Streitthema Pkw-Maut: Wer gegen wen?
Berlin - Illusionen hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel keine gemacht, nicht beim beinahe schon ewigen Reizthema Pkw-Maut. «Es wird sicher eine muntere Diskussion geben», meinte Bundeskanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin erst vor einer Woche. Um aber noch beschwörend anzufügen: «Wir stehen alle zum Koalitionsvertrag.» Tatsächlich steht das erklärte Wunschprojekt der CSU klipp und klar im schwarz-roten Regierungsprogramm. Doch klar ist sonst noch nicht viel. Vor allem in der Union rumort es. Über den Sommer bringen sich die Matadore in Stellung für die entscheidenden Beratungen im Herbst, wenn ein Gesetzentwurf vorgelegt werden soll.
DER MAUT-MINISTER: Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) weiß, dass sein Anfang Juli präsentiertes Konzept vorerst ein Gerüst ist. Die Detailarbeiten für ein Mautsystem mit angeschlossenem Umbau der Kfz-Steuer zur Entlastung der Inländer stehen noch aus. Draufzahlen sollen unter dem Strich nur ausländische Fahrer. Mit dem Vorschlag, die Maut nicht nur auf Autobahnen zu kassieren, sondern auf allen Straßen, hat Dobrindt alle überrascht. Manche Bundesländer schielen auf einen Anteil an Mehreinnahmen, doch zugleich befürchten nun auch Grenzregionen Einbußen im Pendlerverkehr mit den Nachbarn. Knackpunkt ist das EU-Recht, das eine Benachteiligung von Ausländern untersagt.
Dobrindts Vorschlag für die Maut: Wo sie gelten soll, was sie kostet
DER FINANZMINISTER: Als Herr der Kfz-Steuer hat Wolfgang Schäuble (CDU) ein gewichtiges Wort mitzureden. Aus seiner Skepsis macht er keinen großen Hehl, erkennt er doch bei der Maut «viele schwierige Fragen». Schäuble spricht auch als Europäer: «Mein Wahlkreis endet an der Stadtgrenze von Straßburg. Dann muss also jeder im Elsass so ein Ding haben, ob er Autobahn fährt oder ob er fünf Kilometer Feldweg fährt.» Einen «Spiegel»-Bericht, wonach sein Ministerium selbst Maut- Möglichkeiten prüfe, lässt Schäuble am Sonntag unkommentiert. Dabei gehe es darum, Privatinvestoren für den Autobahnbau zu gewinnen und dafür mit Maut-Einnahmen zu vergüten - aber erst nach der Wahl 2017. Ähnliche Ideen prüft auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).
DIE KOALITION: CSU-Chef lässt der neue Wirbel staunen. «Ich kann gar nicht glauben, dass ein Kabinettsmitglied Maut-Konzepte gegen das federführende Kabinettsmitglied entwickelt», sagt er der «Passauer Neuen Presse». Und stellt klar: «Wir erwarten von der CDU Koalitionstreue.» Die großen CDU-Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sind schon in offenen Maut-Widerstand getreten. Angesichts des Unions-Krachs gibt sich die ebenfalls mautskeptische SPD entspannt, nach dem Motto: Wenn alles machbar ist, bitteschön.
DIE KANZLERIN: Ihren Satz aus dem TV-Wahlkampfduell wird die CDU-Chefin nicht los: «Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.» In den Koalitionsvertrag schreiben ließ sie die Nutzungsgebühr auf Drängen der CSU dann aber doch. Seitdem pocht Merkel allerdings eisern auf die darin verankerte Vorgabe, «dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird». Gesucht wird also eine Maut, die alle zahlen - Inländer unter dem Strich aber irgendwie doch nicht. Zum eigenen Anliegen gemacht hat Merkel sich die Maut bisher nicht.