Umstrittener Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee: Staatskanzlei prüft Vorwürfe

Der Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee ist ins Gerede gekommen. Staatsminister Weimer weist den Vorwurf der Korruption von sich, Landtagspräsidentin Ilse Aigner sagt zu.
Ralf Müller |
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„Erfunden“ und jahrelang veranstaltet hat die Veranstaltung ihn der heutige Staatsminister Wolfgang Weimer.
„Erfunden“ und jahrelang veranstaltet hat die Veranstaltung ihn der heutige Staatsminister Wolfgang Weimer. © Frank Hoermann/Sven Simon /imago

Immer glanzvoller und prominenter wurde in den vergangenen Jahren der "Ludwig-Erhard-Gipfel" am Tegernsee. "Das deutsche Davos" nannten Medien schon das seit 2014 veranstaltete Treffen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Oberbayern, ein "Stelldichein der deutschen Wirtschaft" ("Handelsblatt"), einen "Neujahrsempfang des Freigeistes" ("Die Welt"), einen "klugen Jahresauftakt für Entscheider" (ntv) und ein "Meinungsführertreffen Deutschlands" ("Focus").

Doch jetzt brauen sich dunkle Wolken über dem Event zusammen. Es fällt sogar das böse Wort "Korruption". Das rechtsgerichtete Online-Magazin Apollo News hat den Stein ins Rollen gebracht und aufgegriffen, dass die veranstaltende Weimer Media Group nicht zufällig so heißt wie Wolfgang Weimer, Staatsminister beim Bundeskanzler und Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Dieses Unternehmen steckt hinter dem Ludwig-Erhard-Gipfel

Tatsächlich gründete Weimer das Unternehmen mit Ehefrau Christiane Goetz-Weimer und führte mit ihr die Geschäfte, bis er von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum Staatsminister berufen wurde. Der Minister blieb aber zu 50 Prozent Inhaber der GmbH.

Wolfgang Weimer übe "seitdem keinerlei Einfluss mehr auf die Geschäfte aus. Schon am diesjährigen Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 nahm er nicht mehr teil", so ein Sprecher von Weimer Media.

Das alles wäre der Rede nicht wert, käme nicht der Verdacht auf, dass Weimer Media mithilfe des Ludwig-Erhard-Gipfels Geld mit der Verquickung von Wirtschaft und Politik machen würde. In der Tat ist der Ludwig-Erhard-Gipfel, der Ende April 2026 erneut drei Tage lang stattfindet, alles andere als eine gemeinnützige Veranstaltung.

Hohe Teilnahmekosten und exklusive Packages 

Die reine Teilnahme an dem dreitägigen Treffen der mutmaßlich Reichen und Mächtigen kostet 3000 Euro, zusätzlich werden exklusive Packages wie das "Montblanc-Paket" für fünfstellige Beträge feilgeboten.

Dafür wird unter anderem eine "Redner-Präsenz auf der Konferenz (Panelteilnahme)" angeboten. Mit anderen Worten: Wer bis zu 80.000 Euro anlegt, kann auf der Bühne das Wort ergreifen.

Auf Gut Kaltenbrunn am Tegernsee soll im April 2026 wieder der Ludwig-Erhard-Gipfel stattfinden.
Auf Gut Kaltenbrunn am Tegernsee soll im April 2026 wieder der Ludwig-Erhard-Gipfel stattfinden. © imageBROKER/Martin Siepmann/imago

Bislang nicht widersprochen wurde Berichten, wonach Premium-Teilnehmern auch "Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger" in Aussicht gestellt wurde. "Ob und wie Gäste und Speaker miteinander ins Gespräch gehen, liegt in deren Ermessen", so der Weimer-Media-Sprecher: "Anderweitige Unterstellungen weisen wir entschieden zurück."

Im Raum stehen schwere Vorwürfe

Für die rechtslibertären Apollo News steht fest, dass es sich um "Korruption" handelt. Weimer locke hochrangige Politiker an und verdiene dann an deren Beeinflussungsmöglichkeiten auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel. Sogar eine Teilnahme von Friedrich Merz an der Veranstaltung sei im Gespräch (in den vergangenen Jahren war der Tegernsee-Fan dort häufiger zu Gast).

