Heikle Dienstreise: Seehofer besucht Putin in Moskau

Sanktionen gegen Russland und Flüchtlingskrise in Europa: Die Reise von Horst Seehofer zu Kremlchef Wladimir Putin steht politisch unter keinem guten Stern. Wird das Treffen am Ende beiden nutzen?
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Bereits 2011 reiste Horst Seehofer schon einmal zum Staatsbesuch nach Moskau.
dpa Bereits 2011 reiste Horst Seehofer schon einmal zum Staatsbesuch nach Moskau.

München/Moskau - Es ist eine heikle Reise, und sie ist noch einmal ein Stück heikler geworden. Immense Aufmerksamkeit dürfte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sicher sein, wenn er an diesem Donnerstag zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Moskau reist. Da sind nicht nur der Ukraine-Konflikt und Russlands umstrittene Rolle im Syrien-Krieg. Seehofers Besuch ist auch die erste Begegnung eines deutschen Regierungspolitikers mit Putin, seit die von russischen Medien behauptete Vergewaltigung einer 13-jährigen Russlanddeutschen in Berlin und Moskau für Ärger sorgt.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte deutschen Behörden vorgeworfen, sie wollten die Gewalt an "unserem Mädchen" vertuschen. Der Berliner Justiz zufolge aber gab es die Vergewaltigung überhaupt nicht. Es gilt deshalb umso mehr: Von Seehofer wird in Moskau höchstes diplomatisches Fingerspitzengefühl gefordert sein - was ihm Oppositionspolitiker freilich seit Jahren absprechen.

Klar ist: Im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt wird der Besuch sehr genau bis kritisch beobachtet - auch wenn der CSU-Chef versichert, die Reise sei "selbstverständlich" mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesprochen, und auch mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe er telefoniert. Seehofer gilt aber als schärfster Kritiker und Kontrahent Merkels in der Flüchtlingskrise - was Putin gefällt.

Nächster heikler Punkt: Schon vor Wochen hat Seehofer im Interview der Deutschen Presse-Agentur die westlichen Strafmaßnahmen gegen Russland im Ukraine-Konflikt kritisch beleuchtet. Er hofft wieder auf eine bessere Verständigung mit Moskau. "Die ganzen Brandherde um Europa herum sind ohne Russland nicht zu lösen", sagte er.

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Nicht nur die Opposition, auch Koalitionspolitiker kritisieren Seehofers Besuch: "Ich hoffe, dass er die Reise unterlässt", sagte Roderich Kiesewetter (CDU), Außenpolitik-Obmann der Unionsfraktion, der "Welt am Sonntag". "Russland kooperiert mit rechtsradikalen Parteien - auch bei uns in Deutschland. Wenn Seehofer fährt, muss er die Russen mahnen, die hybride Informationsfälschung und die verdeckte Finanzierung von rechtsradikalen Netzwerken einzustellen." Seehofer sagte aber schon: Er habe sich vorgenommen, zu dem ganzen "Sprechen Sie das an, Sprechen Sie jenes an" nichts öffentlich zu sagen.

Seehofer nehme wohl die Kritik in Kauf für sein Treffen mit Putin, sagte der Deutschland-Experte Wladislaw Below von der Akademie der Wissenschaften in Moskau. "Er will mit dem Besuch signalisieren, dass er keine Angst vor Gegnern hat und Verantwortung übernimmt beim Wiederaufbau der Beziehungen zwischen Russland und Deutschland." In der Wirtschaft werde er viele Anhänger gewinnen.

"Business as usual" mit Putin dürfte sich aber vor dem Hintergrund der Krisen verbieten, will der bayerische Ministerpräsident nicht an Glaubwürdigkeit einbüßen. Trotzdem werden beide Politiker von dem Treffen profitieren, meint Deutschland-Kenner Below. "Putin gefällt Seehofers kritische Haltung zu Merkels Flüchtlingspolitik und den Sanktionen gegen Russland, und Seehofer kann sich bei Putin als Lokomotive für die Lösung des Konflikts präsentieren. Es ist eine Win-Win-Situation."

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