Kieler Landtag entzieht Carstensen Vertrauen

Die Hängepartie nach der gescheiterten Großen Koalition in Schleswig-Holstein ist vorbei. Ein neuer Landtag soll am selben Termin wie der Bundestag gewählt werden.
von  Abendzeitung
Ziel erreicht: Peter Harry Carstensen
Ziel erreicht: Peter Harry Carstensen © dpa

Die Hängepartie nach der gescheiterten Großen Koalition in Schleswig-Holstein ist vorbei. Ein neuer Landtag soll am selben Termin wie der Bundestag gewählt werden.

Im Land Schleswig-Holstein stehen Neuwahlen an. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat sich vom Landtag in Kiel das Vertrauen entziehen lassen. 37 der 69 Landtagsmitglieder stimmten am Donnerstag gegen Carstensen und 28 enthielten sich.

Vor der Abstimmung über die Vertrauensfrage im hatten sich Carstensen und der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner einen harten Schlagabtausch geliefert. Beide machten einander am Donnerstag gegenseitig für das Scheitern der Großen Koalition verantwortlich. Mit der Vertrauensfrage wollte Carstensen Neuwahlen in Schleswig-Holstein erreichen.

«Ohne Legimitation und Moral»

«Dieses Bündnis aus CDU und SPD hat keine Zukunft», sagte Carstensen. «So wie bisher kann es nicht mehr weitergehen, denn das Vertrauen zwischen den ehemaligen Koalitionspartnern ist nachhaltig gestört.» In dieser Konstellation sehe er keine Möglichkeit mehr, das Beste für das Land zu erreichen. Die SPD habe sich aus der gemeinsamen Verantwortung gestohlen. «Wir brauchen Neuwahlen», sagte Carstensen. Er will die Wahlperiode vorzeitig für beendet erklären und den 27. September als Termin für die Neuwahl festsetzen. Vor der Sitzung hatte Stegner offiziell erklärt, die SPD trage die Regierung nicht mehr mit. Damit avancierte er zum Oppositionsführer und durfte unmittelbar nach Carstensen reden. Dieser habe den Koalitionsbruch aus wahltaktischen Gründen herbeigeführt und seit Monaten vorbereitet, sagte der SPD-Politiker. In den letzten Tagen habe Carstensen alles getan, um den letzten Rest von Vertrauen in ihn und seine «Rumpfregierung» zu zerstören. Die Entlassung der SPD- Minister sei verantwortungslos gewesen. Carstensens Vertrauensfrage sei unehrlich. Vieles spreche dafür, dass dieses Vorgehen verfassungswidrig sei. Der ehrlichste Weg wäre ein Rücktritt gewesen, sagte Stegner. «Ihnen fehlt jede Legitimation und Moral.»

«Winkelzüge und Hintertürchen»

Der Ministerpräsident warf dem SPD-Landeschef vor, das Regieren unberechenbar gemacht zu haben. Stegner habe einen Dauerkonflikt mit Winkelzügen und Hintertürchen betrieben. Carstensen betonte, dass er die von ihm entlassenen vier SPD-Minister fachlich und menschlich sehr schätze. Mit dem Nein zur Auflösung des Landtages habe die SPD ihn aber zur Entlassung und zur Vertrauensfrage gezwungen. Carstensens gesamtes Vorgehen sei auch eine Flucht vor der Umsetzung der weitreichenden Sparbeschlüsse der Koalition, sagte Stegner. Er selbst habe sich ohne Wenn und Aber zu diesen bekannt. Carstensen mahnte indes eine faire politische Auseinandersetzung an. «Ich habe kein Interesse am Streit und auch keine Lust, einen schmutzigen Wahlkampf zu führen», sagte er dem «Tagesspiegel». «Ich wäre dankbar, wenn das von der SPD auch so gesehen wird.» Nach langer Koalitionskrise hatte die CDU in der vergangenen Woche das seit 2005 bestehende Regierungsbündnis mit der SPD aufgekündigt. Beim Versuch, den Landtag aufzulösen, verfehlten CDU und Opposition am Montag wegen des Widerstandes der SPD die nötige Zwei-Drittel- Mehrheit. Danach stellte Carstensen die Vertrauensfrage und entließ die vier SPD-Minister. (dpa/AP)

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