Paketbomben: Merkel will Sicherheitslecks schließen
BERLIN/ATHEN - Der Bombenfund im Kanzleramt offenbart erneut Lecks im Frachtverkehr. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel will sie rasch schließen. Aus Griechenland werden bis auf weiteres keine Pakete mehr per Luftpost versendet.
Nach dem Fund einer griechischen Paketbombe im Kanzleramt und dem Auftauchen von Bomben aus dem Jemen will Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Lecks im Frachtverkehr rasch schließen lassen. „Dieser Vorfall und auch das Problem, das wir gerade im Bundeskanzleramt mit einem verdächtigen Paket hatten, müssen Anlass sein, die Kontrollen für Frachtgüter innerhalb Europas, mit den Vereinigten Staaten und dann möglichst weltweit besser abzustimmen“, sagte Merkel der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch).
Im Kanzleramt war am Dienstag ein Päckchen mit Sprengstoff entschärft worden, das an Merkel adressiert war und aus Griechenland kam. Hinter den Attacken auf ausländische Botschaften in Athen und Regierungschefs im Ausland werden linksextremistische Terroristen vermutet, die sich gegen die harten Sparpläne wenden. Die Bundesregierung sieht daher bei der Paketbombe im Kanzleramt keine Verbindung zu den entdeckten Luftfracht-Bomben aus dem Jemen.
Diese waren vergangene Woche in Dubai und Großbritannien rechtezeitig vor der Verfrachtung an den Zielort Chicago entdeckt wurden. Eine der in Toner-Kassetten von Druckern versteckten, hochgefährlichen Bomben wurde in Köln/Bonn umgeladen. Hinter dem Terror-Plot wird das islamistische Terrornetzwerk Al-Kaida vermutet.
Die neuen Fälle zeigten aber auch, dass die internationale Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte funktioniere, sagte Merkel. „Der Terrorismus lässt sich nur wirksam bekämpfen, wenn wir weltweit die Kräfte bündeln.“ Merkel betonte, bis jetzt seien durch hervorragende internationale Zusammenarbeit und die Arbeit der eigenen Sicherheitsbehörden mehrfach Anschläge vereitelt worden. „Trotzdem will ich nichts beschönigen – die Gefahr existiert. Jeder Einzelne ist zur Wachsamkeit aufgerufen“, betonte Merkel.
Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou verurteilte die Bombenserie und die Versendung eines explosiven Pakets an die Bundeskanzlerin. Die griechische Polizei nahm zwei mutmaßliche Mitglieder einer Untergrundorganisation fest. Sie hatten zwei Bomben bei sich, die sie an die belgische Botschaft in Athen und an den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy schicken wollten. Zudem veröffentlichte die Polizei Fotos von weiteren fünf Verdächtigen.
Die griechischen Sicherheitskräfte versuchen unterdessen zu ermitteln, ob noch weitere Briefbomben unterwegs sind. Um weitere Attacken zu verhindern, wurden am Mittwoch für 48 Stunden alle Kurierdienste von Griechenland ins Ausland eingestellt. Die griechische Polizei wollte alle Pakete kontrollieren, die am Athener Flughafen ankamen.
Am Dienstagabend waren im Athener Flughafen zwei weitere Briefbomben unschädlich gemacht worden. Sie waren an den Europäischen Gerichtshof und an das Europäische Polizeiamt (Europol) adressiert. Ein anderes an den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi adressiertes Paket ging auf dem Flughafen von Bologna beim Öffnen durch Sprengstoffexperten in Flammen auf. Es wurde aber niemand verletzt.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) veranlasste für Deutschland, dass sämtliche Poststellen der Bundesregierung ihre Sicherheitsmaßnahmen überprüfen und gegebenenfalls verschärfen. Er bat alle öffentlichen Stellen, in den nächsten Tagen bei unbekannten Postsendungen vor allem aus Griechenland sehr vorsichtig zu sein und die Polizei einzuschalten.
Mit dem Sprengstoffalarm im Kanzleramt wird sich am Mittwoch nächster Woche auch der Innenausschuss des Bundestages befassen, kündigte dessen Vorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) in der „Rheinischen Post“ und der „Berliner Morgenpost“ an.
Die Logistikbranche wehrt sich gegen Forderungen der Politik, die Kontrolle von Luftfracht zu verschärfen und bei der Bundespolizei zu bündeln. „Wir halten das für unnötig“, sagte Marten Bosselmann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK), der „Financial Times Deutschland“ („FTD“). Man habe schon „maximale Sicherheitsauflagen“. Zum BIEK gehören mit Ausnahme von DHL alle großen Paketdienste.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte, klare Standards für Luftfrachtkontrollen zu definieren. „Es ist nicht nachvollziehbar und in höchstem Maße unlogisch, dass es bei der Luftfracht andere Standards gibt, als sie bei der Beförderung des Gepäcks von Flugpassagieren gelten“, sagte er der „FTD“.
dpa