"Wokes Affentheater": Männer kämpfen trotz Anfeindungen erstmals um Krone der Weinmajestät
Seit fast 80 Jahren halten Frauen die Tradition der Weinkönigin hoch. Doch das könnte sich ändern: Bei der Wahl zur deutschen Weinmajestät kandidieren dieses Jahr zwei Gebietsweinkönige. Doch wie kam es zu dieser Veränderung? Tatsächlich ist nach Angaben des Fränkischen Weinbauverbands das Phänomen der Weinprinzen zumindest in Bayern keinesfalls neu. Schon seit zehn Jahren vertreten Weinprinzen in Franken ihre Anbaugebiete.
2025 sind es vier von insgesamt circa 80 Weinhoheiten. "Schlussendlich haben die Ortschaften zu entscheiden, der Verein hat da keinen Einfluss", sagt Michael Bock vom Fränkischen Weinbauverband der AZ. Es liege wohl weniger an fehlendem Interesse der Frauen, dass in Franken diese Stelle geschlechtsneutral wurde, meint Bock.
Wein-Titel begeistert zunehmend auch Männer
Vielmehr ist seiner Ansicht nach anzunehmen, dass die Begeisterung für das Ehrenamt der Weinprinzessin auch auf die Männer übergegriffen hat. Einen Gebietsweinkönig gebe es in Franken bisher nicht. Das habe jedoch nichts mit dem Geschlecht, sondern mit den Qualifizierungen zu tun, so Bock.
"Wahl zur deutschen Weinmajestät" heuer erstmals geschlechtsneutral
Und auf Bundesebene? Dort sieht es ähnlich aus. Seit 2022 sind Männer beinahe überall zu den Gebietswahlen zugelassen. Jetzt hat auch das deutsche Weininstitut die diesjährige "Wahl zur deutschen Weinmajestät" zum ersten Mal geschlechtsneutral gemacht. Am 26. September wird, wie jedes Jahr, in Neustadt an der Weinstraße gewählt.
Zwei Gebietsweinkönige haben sich dieses Jahr qualifiziert. Felix Grün vom Mittelrhein und Levin McKenzie aus Rheinhessen kämpfen beide um das Amt des Weinkönigs. Ihre Erfahrungen mit dem Ehrenamt beschreiben sie als sehr positiv. Wie alle Weinmajestäten sind sie durch ihre Leidenschaft für das Getränk zu ihrem Posten gekommen – McKenzie ist sogar ausgebildeter Winzer und hat einen erfolgreichen Weinblog.
"Dann sollen sie sich halt aufregen"
Die Frage der AZ, ob sie aufgrund ihres Geschlechts bei der Erfüllung ihrer Aufgaben einen Nachteil erfahren, verneinen beide vehement. "Man wird als Mann mit offenen Armen empfangen. Persönliche negative Erfahrungen habe ich noch gar nicht gemacht", sagt Grün. Für beide ist der persönliche Austausch mit der Gemeinde und ihre Arbeit als Repräsentanten sehr wichtig. Und dabei stehe ihnen ihr Geschlecht nicht im Weg, meint McKenzie.

Was nicht heißen soll, dass jeder mit dieser Entwicklung glücklich ist. Im Netz erfahren die Kandidaten viel Hass. Kommentare, die die Amtsöffnung beispielsweise als "Wokes Affentheater" beschreiben, zählen noch zu den harmloseren. Wie sie damit umgehen? Sehr gelassen. "Das stört mich wirklich gar nicht, dann sollen sie sich halt aufregen. Hass auf Facebook geht an mir vorbei", meint der BWL-Student McKenzie.
Mit einer ähnlichen Einstellung schauen die beiden auf die kommende Wahl. Wichtig sei ihnen, ihre Anbaugebiete gut zu vertreten. "Ich freue mich, dass ich das Format der Weinkönigin Richtung Zukunft und Veränderung führen kann", sagt Felix Grün dazu. Auf Krampf gewinnen müssten sie nicht.
Zwischen den Kandidaten und dem Thron liegt ein weiter Weg. Insgesamt 13 Vertreterinnen und Vertreter deutscher Weinbaugebiete nehmen an dem Wettkampf teil, bei dem ihre Weinkenntnisse durch Blindverkostungen und andere "weinbezogene" Spiele auf die Probe gestellt werden. Der Gewinner wird gemeinsam von einer Jury und dem Publikum ermittelt.
Die neue Weinmajestät ist nach der Wahl als Vertreter für 14.000 Winzerinnen und Winzer in ganz Deutschland zuständig. Den Posten wird der Sieger für ein Jahr innehaben und in dieser Zeit in die Fußstapfen der 76 anderen Weinköniginnen treten, die diese lange Tradition bis heute am Leben erhalten haben.
Gibt’s bald auch einen Bierkönig?
In Bayern repräsentiert die Bierkönigin das bayerische Bier und die Brauereien im Freistaat. Am 22. Mai wird die neue bayerische Bierkönigin gekürt. Die AZ wollte wissen: Wäre künftig auch ein Bierkönig – ähnlich der Neuerung bei der Weinmajestät – denkbar? Walter König vom Bayerischen Brauerbund sagt der AZ dazu: „Wir schreiben immer noch eine Bierkönigin aus – auch wenn sich dieses Jahr ein Mann beworben hat.“ Der Geschäftsführer stuft dies als eine Spaß-Bewerbung ein.

Aus seiner Sicht sei die Veränderung beim Wein einfacher, beim Bier könne man schnell mit unkontrolliertem und literweisem Trinken in Verbindung gebracht werden. Diese Verknüpfung sieht König eher bei Männern. „Wir wollen mit der Bierkönigin einen bewussten Genuss kommunizieren und nicht eine Menge Alkohol.“ Dazu kommt: „Bierkönig wird auch oft mit dem Bierkönig auf Mallorca assoziiert.“
Deswegen bleibe der Brauerbund vorerst bei der weiblichen Repräsentantin: „Wir wollen nicht die Wertigkeit des Amts gefährden, indem wir in eine falsche Schublade gesteckt werden.“ Rein theoretisch: „Wenn jemand glaubt, er hat die notwendigen Voraussetzungen, kann er sich bewerben.“ Dann würden sie den männlichen Bewerber auch zum Casting einladen und schauen, ob es wirklich passt. „Wir sind geistig offen.“
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