25 Jahre Schau ma moi: Ein Giesinger Glücksfall

Vor 25 Jahren hat das Schau ma moi an der Tela eröffnet. Künstlerkneipe, Fußball-Bar, Münchens kleinster Biergarten: Wie ein sehr besonderer Ort entstanden ist – und geblieben in einer Nachbarschaft, die sich doch so sehr wandelt.
Felix Müller
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Ein Wohnzimmer der Giesinger, ihr Wohnzimmer für die Giesinger: Gabi Benkert in ihrem Schau ma moi an der Tegernseer Landstraße.
Ein Wohnzimmer der Giesinger, ihr Wohnzimmer für die Giesinger: Gabi Benkert in ihrem Schau ma moi an der Tegernseer Landstraße. © Daniel von Loeper

Giesing - Gabi Benkert war eigentlich fertig mit der Gastronomie. Die gelernte Erzieherin hatte Mitte der 90er-Jahre keine Lust mehr auf Kneipenarbeit. Doch dann fragte sie Achim Bergmann, der mittlerweile verstorbene Chef des Giesinger Musikverlags Trikont, ob sie nicht vorne an der Tegernseer Landstraße, ganz am Rand des Trikont-Areals, die kleine Cafébar übernehmen wollte.

Benkert, gebürtige Giesingerin, die damals im Fünf-Seen-Land lebte, sagte zu. "Es war so klein", sagt sie mit Liebe in der Stimme über das alte Trambahnhäusl, "und es war eben in Giesing. Das hat den Ausschlag gegeben, dass ich es doch noch einmal probiere." Benkert sollte es nicht bereuen. Sie selbst sagt, sie sei darüber "sehr, sehr glücklich". In Giesing und bei den Löwen-Fans wiederum ist das Schau ma moi mit dem vielleicht kleinsten Biergarten der Stadt heute weltberühmt.

Dabei war die Ausgangslage genau wegen der Löwen-Fans nicht leicht. Einst soll hier mal kurz der erste Dönerladen ganz Giesings gewesen sein. Dann war lange das Giesinger Schachterl, ein klassischer Stehausschank, drin. Benkert sagt, dass ihr die Typen dort als Schülerin durchaus suspekt waren, das Schaschlik im Viertel aber einen legendären Ruf gehabt habe.

Als die Löwen ins Olympiastadion gingen, konnte sich die Boazn nicht mehr halten

Jene Boazn aber konnte sich Mitte der 90er nicht mehr halten – weil die Löwen ins Olympiastadion umgezogen waren und der Umsatz von den Giesinger Spieltagen fehlte, so erinnert sich Benkert. So wurde auch ihr gesagt, dass sie es in dieser Ecke ohne die Löwenfans schwer haben würde. Das Schau ma moi ist von Anfang an eng mit seinem Vermieter verbunden: Trikont-Künstler gehen ein und aus. Sie hat schon als Schülerin im "MUh" gearbeitet, dem "Musikalischen Unterholz" in der Hackenstraße, später organisierte sie Konzerte für Hans Söllner.

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Die Idee für ihr Schau ma moi: eine Cafébar wie in Italien, so stellte es sich Vermieter Bergmann vor. Tags sollte man Kaffee trinken, abends eher Bier oder Wein. Geklappt hat das nicht so ganz. Das Schau ma moi hat immer noch sehr guten Kaffee. Aber hier wurde stets (sehr viel) mehr Bier aus der Flasche getrunken, die hippen Neu-Giesinger Eltern mit Kindern habe man eh nie erreicht, sagt Benkert.

Mittags lohnte sich der Laden nicht wirklich. "Ich bin 20 Jahre hier gestanden und habe aus dem Fenster geschaut und drauf gewartet, dass jemand mein Essen würdigt", sagt sie und muss selbst ziemlich lange lachen. Inzwischen sperrt sie regulär erst um vier auf – und lässt abends Jüngere am Tresen ran, sie ist ja auch schon 61.

So erhielt das Schau ma moi seinen Namen

Das Schau ma moi heißt übrigens so, weil Benkert bis kurz vor Eröffnung kein Name einfiel. Als sie wieder mal gefragt wurde, wie das Café denn heißen solle, antwortete Benkert: Schau ma moi. Der Name war geboren. Und hat heute einen sehr guten Klang. Bei denen, die es sich am Tresen mit Blick auf die Tela oder dem einen kleinen Stehtisch unter der Woche gemütlich machen, wenn hier fast immer ein Plätzchen zu finden ist. Und, auch und natürlich und ganz besonders, bei den Löwen-Fans. Auf die hat Benkert erfolgreich gewartet, 2017 kehrte 1860 in die alte Heimat zurück.

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Was die Spieltage von anderen Tagen unterscheidet? "Ausnahmezustand!", ruft Benkert ins Telefon und wahrscheinlich hat noch nie jemand dieses Wort so fröhlich ausgesprochen. Viele, sehr viele Fans beginnen ihre Giesing-Tage gleich bei ihr, wenn sie aus dem U-Bahnhof Silberhornstraße rauf ins Viertel kommen.

Ob tags oder abends, ob Sommer oder Winter: Wenn Sechzig spielt, bimmeln die Trambahnen in Schrittgeschwindigkeit vorbei, denn am Schau ma moi ist drinnen und im Garten ganz sicher kein Platz frei. Dann ist Straßenfest, riesige Gruppen stehen ratschend auf den Gehwegen rund um Benkerts Laden. Viele kommen eher aus dem alternativeren Teil der Fanszene. Aber so wie Benkert, die bodenständige Giesingerin, die ganz selbstverständlich noch Münchnerisch spricht, ist auch die Schau-ma-moi-Szene alles andere als einseitig oder gar elitär.

Im Schau ma moi kommen verschiedenste Menschen zusammen

"Ich hab die besten Fans", so sagt sie es, Ärger gibt es hier fast nie. Löwen aus Niederbayern und Neuperlach, Studentinnen und Stammgäste, Handwerker und alte Hippies, Senioren und Siebzehnjährige: Hier gelingt, was in dieser reichen Stadt nur noch selten gelingt – es kommen wirklich sehr verschiedene Menschen zusammen. Die die Liebe zu den Giesinger Fest-Spieltagen am Schau ma moi vor und nach dem Stadion eint.

Das passt wunderbar auch zum gemütlichen Unter-der-Woche-Schau-ma-moi. "Yuppies und Obdachlose!", ruft Benkert, auf ihr Publikum angesprochen. Alle kommen hier auf ein paar Halbe (Augustiner, Giesinger, Andechser 3,80 Euro) zusammen. Nur eins, das ist ihr wichtig, braucht sie in ihrem Laden nicht: "Ich will nicht, dass hier Rassisten sind."

Wie sehr sich das Viertel da draußen vor ihrem Schaufenster-Tresen in den 25 Jahren gewandelt hat, das mag sie übrigens gar nicht so negativ sehen. Früher sei die Gegend doch noch sehr von Älteren geprägt gewesen, nun seien viele junge Familien da. Dass die oft bleiben wollen, wundert sie überhaupt nicht.

Heute spielt offensichtlich der Löwe. Dann wird es für Radler und Fußgänger eng vor dem Schau ma moi.
Heute spielt offensichtlich der Löwe. Dann wird es für Radler und Fußgänger eng vor dem Schau ma moi. © Anne Wild

Für die Boazn wird es in Giesing immer enger

"Wir haben einen Fluss im Viertel, Wald und ein Stadion – wo gibt's denn sowas!?" Und ein Schau ma moi, das gibt es in Giesing, wo zunehmend hippere Läden öffnen und es für die Boazn enger wird, auch noch. Manchmal organisiert Benkert Konzerte in ihrem Wirtsgarten. Und manchmal sogar drinnen. "Dann passen noch zehn Zuschauer rein", sagt sie. "Der Rest steht draußen. Wir machen Fenster und Türen auf, dann hört man da ja auch was."

Natürlich wird es auch am Samstag, wenn das Schau ma moi sein 25-Jähriges mit vielen Weggefährten und dem (offiziellen) Kistlerstraßenfest feiert, Livemusik auf zwei Bühnen geben. Und das, na klar, an einem Heimspieltag der Sechzger. Bleibt die Frage, ob Benkert nochmal 25 Jahre plant. Da lacht die rührige Wirtin lange ins Telefon, bevor sie antwortet. Und sagt bestimmt: "Lust habe ich noch mindestens zehn Jahre!" So schnell ist die Frau eben doch nicht fertig mit der Gastronomie. Wie gut für Giesing.


Tegernseer Landstraße 82, Montag bis Samstag 16 Uhr bis 1 Uhr, am Wochenende auch mal länger, an Löwen-Spieltagen ab circa 12 Uhr geöffnet

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  • MadridistaMUC am 01.09.2022 13:48 Uhr / Bewertung:

    @giasing. jawohl, gezapft Halbe Gustl bei einem Balkan Restaurant im Tal, benannt nach einer kroatischen Hafenstadt. Aber sehengetade haben tatsächlich doch schon auf 3,90 € erhöht. Naja, immer noch besser. Vor allem da haste ordentliche WCs und kannst sogar noch was leckeres ebenfalls recht günstig zum Essen bestellen. Man lebt ja nicht nur von Bier allein.

  • am 01.09.2022 10:34 Uhr / Bewertung:

    do muaß i a wieder moi hi

  • MadridistaMUC am 01.09.2022 10:29 Uhr / Bewertung:

    Alleine der Bierpreis sorgt schon dafür, dass es für die Boazn eng wird. 3,80 aus der Flasche im Stehen ist schon krass. Das Gustl gibt's sogar gezapt im Glas und im Sitzen in der Innenstadt schon für 3,40.
    Es gibt ja schon Boazn in Untergiesing die sind bei über 4 Euro. Da danken schon viele ab und nehmen sich das Bier ausm Supermarkt an die Isar oder gehen an einen Kiosk an der Isar. Ja, es wird sher eng für die kleinen Boazn. Da stirbt gerade eins nach dem anderen. Kann man in Untergiesing dabei zusehen.

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