Der Weg zum deutschen FBI
Der Bundestag stimmt über das BKA-Gesetz ab. Opposition kündigt Klage in Karlsruhe an
BERLIN Nach zwei Jahren Gerangel war es am Mittwochabend so weit: Der Bundestag stimmte über das BKA-Gesetz ab. Union und SPD hatten sich zuvor auf den Entwurf verständigt, die Opposition wollte ihn geschlossen ablehnen. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen.
Was steht überhaupt in dem Gesetz? Die Kompetenzen des Bundeskriminalamts im Kampf gegen internationalen Terror werden deutlich ausgeweitet. Die Behörde mit ihren 5500 Beschäftigten darf zu Lauschangriff, Video- und Telefonüberwachung, Rasterfahndung, V-Leuten sowie Online-Durchsuchungen greifen, wenn sie akute Terrorgefahr wittert. Mit Genehmigung eines Richters dürfen Ermittler dann zum Beispiel heimlich Computer ausspähen – jedoch nur mittels online installierter Trojaner, sie dürfen nicht in die Wohnungen Verdächtiger eindringen. Bei der Auswertung einer Festplatte soll der BKA-Datenschutzbeauftragte gewährleisten, dass der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung nicht verletzt wird.
Warum wird solch ein Bohei um das Gesetz gemacht? Das Gesetz steht für einen Paradigmenwechsel: Erstmals wird das BKA für Gefahrenabwehr zuständig, darf die Ermittlungsbehörde präventiv – zur Verhinderung noch gar nicht erfolgter Straftaten – tätig werden. Bisher war sie nur für Strafverfolgung zuständig.
Wie argumentiert die Opposition? Grüne, Liberale und Linke werfen Schäuble vor, er wolle „ein deutsches FBI schaffen“, eine „Monsterbehörde“, die sich Geheimdienstbefugnisse und kriminalpolizeiliche Befugnisse unter den Nagel reiße. FDP-Innenexperte Max Stadler verweist darauf, dass doch bereits auf Basis der geltenden Gesetze „einige Anschläge verhindert“ worden seien. Außerdem habe man bei Gründung der Bundesrepublik die Polizeihoheit aus gutem Grund in die Hände der Länder gelegt – aufgrund der historischen Lehre, keine zentrale Polizeigewalt mehr haben wollten. Ärzte, Journalisten und Anwälte sehen durch das Gesetz ihr Zeugnisverweigerungsrecht ausgehöhlt. Entsetzt zeigt sich der Bund deutscher Zeitschriftenverleger: „Letztlich bleibt es einer einfachen Verhältnismäßigkeitsprüfung überlassen, ob Telefongespräche mit Journalisten abgehört, der E-Mail-Verkehr aufgezeichnet, die auf Vorrat gespeicherten Kommunikationskontakte der vergangenen sechs Monate durchforstet oder gar Festplatten im Wege der Online-Durchsuchung unbemerkt kopiert werden.“
Wie reagiert der Innenminister? Wolfgang Schäuble ist sich seiner Sache sicher: Die Regelungen hielten sich „peinlich genau“ an das Grundgesetz. Außerdem enthalte das BKA fast nur Befugnisse, die viele Länderpolizeien bereits seit Jahrzehnten hätten.
Wie geht es weiter? Erstmal muss das Gesetz in den Bundesrat. Dort dürfte es eine – wenn auch knappe – Mehrheit erhalten und in Kraft treten, selbst wenn alle FDP-regierten Länder wie Bayern sich enthalten. FDP und Grüne haben bereits Verfassungsbeschwerden angekündigt. Mit einem Urteil wird aber frühestens für 2010 gerechnet.jox