Empörung über Seehofers Moskau-Reise
Die Empörung über das Treffen des CSU-Chefs mit Wladimir Putin am Donnerstag in Moskau ist groß. „Das ist schon in Saudi-Arabien schief gegangen, das war schon in China peinlich“, warnt Anton Hofreiter.
München - Anders als einst CSU-Übervater Franz Josef Strauß wird Horst Seehofer nicht selber im Cockpit sitzen und eigenhändig das Flugzeug gen Moskau steuern. Für Aufsehen sorgt sein Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin an diesem Donnerstag dennoch.
Nicht nur Oppositionspolitiker sind bereits im Vorfeld des Treffens zwischen dem bayerischen Ministerpräsidenten und dem Kremlchef empört. „Die Nebenaußenpolitik, die Herr Seehofer betreibt, ist peinlich“, meint Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Er sagt: „Das ist schon in Saudi-Arabien schief gegangen, das war schon in China peinlich.“ Man müsse sich große Sorgen machen, wenn Seehofer jetzt mit Putin über die Sanktionen sprechen wolle.
Außenpolitik sei Sache Berlins, nicht Münchens, betont der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen: „Ich hoffe, dass Herr Seehofer nach seiner Reise nicht den nächsten Brief an Frau Merkel schreibt – diesmal in Sachen Russland-Politik.“
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Mit einem mulmigen Gefühl blickt auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley auf das Treffen zwischen Seehofer und Putin: „Bei Herrn Seehofer weiß man ja manchmal nicht so genau, welche neuen Positionen er über Nacht entwickelt – insofern habe ich gerade in der Außenpolitik und gerade im Gespräch mit Russland kein gutes Gefühl damit, wenn er nach Russland reist.“ Seehofer suche jede sich bietende Bühne – „leider im Moment vor allem gegen seine Schwesterpartei, gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel“, kritisiert Barley. „Ich hoffe sehr, dass dieser Besuch in Russland nicht auch in diese Richtung geht.“
Außenpolitiker Roderich Kiesewetter von der Schwester CDU fordert von Seehofer, die Russen zu ermahnen, eine angeblich verdeckte Finanzierung von rechtsradikalen Netzwerken einzustellen.
Seehofer weist die Kritik an seinem Moskau-Trip zurück: „Wir machen keine Nebenaußenpolitik in Deutschland.“ Er betont, dass Bayern traditionell gute Beziehungen zu Russland und insbesondere zu Moskau unterhalte. Außerdem sei man gut beraten, den Dialog mit Russland fortzuführen. „Denn wir sind umgeben von vielen, vielen politischen Brandherden, die ohne Moskau nicht zu lösen sind.“
Unterstützung bekommt Seehofer aus der Wirtschaft
„Es ist gut, wenn Gesprächskanäle nach Moskau geöffnet und nicht geschlossen werden“, meint auch Stefan Liebich, Linke-Politiker und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Aber: „Dass ausgerechnet Seehofer dafür der richtige Mann ist, bezweifle ich.“ Unterstützung erhält der CSU-Chef aus der bayerischen Wirtschaft, die die Sanktionen gegen Russland gerne aufgehoben sehen möchte.
Demonstrativ war vor Monaten eine Delegation der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) unter Führung ihres Präsidenten Alfred Gaffal nach Moskau gereist, um wenigstens ein bisschen gute Stimmung unter den Wirtschaftsführern zu machen. Das Signal habe man auf russischer Seite durchaus verstanden, sagt vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Und: „Man muss wissen, wann man wieder aussteigt“, erklärt er mit Blick auf die Sanktionen.
Nach Angaben des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie sind die Exporte nach Russland der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie in den ersten neun Monaten 2015 erneut drastisch zurückgegangen, und zwar um 41,6 Prozent. Auch nach China gingen die Exporte in diesem Zeitraum um 13,5 Prozent zurück.
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