"Geiler als Layla": Münchner Band spielt neuen Wiesn-Hit ein
München - Seit gut vier Wochen ist das Musikvideo raus. Zwei Kerle stehen rauchend vorm Kellerübungsraum, die Tür ist zu. "Hast du an Schlüssel?" - "Naa, den hat der CT." - "Scheiße".
So geht das los. Dann setzt eine E-Gitarre ein, hell klingelnd erst, dann elegant angezerrt. Ein bisschen nach Indie klingt das im Intro. Bis besagter CT, der eigentlich Christian Türck heißt, recht münchnerisch zu singen anfängt: Ab zwölfe is ozapft, im Schottenhamel-Zelt. Und einen ziemlich mitgröltauglich mitten hineinwirft in den Wiesnwahnsinn. Das Lied heißt "Oktoberfest", die Band: "Lärm des Südens". Kennt die jemand? Und wenn nein, wieso nicht? Die AZ hat nachgefragt.
AZ: Herr Türck, drei Mal angehört, und schon sitzt unerbittlich ein Oktoberfest-Ohrwurm im Ohr ...
CHRISTIAN TÜRCK: ... sehr gut, wir rechnen auch mit Massenbegeisterung und Millioneneinnahmen. Aber im Ernst, wir haben "Oktoberfest" aufgenommen, weil nach den drei Jahren Pause die Wiesn-Vorfreude praktisch kaum noch auszuhalten ist. Es ist doch so: Auch wenn dein Tag stressig war, du müd bist oder unlustig: Nach der ersten Maß ist jeder Tag auf der Wiesn wieder der schönste Tag deines Lebens.
Es soll ja Wiesnmuffel geben, die das anders sehen.
Die sollen sich mal im Bierzelt oben in die Galerie hocken und runter in die Menge schauen. Das ist, wie wenn du aufs Meer schaust und die Brandung kommt. Die Wiesn ist wie ein Strudel, der dich hinunterzieht. Du stirbst nicht dran, du versackst bloß. Und wenn du unbeschadet herauskommst, war's wahrscheinlich ein Tag, an den du dich gern erinnerst.
Zurück zum Song. Wie ist der entstanden?
Durch einen schönen Zufall. Ralf, Philipp und ich, wir spielen seit unserer Jugend zusammen. Zuletzt aber nur noch für Freunde, zum 50sten oder zur Hochzeit. Kurz vor Corona hat der Ralf alte Übungsraum-Tapes aus den 90ern aus dem Keller geholt, mit Songs, die wir aus dem Repertoire genommen hatten. Und vorgeschlagen: So, aus denen machen wir jetzt was.
"Oktoberfest" lag Jahrzehnte im Keller?
Nein, aber ein Fragment, ohne Text. Ich hab auf den Refrain nur "La-la-la-la" gesungen. Das fanden die anderen deppert.

Also?
Sind mir die vier Silben Ok-to-ber-fest eingefallen. Erst mal haben wir uns weggelacht. Aber dann ist es unser Wiesn-Song geworden, auf den wir 30 Jahre gewartet haben.
Im Musikvideo sieht man den beginnenden Wiesn-Aufbau im Hintergrund. Durften Sie da einfach im Weg herumstehen?
Ist das eine Fangfrage? Das Kreisverwaltungsreferat kann beruhigt sein, das war keine ungenehmigte Versammlung, der Immissionsschutz wurde gewahrt und die Abstandsflächen eingehalten. Wir hatten allerdings kühles Bier dabei.
Ein bisserl schauen Sie da ja aus wie eine unwesentlich gereifte Boygroup aus Schul- und Studienzeiten.
Boygroup? Hallo, wir haben mit 16, 17 auf dem Gymnasium natürlich Punk gespielt in verschiedenen Besetzungen. Später waren wir fast jedes Wochenende als "The Dancing Chromosomes" irgendwo auf einem Gig - in München, Berlin, Hamburg, Tübingen. Ich wollte eigentlich nach London gehen und Rockstar werden.
Gelandet sind Sie bei Britpop und englischen Texten. Jetzt, wo Sie alle über 50 sind, wird Ihr Sound münchnerisch, und Sie singen von Augustiner, der Isar und Leberkäs, wieso?
Weil wir aus München und vom Chiemsee stammen und festgestellt haben: Bayerisch ist purer Rock! Der Dialekt mag einem Erfolg nördlich der Donau vielleicht im Weg stehen. Mia sind aber mia.
Übrigens fehlt das Wort "Wiesn" im Text. Vergessen?
Gemeine Frage, nein, haben wir nicht vergessen. Das Wort hat bloß an keiner Stelle in den Text gepasst, und ich wollte nicht mit Gewalt einen Reim dazu hineinzwingen.
Aber das Schottenhamel-Zelt kommt vor. Ihr Lieblingszelt?
Wir lieben alle Wiesnzelte, weil du in jedem andere Leut erlebst, andere Sprachen und ein bisserl andere Musik hörst.
Welchen Wiesnhit hören Sie am liebsten?
Mein Favorit ist "Live is Life" von Opus. Das ist bestechend vom Text her. Und es nützt eine Punk-Idee: Du nimmst drei Akkorde und machst einen Song draus. Das ist ganz große Kunst der Popmusik.
Jetzt, wo die umstrittene "geile Layla" in den Festzelten nicht gespielt werden soll, wäre Platz für einen ganz neuen Wiesnhit. Ist "Oktoberfest" bierzelttauglich?
Ja sowas von! Unser Song ist geiler als Layla, wenn ich das mal so sagen darf. Wobei unser Text schon auch derb ist. Aber das ist Ironie und keine Ernährungsanleitung für Achtjährige.

Mitgrölen lässt sich das Lied jedenfalls bestens.
Der Refrain ist so übersichtlich, dass du ihn mit 3,0 Promille noch singen kannst. Das Wort Oktoberfest kennt die ganze Welt. Mia san mia ist ein Satz, den du auch als Italiener, Australier oder als Scheich aus Dubai unfallfrei herausbekommst. Anders als den Umlaut beim Wiesnhit Cordula Grün, zum Beispiel - für den Amerikaner schwer singbar.
Haben Sie in nächster Zeit Auftritte mit "Oktoberfest" geplant?
Erst im Frühjahr, wenn die nächsten bairischen Lieder fertig sind. Außer ein Wiesnwirt lädt uns für einen Gastauftritt in sein Festzelt, das würden wir sofort machen. Eigentlich gibt es nur einen Grund, warum die Zelte unser Lied vielleicht nicht spielen.
Welchen denn?
Aus Angst, dass die Leute vor Begeisterung das Zelt zerlegen. Ralfs Gitarrenriff im Refrain ist nah an AC/DC. Da kannst eigentlich gar nicht nicht ausflippen.