Regierung beschließt 470-Milliarden-Rettungspaket
Berlin (dpa) - Mit einem in der deutschen Nachkriegsgeschichte beispiellosen Rettungspaket will die Bundesregierung die einheimische Finanzbranche stabilisieren und vor dem Zusammenbruch bewahren.
Im Eilverfahren soll das Notfall-Programm mit einem Umfang von 470 Milliarden Euro durch die politischen Instanzen gebracht werden. Als erstes Gremium beschloss das Kabinett am Montag das Rettungspaket. An den Börsen in Deutschland hatten die Finanzwerte getragen von der Hoffnung auf eine längerfristige Unterstützung am Montag kräftig zugelegt.
Die Länder sollen nach dem Willen der Bundesregierung ein gutes Drittel des Rettungspakets für die Banken absichern, wie CDU- Generalsekretär Ronald Pofalla in Berlin sagte. Die CSU lehnt dies ab. Die Länder dürften nicht mit einbezogen werden, machten der designierte CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sowie der scheidende Vorsitzende Erwin Huber in München deutlich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Peer Steinbrück und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) hatten sich in der Nacht zum Montag auf die Rettungsmaßnahmen verständigt. Der Staat soll Garantien für Kredite übernehmen, die sich die Banken untereinander gewähren. Auch sollen die Banken direkte Finanzspritzen zur Erhöhung ihres Eigenkapitals erhalten. Das Paket soll bis Ende 2009 befristet sein. Die erste Lesung im Bundestag findet an diesem Mittwoch statt. Die endgültige Verabschiedung ist am Freitag vorgesehen. Direkt danach entscheidet der Bundesrat.
Nach dem Gesetzentwurf besteht aber kein Rechtsanspruch der Banken auf die Hilfsleistungen. Der Staat wird die Unterstützung zudem an konkrete Auflagen koppeln. So müssen Banken damit rechnen, dass der Bundesfinanzminister ihnen Vorgaben für ihre Geschäftspolitik macht. Auch die Managergehälter können beschränkt werden.
«Alles stützt sich auf die Hoffnung, dass dieser Schritt den Finanzmärkten länger als ein paar Minuten helfen wird», sagte ein Börsianer in Frankfurt. Der DAX stieg nach dem Kursrutsch in der Vorwoche um 6,18 Prozent auf 4825,37 Zähler. Bis zum späten Vormittag schnellten die Aktien der Hypo Real Estate (HRE) um 35,35 Prozent auf 5,59 Euro in die Höhe und machten ihre Verluste der vergangenen Woche von rund 12 Prozent mehr als wett. Die Commerzbank legte um 17,47 Prozent auf 11,435 Euro zu, nachdem sie in der vergangenen Woche etwas mehr als 18 Prozent eingebüßt hatte.
Angesichts der Krise gibt die Bundesregierung ihr Ziel auf, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. «Unser Etatziel eines ausgeglichenen Haushalts verlieren wir nicht aus den Augen auch wenn es jetzt länger dauern dürfte», sagte Steinbrück der «Bild»- Zeitung.
Die SPD-Spitze stützt ohne Vorbehalte das Paket. Das Parteipräsidium habe Steinbrück «volle Rückendeckung» für seine Pläne gegeben, sagte Generalsekretär Hubertus Heil. Die CDU begrüßte ebenfalls die Pläne. «Wir glauben dass es alternativlos ist», sagte Pofalla. Die Grünen forderten, dass der Staat auch Einfluss bekommen müsse. Stille Teilhabe allein reiche nicht. Es müsse eine «vernünftige Teilverstaatlichung» möglich sein. Die Linkspartei hält den Rettungsplan grundsätzlich für richtig.
Der Regierungsplan sieht vor, dass der Finanzminister den Banken bei einer Unterstützung im Gegenzug Auflagen bei der Vergütung von Vorständen, Aufsichtsräten und den übrigen Angestellten machen kann. Dem Minister wird überdies eine Kreditermächtigung in Höhe von 70 Milliarden Euro erteilt. Damit sollen die Geldspritzen für die Unternehmen und mögliche Risikoübernahmen finanziert werden.
Für das Rettungspaket wurde ein Sondervermögen eingerichtet. Für den sogenannten Finanzmarktstabilisierungsfonds muss sich der Bund demnach höher verschulden und neue Kredite aufnehmen.