"Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth gerät mit AfD-Politiker Tino Chrupalla aneinander: "Ich habe nicht gelacht!"

Hat sich der Ostfrust so verfestigt, weil immer noch Ungleichheiten zu spüren sind? Bei "Hart aber fair" diskutierte Louis Klamroth am Montagabend mit seinen Gästen über den Graben zwischen Ost und West. Dabei lieferte er sich ein hitziges Wortgefecht mit AfD-Politiker Tino Chrupalla.
von  Natascha Wittmann
AfD-Politiker Tino Chrupalla diskutiert bei "Hart aber fair" mit Moderator Louis Klamroth
AfD-Politiker Tino Chrupalla diskutiert bei "Hart aber fair" mit Moderator Louis Klamroth © WDR

Egal, ob Einkommen, Vermögen oder Erbschaften: Der Graben zwischen Ost- und Westdeutschland scheint immer größer zu werden. Louis Klamroth diskutierte deshalb am Montagabend bei "Hart aber fair" mit seinen Gästen zum Thema: "Vorurteile West und Dauerfrust Ost: Kaum Chance für deutsche Einigkeit?".

"Hart aber fair"-Gäste diskutieren über Missstimmung zwischen Ost und West: "Hat sich vieles verändert"

Zunächst fragte der ARD-Moderator den Thüringer CDU-Chef Mario Voigt: "Fühlen Sie sich als Ostdeutscher?" Der CDU-Fraktionsvorsitzende antwortete klipp und klar: "Ich bin ein Thüringer, zuerst, aber vor allen Dingen bin ich auch Ostdeutscher. Für mich ist das Identität, ist das Heimat, und das macht mich auch stolz, weil viel erreicht wurde." Gleichzeitig bemängelte Voigt, dass seit dem Mauerfall einige Faktoren missachtet werden, die zu einer Missstimmung zwischen Ost und West führen: "Ich glaube, der Respekt vor der Lebensleistung der Ostdeutschen, der wird zu wenig gewürdigt. Da haben viele Leute wirklich von einem Tag auf den anderen vieles verloren. Da hat sich vieles verändert."

Laut Voigt haben viele Ostdeutsche mittlerweile große Angst davor, den kleinen Wohlstand, den sie sich nach dem Mauerfall mühsam aufgebaut haben, wieder zu verlieren. "Ich finde, wenn man das sehen kann, dann begreift man auch, worum es gerade in der öffentlichen Debatte geht. Da geht es weniger um Identität, sondern um die Sorge, dass das, was da geschaffen worden ist, verloren geht."

Louis Klamroth wollte daraufhin von Tino Chrupalla wissen, ob er häufig mit Klischees über Ostdeutsche konfrontiert werde. Der AfD-Politiker wiegelte ab und erklärte, dass das "sicherlich nachgelassen" habe. Dennoch sei das Bild der DDR in Westdeutschland teilweise immer noch sehr verzerrt. "Ich hatte eine wunderbare Kindheit", wenngleich er einräumen musste, dass seine Eltern in der DDR "unter Repressalien gelitten" hätten und es "Gängelung" sowie eine Einschränkung der "Meinungsfreiheit" gegeben habe. Chrupalla warnte mit ernstem Blick: "Das kommt eben gerade wieder zurück (...) in der aktuellen Politik."

AfD-Politiker bemängelt Umgang mit Partei: "Ausgegrenzt" und "diskreditiert"

Louis Klamroth überging den spitzen Kommentar, doch "Zeit"-Journalistin Anne Hähnig wollte die Meinung des AfD-Politikers nicht unkommentiert lassen und sagte: "Natürlich ist diese Gesellschaft, in der wir gerade leben, auch nicht perfekt. Aber sich gleich wieder in der DDR zurück zu sehen, kommt mir irgendwie bisschen merkwürdig vor."

Klamroth reagierte überrascht: "So habe ich ihn nicht verstanden. War das so, Herr Chrupalla?" Der AfD-Politiker antwortete schwammig, dass es momentan "gerade im Osten" Dinge gebe, "die wir längst überwunden hatten und längst überwunden haben wollten". Der ARD-Moderator hakte nach: "Was meinen Sie, Herr Chrupalla?" Tino Chrupalla wurde daraufhin deutlicher und bemängelte die Art und Weise, "wie aktuell auch mit unserer Partei umgegangen wird, wie wir ausgegrenzt, diskreditiert werden". Am vergangenen Freitag sei beispielsweise sein "Postkonto gekündigt" worden, "weil ich AfD-Mitglied bin". Eine gewagte These, bei der Louis Klamroth hellhörig wurde: "Das haben die so gesagt?"

