Einwanderungspläne: SPD attackiert Koalitionspartner

In der großen Koalition verschärft sich der Ton im Streit um ein Einwanderungsgesetz. "Deutschland braucht keine Türsteher-Mentalität wie die CSU es will", sagte der Sprecher des linken Flügels in der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Sieling, der Deutschen Presse-Agentur.
Berlin - So ein Gesetz sei wegen des demografischen Wandels ein "Zukunftssicherungsgesetz". Ein Punktesystem nach dem Vorbild Kanadas könne ein Modell sein. "Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass die Menschen nicht allein danach beurteilt werden, ob sie der deutschen Wirtschaft nützen", betonte Sieling.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, warnt die CDU davor, sich vom Koalitionspartner SPD bei großen Themen wie der Zuwanderung in die Defensive drängen zu lassen. Am Beispiel der Debatte über ein von CDU-Generalsekretär Peter Tauber vorgeschlagenes und von der SPD seither vorangetriebenes Einwanderungsgesetz sagte Ziemiak der dpa, die Debatte über neue Regelungen für die Einwanderung sei richtig. "Nur durch gezielte Zuwanderung kann Deutschland die Folgen des demografischen Wandels bewältigen. Allerdings sollte sich die Union in der Diskussion nicht von der SPD treiben lassen", argumentierte Zimiak.
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Die SPD-Fraktion will bis Ende Februar ein konkretes Positionspapier vorlegen. Fraktionschef Thomas Oppermann reist in Kürze nach Kanada, um sich über Vor- und Nachteile zu informieren. Konkret ginge es ihm zufolge vor allem um "Mangelberufe", wo es nicht genug einheimische Fachkräfte gibt. Für Grad der Ausbildung und der Sprachkenntnisse gebe es Punkte - je höher der Bedarf, desto niedriger die benötigte Punktezahl. So sollen die kommen, die die Wirtschaft braucht. Allerdings ist in der SPD längst nicht ausgemacht, dass man sich am Ende auf das von Oppermann ins Spiel gebrachte Punktesystem einigt.
Unterstützung bekommt die SPD von den Grünen. "Wir sind ein Einwanderungsland. Davor kann selbst die Union nicht mehr die Augen verschließen. Deutschland braucht ein zukunftsfähiges Konzept, das Einwanderung, Integration und Partizipation gestaltet", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der "Passauer Neue Presse"(Dienstag).
Der baden-württembergische CDU-Landeschef Thomas Strobl lehnt dagegen die Steuerung über ein Punktesystem ab. Er kritisierte zugleich, es kämen zu viele Wirtschaftsflüchtlinge nach Deutschland.
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Die deutsche Industrie sieht keinen Bedarf für ein neues Zuwanderungsgesetz, hält aber Verbesserungen für sinnvoll. "Der Großteil der Zuwanderer kommt derzeit aus der EU, wo wir ohnehin Freizügigkeit haben", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, der "Nordwest-Zeitung" (Dienstag).
Für Menschen aus Ländern außerhalb der EU müssten diese Zuwanderungsregelungen bekannter gemacht werden. "Vor allem brauchen wir in Deutschland eine noch bessere Willkommenskultur", betonte Wansleben. Nach Berechnungen des DIHK bräuchte die deutsche Wirtschaft jedes Jahr unterm Strich zusätzlich zwischen 100 000 und 150 000 gut qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland.