Westerwelle macht Platz für Rösler
Die FDP hat eine bittere Bilanz ihrer Regierungsarbeit gezogen und will mit neuer Geschlossenheit aus der Krise kommen.
Rostock - Der scheidende Vorsitzende Guido Westerwelle gestand in seiner Abschiedsrede auf dem Parteitag in Rostock Fehler ein. "Ich stehe zu jedem Fehler, und ich entschuldige mich auch für jeden Fehler." Die rund 660 Delegierten dankten ihm sieben Minuten lang stehend mit Applaus. Westerwelle hatte Tränen in den Augen. Noch heute sollen der neue Parteichef Philipp Rösler und sein Führungsteam gewählt werden.
Unterm Strich zog Westerwelle aber eine zufriedene Bilanz seiner Ära. "Wir haben mehr richtig als falsch gemacht." Die FDP müsse nun Erfolge wieder stärker herausarbeiten. In der Wirtschaftspolitik kümmere sich die Partei um den Mittelstand. "Das ist keine Klientelpolitik, sondern Arbeitnehmerpolitik."
Der Außenminister rief in seiner zeitweise emotionalen Rede die Partei auf, Bürgerrechte und die Vorteile von Europa zu verteidigen. Es sei gefährlich, wenn in Dänemark wieder Schlagbäume hochgezogen und wenn die Maßnahmen zur Euro-Rettung kritisiert würden. "Wer in Europa nur noch nach dem Preis und nicht mehr nach dem Wert fragt, der springt zu kurz."
Den künftigen Vorsitzenden Rösler will Westerwelle unterstützen. "Ich werde meinem Nachfolger nicht ins Lenkrad greifen." Dieser erklärte die Diskussion um eine Ablösung Westerwelles als Außenminister für beendet: "Das eigentliche Geschenk, dass wir Dir schuldig sind, ist der Respekt vor Deiner Leistung, Deiner Person und Deinem Amt als Außenminister", sagte der neue Wirtschaftsminister. In der Partei gibt es viele, die Westerwelle für die Krise der FDP mit verantwortlich machen.
Der neue Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle hatte den Parteitag mit einer kritischen Bilanz eröffnet. "Unsere Partei befindet sich in einer schweren Krise." Vor der Bundestagswahl habe die FDP bei den Bürgern hohe Erwartungen geweckt - "und bisher nicht genügend geliefert", sagte der bisherige Wirtschaftsminister.
Röslers neue Führungsmannschaft soll in Rostock von der Basis bestätigt werden. Birgit Homburger soll erste Stellvertreterin Röslers werden - als Ausgleich dafür, dass sie im internen Machtkampf den Fraktionsvorsitz für Brüderle geräumt hatte. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow sollen weitere Stellvertreter werden.
Trotz des personellen Umbaus kommt die FDP aber aus dem Stimmungstief nicht wirklich heraus. Zwar legte sie laut einer ARD-Umfrage um einen Punkt auf 5 Prozent zu. Allerdings sind 61 Prozent der Deutschen der Meinung, dass mit der FDP verlässliche Politik nicht mehr möglich ist. Nur 30 Prozent sehen die FDP mit Rösler auf dem richtigen Weg.
Nach den Wahlen will Rösler am Samstag in einer Grundsatzrede den künftigen Kurs der FDP abstecken. Inhaltlich wird der Parteitag die Positionen der FDP zur Energiewende, zur Euro-Stabilität und zur Bildungspolitik festlegen.
Beim neuen Euro-Rettungsschirm will die FDP auf scharfe Vorgaben und ein Veto-Recht für den Bundestag pochen. "Das deutsche Parlament hat das Haushaltsrecht als Königsrecht", sagte Brüderle.
Die CDU erwartet, dass ihr Koalitionspartner mit Rostock seine Personalquerelen beendet. Die inhaltliche Arbeit von Schwarz-Gelb müsse wieder stärker in den Mittelpunkt rücken, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe der "Berliner Zeitung". Er kritisierte aber eine Blockade-Haltung der FDP bei der Vorratsdatenspeicherung.
Die SPD sieht auch mit Rösler an der FDP-Spitze keine rasche Wiederannäherung zwischen beiden Parteien. "Die zukünftige Ausrichtung der Freien Demokraten ist völlig offen", sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann der Nachrichtenagentur dpa.