Steuerschätzer: 63,3 Milliarden Mehreinnahmen für Staatskassen
Was machen mit den sprudelnden Steuereinnahmen? Die große Koalition prüft eine Senkung der Sozialbeiträge. Vertreter der Wirtschaft und der FDP wollen mehr. Jetzt haben zunächst einmal Finanzminister Scholz und die Steuerschätzerdas Wort.
Berlin - Bund, Länder und Kommunen können bis zum Jahr 2022 mit 63,3 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen rechnen als im November 2017 vorhergesagt.
Das geht aus Zahlen des Arbeitskreises Steuerschätzung hervor, die am Mittwoch vorgelegt wurden.
Zweimal im Jahr, im Frühjahr und Herbst, kommt der Arbeitskreis Steuerschätzung zu Beratungen zusammen, dieses Mal in Mainz. Darin vertreten sind das Finanz- und das Wirtschaftsministerium, die Wirtschaftsforschungsinstitute, das Statistische Bundesamt, die Bundesbank, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Wirtschaftlichen Entwicklung sowie Länderfinanzministerien und Kommunen.
Scholz stellt Entlastung für kleine und mittlere Einkommen in Aussicht
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der erheblichen Steuermehreinnahmen eine Entlastung von Bürgern mit kleinen und mittleren Einkommen ab 2019 in Aussicht gestellt. Allein der Bund habe bis 2022 zusätzliche Spielräume von insgesamt 10,8 Milliarden Euro, "über den wir uns Gedanken machen können", sagte Scholz am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der neuen Steuerschätzung.
Dabei geht es um einen Abbau der sogenannten kalten Progression. Der Effekt entsteht, wenn Bürger bei Lohnerhöhungen durch einen höheren Steuertarif wegen der inflationsbedingten Teuerung von Waren keine höhere Kaufkraft haben - durch Änderungen beim Steuertarif kann dieser Effekt abgemildert und die Bürger finanziell entlastet werden.
Insgesamt können Bund, Länder und Kommunen bis zum Jahr 2022 mit 63,3 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen rechnen als bei der letzten Schätzung im Herbst prognostiziert. Neben einer steuerlichen Entlastung will Scholz die Ausgaben in den Digitalbereich intensivieren, etwa in den Breitbandausbau und den Anschluss von Schulen an das digitale Netz.
Trotz der Forderungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) schlug er aber nicht mehr Geld für dieses beiden Ressorts vor. Scholz betonte, die konjunkturelle Lage sei ungewöhnlich gut, aber allein schon der US-Ausstieg aus dem Iran-Atomabkommen zeige, wie unsicher die Lage sei. "Man kann gar nicht vorsichtig genug sein."
Ruht sich die Bundesregierung auf guten Wirtschaftszahlen aus?
Wie der DIHK pocht auch die FDP auf eine höhere Entlastung von Steuer- und Beitragszahlern. Mit den erwarteten Zusatzeinnahmen von bis zu 60 Milliarden Euro würden sich die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden zwischen den Jahren 2005 und 2022 mehr als verdoppeln, sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer der Augsburger Allgemeinen.
Die Bundesregierung allerdings ruhe sich auf den guten Wirtschaftszahlen aus und belaste kleine und mittlere Einkommen im internationalen Vergleich noch immer überdurchschnittlich hoch, kritisierte der FDP-Fraktionsvize. "Als erstes sollte daher der Soli ersatzlos gestrichen und der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um mindestens 0,5 Prozentpunkte gesenkt werden."