Dieter Reiter: Eigentor des OB-Kandidaten

Der Wirtschaftsreferent hat sich nach London einladen lassen. OB Ude hat’s genehmigt. Dafür hagelt es harsche Kritik
Willi Bock |
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Auf Facebook postet Dieter Reiter am 25. und 26. Mai Fotos aus London: "Da ist das Ding!!!", schreibt der OB-Kandidat unter ein Pokal-Bild. Jetzt steht er wegen der Fahrt zum Champions-League Finale in der Kritik. Der FC Bayern hat den OB-Kandidaten eingeladen.
Loeper/dpa/www.facebook.com/OB2014 4 Auf Facebook postet Dieter Reiter am 25. und 26. Mai Fotos aus London: "Da ist das Ding!!!", schreibt der OB-Kandidat unter ein Pokal-Bild. Jetzt steht er wegen der Fahrt zum Champions-League Finale in der Kritik. Der FC Bayern hat den OB-Kandidaten eingeladen.
Dieter Reiter: Der OB-Kandidat der Münchner SPD und Wirtschaftsreferent der Landeshauptstadt ist wegen einer Einladung in Bedrängnis geraten.
Daniel von Loeper 4 Dieter Reiter: Der OB-Kandidat der Münchner SPD und Wirtschaftsreferent der Landeshauptstadt ist wegen einer Einladung in Bedrängnis geraten.
„Da ist das Ding!“ So hat Reiter den Champions-League-Pokal fotografiert und bei Facebook eingestellt. Ein User kommentiert, Reiter habe „das Ding auf Einladung des FCB kostenfrei aus der Nähe sehen“ dürfen.
Screenshot 4 „Da ist das Ding!“ So hat Reiter den Champions-League-Pokal fotografiert und bei Facebook eingestellt. Ein User kommentiert, Reiter habe „das Ding auf Einladung des FCB kostenfrei aus der Nähe sehen“ dürfen.
Bayern-Fans beim Finale der Champions League im Londoner Wembley-Stadion.
dpa 4 Bayern-Fans beim Finale der Champions League im Londoner Wembley-Stadion.

Münchens Wirtschaftsreferent Dieter Reiter hat sich vom FC Bayern zum Champions-League-Finale nach London einladen lassen. OB Ude hat’s genehmigt. Dafür hagelt es harsche Kritik

München - Am Donnerstagabend wollte die Münchner SPD munter den Geburtstag ihres OB-Kandidaten Dieter Reiter feiern. Doch im Vorfeld verging die Feierlaune: Es war bekannt geworden, dass Dieter Reiter im Mai kostenlos vom FC Bayern zum Champions-League-Finale nach London eingeladen worden war. Für viele ein klarer Verstoß gegen die städtischen Richtlinien – auch wenn OB Ude das genehmigt hatte. Für dieses Eigentor des Bayern-Fan Reiter hagelte es Proteste.

Die Bayern haben dem OB-Kandidaten und Wirtschaftsrefernten alles bezahlt, wie er einräumt: Flug, Übernachtung, Eintritt und die Sieges-Party. Da kommen mehrere Tausend Euro zusammen.

Nach den städtischen Richtlinien ist das zum Teil verboten. Da schreibt OB Ude selbst: Am besten sei, „Sie nehmen überhaupt nichts an“. Verboten ist explizit, Flugtickets anzunehmen oder unentgeltliche Übernachtungen.

Beides hat Reiter angenommen. Zum Vergleich: Beim Oktoberfest dürfen städtische Mitarbeiter „ausnahmsweise“ je 1 (in Worten: eine!) Hendl- und Biermarke pro Kunde annehmen. Wenn sie eine Freikarte für einen der städtischen Plätze in der Allianz Arena bekommen, wird ihnen der geldwerte Vorteil gleich vom Gehalt abgezogen.

Dass ein städtischer Vertreter zum Finale reiste, war nicht überraschend. Aber offizielle Einladungen als „Stadtvertretung“ gehen nach den Rathausregeln nur an die drei Bürgermeister. „Wir konnten alle drei nicht“, sagt Ude zur AZ.

