Leistungen. Gleiches gilt für Ronaldo. Und dennoch: Man muss klar sagen, dass Robert diese Auszeichnung absolut verdient hätte. Er hat eine herausragende Saison gespielt mit vielen Toren, und er hat seine Qualitäten zum Wohle der Mannschaft noch mal gesteigert. In der Vergangenheit war allerdings öfter zu beobachten, dass Ronaldo und Messi in anderen Erdteilen wie Asien, Afrika und insbesondere Südamerika einen gewissen Startvorteil haben durch den Fakt, dass sie im Fernsehen dort viel präsenter und weiter verbreitet sind als Bundesliga-Spieler.
Rummenigge: Die Bundesliga muss international populärer werden
Wie kann man das in Zukunft ändern?
Man muss die DFL auffordern, den deutschen Fußball im Jahr 2021 noch mehr zu internationalisieren, ihn noch mehr in die Welt hinauszutragen. Der FC Bayern ist Champions-League-Sieger geworden, RB Leipzig bis ins Halbfinale gekommen: Mehr können die deutschen Klubs kaum tun, um für die Liga zu werben. Trotzdem gibt es weiter weiße Flecken auf der Landkarte, auf denen die Bundesliga gar nicht stattfindet. Das bedauere und bemängele ich. Da wird die DFL nachbessern müssen.
Was würde Lewandowskis Wahl für den FC Bayern und die Bundesliga insgesamt bedeuten?
Es hat noch keinen Bundesliga-Spieler gegeben, der Weltfußballer geworden ist. Lothar Matthäus hat es 1991 geschafft, aber da war er bei Inter Mailand aktiv. Entsprechend wäre es eine unglaubliche Referenz, wenn mit Robert ein Bundesliga-Spieler triumphieren würde. Das wäre ein Sahnehäubchen für den FC Bayern, aber auch für die gesamte Bundesliga.

Rummenigge: Neuer "der beste Torhüter, den ich je erlebt habe"
Wie verdient wären die Auszeichnungen für Hansi Flick und Manuel Neuer, die als Welttrainer und Welttorhüter nominiert sind?
Beide haben Großartiges geleistet. Manuel ist in meinen Augen nicht nur der beste Torhüter des Jahres 2020, sondern der beste Torhüter, den ich je erlebt habe - und ich bin lange im Fußballgeschäft dabei. Manuel hat das Torwartspiel auf ein neues Niveau gebracht, indem er regelmäßig wie ein elfter Feldspieler mitagiert. Sein Stil wird überall kopiert und gelehrt. Deshalb dürfte es keinen anderen Sieger geben, wenngleich die Konkurrenten Alisson und Jan Oblak ebenfalls sehr stark sind. Alisson hat mit dem FC Liverpool aber in Anführungszeichen "nur" die englische Premier League gewonnen, während Manuel mit dem FC Bayern fünf Titel in die Luft stemmen durfte. Das ist Beweis genug.
"Bayern ist selten mehr für seinen Spielstil bewundert worden"
Und was spricht für Flick?
Was Hansi betrifft: Wenn ein Trainer fünf Titel gewinnt, braucht man keinen weiteren Kommentar dazu abgeben. Mehr geht nicht! Es waren ja nicht nur die Titel, sondern auch die Art und Weise, wie wir gespielt haben. Der FC Bayern ist selten mehr für seinen Spielstil bewundert worden als im Jahr 2020. Und das trägt sehr stark die Handschrift von Hansi Flick. Deshalb bin ich hoffnungsvoll, dass Hansi - trotz der großen Konkurrenz, insbesondere von Jürgen Klopp - gewählt wird.