Bayerns irrer Sieg in Leipzig: Das wahre Meisterstück

Leipzig reizt beim Duell Emporkömmling gegen Platzhirsch den FC Bayern und wird dafür bestraft. "Du musst zeigen, wer der Bessere ist – warum man oben steht. Wir haben es bewiesen", sagt Robert Lewandowski.
von  Patrick Strasser
Am Ende waren sie obenauf: die Bayern jubeln über das zwischenzeitliche 4:4 von David Alaba im Spiel gegen RB Leipzig.
Am Ende waren sie obenauf: die Bayern jubeln über das zwischenzeitliche 4:4 von David Alaba im Spiel gegen RB Leipzig. © dpa

Leipzig, München - Man stelle sich nur mal vor, in diesem Duell am vorletzten Spieltag wäre es noch um alles gegangen: um die Meisterschaft. Okay, dann hätten sich RB Leipzig und der FC Bayern wohl nicht solch ein waghalsiges Spiel mit offenem Visier, einen Schlagabtausch mit wahnwitzigem Ende geliefert. Die Bayern erlebten eine emotionale Achterbahnfahrt, kamen von 1:3 und 2:4 noch zurück. Das drohende Debakel wandelte man zum 5:4, in den verrücktesten Sieg der Saison um (die Top-Facts zum Wahnsinnssieg).

Nach dem Schlusspfiff stürmte die gesamte Mannschaft, auch die Ersatzspieler, plus Trainer Carlo Ancelotti, dessen Assistenten und alle Betreuer zur Fankurve. Jubel, kein Double, aber Heiterkeit. Auch wenn das Spiel rein tabellarisch für die Bayern keine Bedeutung mehr hatte, war es das wahre Meisterstück, die gefühlte Meisterschaft. So ausgelassen hatte man nichtmal vor zwei Wochen beim VfL Wolfsburg gefeiert, als man mit dem 6:0 den Titel punktemäßig zementiert hatte.

Der FC Bayern und die drei Statement-Siege

Ancelotti küsste Robben vor Freude auf die Wange, auf der Tribüne warfen die Bosse Hände und Schals in die Luft. Drei Statement-Siege konnte man national in dieser Saison feiern, drei Erfolge mit Ausrufezeichen. Das 4:1 in der Bundesliga gegen Dortmund war wegen des anschließenden Pokal-Knockouts (2:3) drei Wochen später gegen den BVB wenig nachhaltig, die beiden Erfolge gegen Sensationsaufsteiger Leipzig hingegen schon. Das 3:0 im Dezember in München, als es um die Tabellenführung ging – und nun dieses 5:4 in Sachsen.

In dem es auch um die Vorherrschaft im deutschen Fußball ging? "Die sollte klar sein", sagte Thomas Müller, der die besondere Motivation des Duells Emporkömmling gegen Platzhirsch beschrieb: "Jede Mannschaft wollte der anderen Mannschaft zeigen, wer hier der stärkere ist. Wir wollten auf jeden Fall ein Zeichen setzen." Auch Doppelpack-Torschütze Robert Lewandowski meinte: "Wenn der Erste gegen den Zweiten spielt, musst du zeigen, wer der Bessere ist – und warum man ganz oben steht. Wir haben es bewiesen.“ (alle Stimmen zum Spiel)

Lahm selbstkritisch: "Wir sind schon ein bisschen in der Sommerpause"

Mit langem, schwerfälligem Anlauf. In der ersten Halbzeit drohte gegen die schnelleren, wacheren, motivierteren Leipziger ein Debakel. 0:1 durch Sabitzer nach zwei Minuten, das 1:3 durch Poulsen kurz nach der Pause, 2:4 durch Werners Beinschuss für Torhüter Tom Starke nach 65 Minuten. Die Bayern taumelten. "Man hat gesehen, dass wir schon ein bisschen in der Sommerpause sind", meckerte Kapitän Philipp Lahm und kritisierte: "Wenn man keine Balance hat zwischen Abwehr und Angriff, dann schaut so ein Spiel so aus." Auch Müller moserte: "Ein verrücktes Spiel, das uns über weite Strecken natürlich nicht gefallen hat. Wir haben eine gute Moral bewiesen. Aber eigentlich wollen wir am besten erst gar nicht in so eine Situation geraten."

Wie es dazu kam? Weil Xabi Alonso in seinem vorletzten Profi-Spiel einen rabenschwarzen Tag erwischte, beim 0:1 zu spät kam, gegen Forsberg den Elfmeter zum 1:2 verursachte und beim 1:3 den Ball unglücklich abfälschte. Weil Jérôme Boateng luschig verteidigte, die Abwehr zu sorglos agierte. Erst mit den Einwechslungen von Arturo Vidal (für Alonso) und Müller (für Kimmich) kam mehr Qualität und Stabilität ins Mittelfeld.

Müller: "Wenn man uns reizt..."

Und Wut. Weil die Leipziger zwischendrin Bayern vorführen wollten, den Ball einmal wie im Training bei Fünf gegen Zwei laufen ließen. "Es war schon ein bisschen aufreizend", sagte Müller, "als neutraler Zuschauer denkt man sich in solchen Situationen: Vielleicht hätten sie das lieber sein lassen sollen. Aber es hat sich gerächt. Wenn man uns reizt, wollen wir auf jeden Fall zurückkommen. Wir wollten das Ding unbedingt noch biegen.“

Dann begann, so Müller, die „kleine Party mit ein bisschen Genugtuung“

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