Aber in welcher Funktion war Reiter kostenlos von seinem Freund und Steuernachzahler Uli Hoeneß eingeladen worden? Reiters Büro hat erst verbreitet, es sei eine persönliche Einladung gewesen. Dann hieß es, er sei als Referent gefahren. Als Referent hat er die Einladung Ude vorgelegt. Und der hat sie genehmigt – auch die für den Chefdirigenten der Philharmoniker, Lorin Maazel, und den Phili-Intendanten Paul Müller.

OB Ude verteidigt seine Genehmigung: „Ich habe die Annahme dieser Einladung im Interesse der Kooperation zwischen FC Bayern und Landeshauptstadt bei bedeutsamen Projekten, die für den Ruf Münchens als Fußball-Hochburg und Stadt des Sports von großer Bedeutung sind (Konzerteinspielung, Public Viewing und Stadtmarketing), antragsgemäß genehmigt, so dass die Teilnahme auch rechtlich nicht zu beanstanden ist.“

Reiter erklärt: „Dass ich persönliche Kontakte zu den Repräsentanten des FC Bayern und den größten Sportsponsoren der Bundesrepublik halte, liegt im übrigen auch im Interesse einer Münchner Olympiabewerbung.“

Das ist auch im Falle des Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) so, der auch eingeladen war: Er ließ aber Flug und Hotel von der Staatskanzlei bezahlen.

Es hagelt Kritik an Reiter und Ude. FDP-Fraktionschef Michael Mattar: „Ude muss sich erklären, warum Regeln für normale Mitarbeiter streng eingehalten werden, aber nicht für einen Wirtschaftsreferenten gelten sollen, der nach Höherem strebt.“ Wo sei – im Vergleich mit dem Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff – „der Unterschied zwischen einer Einladung zum Oktoberfest mit Hotelübernachtung und einer Einladung nach London zum Finale mit Flug und Übernachtung?“

Die Grünen-Vorsitzenden verlangen eine „umfassende Aufklärung“: „Es ist ja bekannt, dass sich Uli Hoeneß Dieter Reiter als OB wünscht. Als kommunaler Spitzenbeamter wäre Reiter gut beraten, wenn er sich nicht von einer Seite vereinnahmen ließe. Außerdem schadet Reiter dem Ansehen der Politik, wenn er sich verhält, als sei diese ein Selbstbedienungsladen.“

Der CSU-OB-Kandidat Josef Schmid: „Ich finde, dass städtische Beamte einschließlich OB und Referenten sich nicht auf Flug, Eintritt, Übernachtung und Feier einladen lassen sollten. Es darf gar nicht erst der Verdacht der Beeinflussbarkeit aufkommen.“

München SPD-Chef Uli Pfaffmann nimmt Reiter in Schutz: Die Einladung sei „nicht zu beanstanden“: „Die Vorwürfe von FDP und Grünen weise ich als Wahlkampfgetöse zurück.

Die Richtlinien: Nichts über 15 Euro — und strenge Bestrafungen

In der städtischen Richtlinie über Geschenke und Einladungen heißt es:

„Es ist verboten, in direktem oder indirektem Zusammenhang mit dem Amts- oder Beschäftigungsverhältnis Vorteile zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Diensthandlung rechtmäßig wäre oder nicht. Bereits der geringste Anschein, dass Beschäftigte für persönliche Vorteile im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerfüllung empfänglich sein könnten, muss vermieden werden.

Städtische Beschäftigte müssen daher bei einer unerlaubten Annahme von Belohnungen oder Geschenken mit schwerwiegenden disziplinarrechtlichen bzw. arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.“

Verboten ist: Alkohol oder Pralinen über 15 Euro anzunehmen oder Benzingutscheine, Einladungen in Privatwohnungen, auf Yachten oder in Feinschmeckerlokale, Glückslose, Freikarten, Geld oder Miles and More anzunehmen.

Wer sich vom Veranstalter bei einer Tagung Reise-, Hotel und Veranstaltungskosten bezahlen lässt, der muss unbedingt nachweisen, dass er dort als Referent oder Moderator aufgetreten ist. Luxus geht nicht: Es heißt klar: „Die Übernahme der Kosten darf sich nicht in einem überzogenen Rahmen bewegen.“

 

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