Das steht in den Geheimverträgen der IAA

München - Damit die Automesse IAA nach München kommt, wedelt sogar der bayerische Wirtschaftsminister mit den ganz großen Scheinen: 15 Millionen Euro stellte Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für die Bewerbung zur Verfügung. "Bitte kommt nach München, wir wollen euch hier", flehte er damals. Die Mitbewerber Hamburg und Berlin waren danach aus dem Rennen.
Für die Bedingungen der IAA interessierte sich niemand
Auch das Münchner Rathaus wollte die IAA unbedingt - doch für die Bedingungen interessierte sich damals offensichtlich niemand so recht. Wie die AZ berichtete, war eine Voraussetzung dafür, dass München den Zuschlag für die Automesse erhält, dass sie sich in der ganzen Stadt ausbreiten darf. Denn, wie aus nicht-öffentlichen Sitzungsunterlagen hervorgeht, legte die Stadt gar nicht genau fest, wie die Open Spaces aussehen sollten.
Das machten die Messe und der Verband der Automobilindustrie (VDA) unter sich aus. Hinterher gab es an den Dimensionen der Aufbauten jedoch viel Kritik - sogar vom Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Doch möglicherweise wird sich daran beim nächsten Mal nicht viel ändern.
Es drohen Schadensersatzforderungen
"Es ist wichtig, dass München ein verlässlicher Partner ist", sagt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Würde München an den geschlossenen Verträgen rütteln, hätte dies einen Imageverlust zu Folge, so Baumgärtner. Und nicht nur das: Außerdem drohen offenbar Schadenersatzforderungen, die der VDA gegenüber der Messe München geltend machen könnte.
Auch das geht aus den nicht-öffentlichen Sitzungsunterlagen hervor, die der AZ vorliegen. Um wie viel Geld es genau geht, steht nicht in den Unterlagen. Vorbereitet hat diese das Wirtschaftsreferat, offensichtlich mit dem Ziel, dass sich der Stadtrat auch beim nächsten Mal möglichst wenig einmischt.
Den genauen Vertrag kennen die Stadträte bis heute nicht
Wirtschaftsreferent Baumgärtner versichert zwar, dass die Verträge, die der VDA mit der Messe schloss, den Beschlüssen im Stadtrat entsprechen. Doch den Vertrag, der am Ende herauskam, kennen die Stadträte nicht - bis heute. Die Grünen haben Akteneinsicht beantragt, sagt Stadtrat Dominik Krause. Erst, wenn er die Details des Vertrags kenne, könne er entscheiden, ob die Open Spaces fortgesetzt werden.
Auch der Bund Naturschutz fordert Transparenz: "Den öffentlichen Raum hinter verschlossenen Türen zu verkaufen, ist einer demokratischen Gesellschaft unwürdig", sagt der Vorsitzende Thorsten Kellermann.
Das KVR hat Bedenken ob der IAA in der Innenstadt
Gleichzeitig kritisiert sogar die Verwaltung selbst das Konzept der IAA. In den Beschlussunterlagen äußert das Kreisverwaltungsreferat (KVR) starke Bedenken, ob die IAA erneut in der Innenstadt stattfinden sollte - zum einen, weil Sicherheitspersonal fehlt, zum anderen, weil gleichzeitig das Oktoberfest aufgebaut wird.
"Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter", sagt Krause. Stadtrat Thomas Lechner, der als Parteiloser in der Fraktion der Linken sitzt, fordert sogar, dass es beim nächsten Mal gar keine Open Spaces mehr geben dürfe: "Die Stadt darf sich nicht von der Industrie die Rahmenbedingungen diktieren lassen."
Der OB hatte Einblick in die Planungen
Gleichzeitig hätte die Verwaltung, aber auch der Stadtrat vorsichtiger sein müssen, meint er. Die Open Spaces hat noch der alte Stadtrat in einer nichtöffentlichen Sitzung beschlossen. Lechner war damals noch nicht Teil des Gremiums. Die Grünen sollen aber zumindest bei der zweiten Abstimmung gegen die Open Spaces gestimmt haben. Das "Ausmaß der Nutzung öffentlicher Räume" erschien ihnen zu groß, heißt es.
Die Verträge kannte der Stadtrat nicht. Anders als der Münchner OB - der auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Messe ist. Genau hingeschaut hat er damals offensichtlich nicht. Denn nun kündigt er auf AZ-Anfrage erneut an, die Nutzung des öffentlichen Raumes besser regeln zu wollen. Dafür wolle er in einen "Dialog" einsteigen.