Regieren im Eiltempo: Die nächsten Regierungsschritte unter Merz

Die öffentliche Meinung in Deutschland schwankt zwischen gereizt und pessimistisch. Das Vertrauen in den Staat ist gesunken, die Wirtschaft stagniert. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und seine Koalition haben sich vorgenommen, die Stimmung zu wenden und das schnell.
Bis zum Sommer sollen erste Beschlüsse gefasst werden, die den Unternehmen helfen und dem Staat seine Autorität in der Asylpolitik wiedergeben. "Es geht nun Schlag auf Schlag", sagte Merz am Mittwochabend nach der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin.
Bei der Entlastung in Sachen Strom sind noch Fragen offen
Einmal pro Monat kommen die Spitzen von CDU, CSU und SPD in dem informellen Kreis zusammen, um die Regierungspolitik abzustimmen.
Herausgekommen ist ein vierseitiges Papier mit mehreren Dutzend Spiegelstrichen, das auf dem Koalitionsvertrag fußt. Ein Überblick:
- Mehr Geld in die Wirtschaft bringen: "Bis zum Sommer ermöglichen wir, dass die Investitionsmittel aus dem Sondervermögen fließen, und verbessern den Rahmen für private und staatliche Investitionen", legen sich Union und SPD selbst fest.
Konkret heißt das, dass die Investitionsprämie für Unternehmen bis zur Mitte des Jahres beschlossen sein soll. Die Firmen können dann in der Steuererklärung Investitionen, zum Beispiel Maschinen und Fahrzeuge, für die Jahre 2025 bis 2027 zu je 30 Prozent abschreiben. Das mindert die Steuerlast und sorgt für mehr freie Mittel.

Außerdem sollen die Strompreise durch Senkung von Netzgebühren und Stromsteuer reduziert werden. Ab wann genau Unternehmen und Verbraucher davon profitieren werden, ist aber offen. "Unsere oberste Priorität ist, die Wirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern", erklärte Vize-Kanzler Lars Klingbeil (SPD).
Das soll auch dadurch gelingen, dass der Staat mehr investiert. In den nächsten drei Monaten soll das Gesetz erarbeitet werden, um das Sondervermögen Infrastruktur aufzustellen. Bund, Länder und Gemeinden können mit dem Geld auf Kredit Straßen, Schulen, Schienen und Brücken sanieren und bei der Wirtschaft Aufträge auslösen.
Investitionsprämie und Sondervermögen werden die Konjunktur anschieben. Die Wirtschaftsweisen erwarten, dass sich die Wirkung im nächsten Jahr entfalten wird.
Schwerpunkt Migration
- Strenge gegenüber Geflüchteten: "Wir bringen weitere Maßnahmen für eine geordnete Migration auf den Weg und werden die irreguläre Migration weiter wirksam zurückdrängen", heißt es im Beschluss des Koalitionsausschusses. Der neue Innenminister Alexander Dobrindt hatte am zweiten Tag seiner Amtszeit verfügt, dass die Bundespolizei die Grenzen intensiver kontrolliert und Flüchtlinge dort zurückweisen kann, auch wenn sie um Asyl ersuchen.

Dobrindt legte auch zwei Gesetzentwürfe vor, die am Mittwoch das Kabinett passiert haben und nun im Bundestag beraten werden. Der Familiennachzug für Geflüchtete mit schwächerem (subsidiärem) Schutzstatus wird ausgesetzt, das heißt, sie können ihre engsten Angehörigen nicht nach Deutschland holen.
Keine Einbürgerung nach nur drei Jahren mehr
Außerdem wird die sogenannte Turbo-Einbürgerung nach drei Jahren wieder abgeschafft. Die deutsche Staatsbürgerschaft werden Migranten wieder frühestens nach fünf Jahren beantragen können.
- Ein paar Geschenke an die Wähler: Drei Untermaßnahmen sind mit dem konkreten Datum 1. Januar 2026 versehen: Die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie auf Speisen (sieben statt 19 Prozent) sowie die Rückkehr zur vollen Agrardieselförderung.

"Damit sorgen wir für soziale Balance und Entlastung", sagte CSU-Chef Markus Söder. Einige Finanzminister aus den Bundesländern beklagen, dass ihnen durch Pendlerpauschale und Gastro-Steuer zu viel Einnahmen wegbrächen.
Viel Geld für sozialen Wohnungsbau
Kanzler Merz hält ihnen entgegen, dass mehrere Ministerpräsidenten den Koalitionsvertrag mitverhandelt haben und die Länder massiv Geld aus dem Sondervermögen bekommen sollen.
- Mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft: Gegen das bröselnde Zusammengehörigkeitsgefühl will Schwarz-Rot die Linderung der Wohnungsnot setzen. Die Verlängerung der Mietpreisbremse hat das Kabinett passiert und im Sondervermögen stehen Milliarden für den sozialen Wohnungsbau bereit. Rasch beschlossen werden soll nach dem Willen des Regierungsbündnisses auch das Tariftreuegesetz.

Firmen sollen öffentliche Aufträge nur bekommen, wenn sie ihre Mitarbeiter nach Tarifvertrag bezahlen. Lohndumping soll dadurch erschwert werden.
Zentrales Versprechen: Weniger Bürokratie
- Mehr Tempo für die Verwaltung: "Bis zum Sommer bringen wir dafür grundsätzliche Überarbeitungen von Planungs-, Bau-, Umwelt-, Vergabe- und des Verfahrensrechts auf den Weg", so Union und SPD. Das soll gelten für den Bau von Windrädern, die Förderung von Wärmepumpen und Energiespeichern sowie die Beschaffung der Bundeswehr.
An Gerichten sollen Online-Verfahren eingeführt werden. Der Bürokratieabbau war ein zentrales Wahlversprechen aller Parteien, bislang ist aber noch jede Regierung den Beweis schuldig geblieben, dass sich wirklich etwas ändert.