Tino Chrupalla wollte jedoch nicht näher auf den Vorfall eingehen und kritisierte stattdessen die Reaktion des Moderators: "Da kann man lachen..." Klamroth verteidigte sich: "Ich habe nicht gelacht! Ich hab's mir angehört, war erstaunt." Auch Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt schaltete sich daraufhin in die Debatte mit ein und stellte klar: "Diktatur ist schon was anderes!" Sie erinnerte sich an ihre eigene Kindheit in der DDR und erklärte, dass sie von ihren Eltern beigebracht bekommen habe, draußen nicht ihre "freie Meinung" zu äußern: "Ich musste draußen was anderes sagen als zu Hause." Tino Chrupalla kommentierte energisch: "Das ist doch heute wieder so!" Katrin Göring-Eckardt konterte unter Applaus des Publikums: "Sie können Ihre Meinung sagen, überall, jeden Tag. Und es ist sogar so, dass wir uns das jeden Tag anhören müssen in diesem freien Land. Es ist total albern zu sagen, man dürfte das nicht."

CDU-Politiker Mario Voigt betont: "Björn Höcke ist ein Rechtsextremer"

Ähnlich hitzig ging es weiter, als Louis Klamroth im Laufe der Sendung eine mögliche Zusammenarbeit zwischen der Union und der AfD ansprach. Mario Voigt, dessen Thüringer CDU zuletzt harsche Kritik einstecken musste, nachdem sie gemeinsam mit FDP und AfD ein Gesetz zur Senkung der Grunderwerbssteuer durch den Landtag gebracht hatte, blieb jedoch eisern und dementierte etwaige Pläne: "Wir reden mit der AfD nicht. Björn Höcke ist ein Rechtsextremer. Mit dem gibt es auch keine Zusammenarbeit."

CDU-Politiker Mario Voigt, Oppositionschef in Erfurt, schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD aus – ebenso mit der Linken.
CDU-Politiker Mario Voigt, Oppositionschef in Erfurt, schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD aus – ebenso mit der Linken. © WDR

Auch sei für ihn "ganz klar, dass ich nie mit der Linken eine Koalition eingehen werde", räumte Voigt ein und führte auch die Gründe aus: "Mein Großvater ist zwangsausgesiedelt worden, von Kommunisten, 1953, er hat innerhalb von sechs Stunden alles verloren."

Und Voigt polterte weiter: "Die Menschen haben die Nase voll von Politik-Taktik. Die wollen, dass sich endlich was entlastet in dieser schwierigen Lage und dafür werde ich auch immer Politik machen." Voigt ergänzte, dass er ohne Wenn und Aber die "CDU-Kernpositionen" vertrete und Politik zum Wohle seines Heimatlandes mache.

Katrin Göring-Eckardt: "Diese großen Veränderungen haben halt viele Leute verunsichert"

Louis Klamroth fragte daraufhin, wie es sein könne, dass die AfD gerade im Osten so viel Zuspruch findet. Journalistin Anne Hähnig gab jedoch zu bedenken: "Ich würde davor warnen, das AfD-Wählen als eine dezidiert ostdeutsche Angelegenheit zu betrachten, weil es das nicht ist." Hähnig ergänzte: "Der Zuspruch, den Rechtspopulisten bekommen, den bekommen sie, weil sie ein bestimmtes Thema setzen. Das macht die AfD genauso wie Donald Trump in den USA und das ist das Versprechen, den Nationalstaat zu stärken und äußere Einflüsse zurückzudrängen."

Dieses Versprechen sei laut Hähnig vor allem in den Regionen attraktiv, in denen die Zufriedenheit und der Wohlstand "etwas geringer" seien. "Aber es ist kein ostdeutsches Phänomen", so die Journalistin. Mit Blick auf Themen wie die Energiewende merkte Katrin Göring-Eckardt an: "Diese großen Veränderungen haben halt viele Leute verunsichert." Davon ließ sich Tino Chrupalla nicht beirren und stichelte, dass die Grünen bei den nächsten Wahlen im Osten keine Rolle mehr spielen würden. Er prognostizierte gleichzeitig einen noch stärkeren AfD-Aufschwung und erklärte: "Sie werden Ergebnisse erleben in Ostdeutschland, wo sich die Frage für uns vielleicht gar nicht mehr stellt, ob wir einen Koalitionspartner brauchen. Das ist unser Ansporn."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.