In Aussicht gestellt werden als Redner unter anderem die Bundesminister Dorothee Bär (CSU), Thorsten Frei (CDU), Alois Rainer (CSU) und Katherina Reiche (CDU), zudem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der – bisher – Schirmherr der Veranstaltung ist. Angekündigt werden auch Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und drei weitere Mitglieder des Söder-Kabinetts.

Bayerische Staatskanzlei leitet interne Compliance-Prüfung ein

Kulturstaatsminister Wolfgang Weimer ist nicht zum ersten Mal ins Visier rechter Medien geraten, doch diesmal scheinen auch Koalitionspolitiker nachdenklich zu werden. Aufhorchen ließ die Ankündigung eines Sprechers der bayerischen Staatskanzlei, man habe eine "interne Compliance-Prüfung zum Ludwig-Erhard-Gipfel" eingeleitet.

Für die eingeladenen Mitglieder des Söder-Kabinetts ist das ein Paukenschlag. "Ich lasse die Einladung erst einmal liegen", so ein Minister auf Anfrage. Die ebenfalls als Rednerin angekündigte Landtagspräsidentin Ilse Aigner bestätigte hingegen ihre "grundsätzliche Zusage".

Auf der Homepage des Ludwig-Erhard-Gipfels sei "nichts auffindbar, was annähernd den von Apollo News aufgestellten Verdacht bestätigen würde", ließ die CSU-Politikerin wissen. Kulturstaatsminister Weimer wolle dagegen ja auch gerichtlich vorgehen.

Materielle Unterstützung durch den Freistaat Bayern

Fest steht: Die Staatsregierung unterstützte den Gipfel bisher nicht nur personell, sondern auch materiell. Für den von der Weimer Media Group veranstalteten Ludwig-Erhard-Gipfel hat das bayerische Digitalministerium nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren Kooperationsverträge für Messebeteiligungen geschlossen.

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Im Rahmen dieser "Partnerkooperationen" seien dem Ministerium von 2022 bis 2025 Kosten in Höhe von 69.000 Euro entstanden. "Die Art der Kooperation entspricht unserem üblichen Vorgehen mit anderen Veranstaltern", so ein Sprecher.

Weimer: "Schlicht eine Lüge"

Unterdessen wies Weimer die Vorwürfe scharf zurück. Die Behauptung, er verkaufe "Einfluss auf politische Entscheidungsträger", sei "schlicht eine Lüge, gegen die ich mich juristisch zur Wehr setzen werde", bestätigte er der "FAZ".

"Wenn Handwerker, Bauern oder Ärzte ihre Unternehmen komplett verkaufen müssten, nur weil sie eine Zeit lang ein politisches Mandat annehmen, dann würden keine Praktiker mehr in die Politik wechseln", so der Verleger.

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  • JENZZ vor 11 Minuten / Bewertung:

    Die Staatsregierung hat nun die Aufgabe, in irgendeiner Form der Öffentlichkeit zu zeigen, dass man sauber und tiefgreifend quasi gegen sich selbst prüft und ermittelt. Die Reflexe von Herrn Weimer sind branchenüblich, selbstverständlich wird erst einmal alles abgestritten und darauf verwiesen, dass man ja vor Amtsantritt alles sauber getrennt hat. Da er jedoch klar ersichtlich über seine Beteiligung von diesen Veranstaltungen wirtschaftlich profitiert, wird er sich da wohl nicht rauswinden können. Selbstverständlich wird man sich bei den Beteiligten so lange als möglich unwissend, umbeteiligt und auch unschuldig geben. Ich vermute mal, dass sich Herr Weimer schon bald wieder in Vollzeit um seine Geschäftchen kümmern kann. Die Politik wird erklären müssen, wer genau diese immensen Gelder der Bürger für diese Veranstaltungen freigegeben hat. Und sich dafür verantworten müssen.

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  • JerryH vor einer Stunde / Bewertung:

    Genau mein Humor Frau Aigner auch so Lupenrein die Demokration vom Tegernsee

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