Welche Folgen der Olympia-Entscheid für die Kommunalwahl hat
Nicht einmal bei der OB-Wahl als Dieter Reiter (SPD) gegen den CSUler Seppi Schmid in die Stichwahl musste, war die Wahlbeteiligung so hoch wie bei dem Bürgerentscheid zu Olympia diesen Sonntag. Diesmal stimmten 42 Prozent der Wahlberechtigten ab. "Das zeigt, was die Menschen wirklich interessiert", scherzte Dieter Reiter am Sonntagabend. Vor allem zeige es auch, dass es die richtige Idee war, die Wahlunterlagen gleich mitzuschicken. Man musste die Briefwahl nicht extra beantragen, sondern konnte bequem zu Hause sein Kreuz machen.

Könnte die Stadt das bei der Kommunalwahl, die im März 2026 ansteht, nicht auch so machen? "Ich habe deswegen schon mit dem Innenminister gesprochen, weil Gesetze geändert werden müssten", sagte Reiter am Sonntag. Gerade bei der Kommunalwahl, bei der die Zettel so kompliziert seien, hält Reiter das für eine gute Idee. Auch weil die Stadt sich damit viel Verwaltungsaufwand sparen könnte - zum Beispiel bräuchte man viel weniger Wahllokale, meint Reiter. Laut KVR gab es beim Bürgerentscheid 2017 257 Wahlräume, diesmal waren es nur 106. Dafür gab es diesmal 258 Briefwahlgremien, 2017 waren es 135. Unterm Strich waren diesmal trotzdem rund 200 Personen weniger als Wahlhelfer im Einsatz.
Er habe für die Ideen jedenfalls viel Zuspruch bekommen, sagte Reiter. Und auch im Rathaus und Landtag gefällt einigen die Vorstellung, die Kommunalwahl genauso abzuwickeln. Das müsste laut KVR allerdings zeitnah geschehen, die Vorbereitungen für die Kommunalwahl laufen bereits seit Monaten.
Grünen-Chefin: "Das wäre demokratisch"
SPD-Chef Christian Köning würde es deshalb begrüßen, wenn der Freistaat die Gesetze ändern würde. Die Landesvorsitzende der Grünen Gisela Sengl will sich dafür einsetzen: "Das wäre demokratisch und würde mehr Teilhabe ermöglichen."

"Charmant" nennt der CSU-Fraktionschef im Rathaus Manuel Pretzl die Idee. Allerdings müsse man sich schon noch mal genau anschauen, welchen Aufwand es für eine Kommunalwahl konkret bedeutet, meint er. Denn schließlich gibt es bei der Kommunalwahl gleich drei Zettel: OB, Stadtrat, Bezirksausschuss. "Es müsste ein richtig dickes Paket verschickt werden. Von einem Schnellschuss rate ich deshalb ab", sagt Pretzl.
Ähnlich äußert sich die SPD im Landtag. Denn zwar sehen die Sozialdemokraten dort die Vorteile (wie die hohe Wahlbeteiligung). Allerdings wollen sie den Kommunen auch keinen "Bärendienst" erweisen. Denn sei etwas anderes, ob ein Zettel mit einfacher Ja-Nein-Fragestellung oder ein handtuchgroßer Wahlzettel für den Stadtrat plus Wahlzettel für den OB sowie die Bezirksausschüsse versendet werde.
Kritisch ist auch die FDP im Rathaus. Allerdings aus einem anderen Grund, wie FDP-Chef Jörg Hoffmann erklärt: Wenn der Wahlzettel automatisch bei einem im Briefkasten landet, kann man nicht mehr bloß mit dem Ausweis zum Wahllokal. Man muss den Wahlzettel mitbringen. Alle, denen erst am Wahlsonntag auffällt, dass sie ihn verschmissen haben, hätten Pech gehabt. "Ich tendiere deshalb dazu, lieber alles so zu lassen, wie es jetzt ist", sagt Hoffmann.

So reagiert das Innenministerium auf den Vorschlag
Höchstwahrscheinlich wird es auch so kommen. Das Innenministerium teilt auf eine Anfrage der AZ hin mit, dass Kommunen bei der Frage, wie sie Bürgerentscheide durchführen, weitgehend frei seien. Bei Wahlen sei das anders. "Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass sich Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen am "Leitbild der Urnenwahl" orientieren müssen", schreibt das Innenministerium.
Zwar akzeptiere es das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich auch bei diesen Wahlen, per Brief wählen zu können. Allerdings sehe das Bundesverfassungsgericht bei Briefwahlen die öffentliche Integrität der Stimmabgabe per Brief nicht in gleicher Weise gesichert wie in einer Wahlkabine. Verfassungsrechtliches Leitbild bleibe daher die Urnenwahl.
Nur wegen der pandemiebedingten Ausnahmesituation waren die letzten OB-Stichwahlen ausnahmsweise reine Briefwahlen. Bei der Kommunalwahl werden also wohl wieder mehr Münchner ins Wahllokal gehen.

