Bedrohte Spezies: Steigt am Mittwoch das letzte München-Derby für lange Zeit?
München - Wenn die Löwen heute vom Giesinger Berg herunter in Richtung Olympiapark schippern, könnte es für lange Zeit die letzte innerstädtische Auswärtsfahrt gewesen sein, bei der im "Oly" die Scheinwerfer angehen: Sechzig möchte sich am liebsten nach oben aus der Dritten Liga verabschieden, Türkgücü droht nach der Insolvenz ein Neuanfang im Amateurfußball.
Sportlich sind die Vorzeichen vor dem Stadtduell zwischen Türkgücü und dem TSV 1860 heute Abend (19 Uhr, Magenta Sport und im AZ-Liveticker) glasklar: Sechzig und Chefcoach Michael Köllner wollen nach zwei Remis - aber eben sechs ungeschlagenen Spielen in Folge - unbedingt den Derby-Dreier holen, um die dritte Aufholjagd in der dritten Saison hintereinander mit dem Aufstieg zu krönen. "Das ist ein sehr, sehr wichtiges Spiel. Wir biegen langsam ins letzte Drittel der Saison ein."
Köllner hofft, dass es bei Türkgücü "weitergehen kann"
TG-Trainer Andreas Heraf greift nach seinem ersten Sieg - und nach jedem Strohhalm, den der Österreicher kriegen kann. Denn: Dieses Derby ist vom Aussterben bedroht - es könnte für lange, lange Zeit das letzte seiner Art in München sein.
"Es ist immer eine schwierige Situation im Verein, wenn Gelder ausbleiben", sagte Köllner mitfühlend. Auch, wenn es gewiss viele 1860-Fans nicht gerne lesen: Bei Sechzig ist man ja ebenfalls darauf angewiesen, dass Investor Hasan Ismaik gewisse Finanzlöcher stopft. . .
Köllner weiter: "Ich hoffe schon, dass es weitergehen kann. Vor allem für die Spieler, Trainer und Mitarbeiter im Verein, damit sie eine Zukunft für sich sehen. Es ist schwer, wenn man nicht weiß, was morgen oder übermorgen ist."
Köllners sportliches Mitleid für Türkgücü hält sich in Grenzen
Köllner ließ aber auch durchblicken, dass sich Türkgücü, respektive Geldgeber Hasan Kivran, die Geldnöte selbst zuzuschreiben hätte: "Wenn du über deinen Verhältnissen gelebt hast, dreht der DFB den Geldhahn zu."
Köllner lässt eine solche Hiobsbotschaft wie eine Insolvenz selbst beim ungeliebten Rivalen nicht kalt. Sein sportliches Mitleid hält sich jedoch arg in Grenzen: "Für uns zählt ausschließlich das Spiel im Olympiastadion. Wir wollen drei Punkte holen, alles andere interessiert mich nullkommanull!", sagte der 52-Jährige.
Von größerem Interesse dürfte für den 1860-Coach sein, dass sein Abwehrchef Stephan Salger wieder zurückkehrt - und sein Team nach den beiden ärgerlichen Remis gegen Braunschweig (2:2) und in Meppen (1:1) nicht zum dritten Mal in Folge späte Geschenke verteilt.
Muss Moll aus der Startelf weichen?
"Wir müssen einfach resoluter spielen, den Ball auch mal auf die Tribüne schlagen oder mit Fouls den Spielfluss unterbrechen. Das hat zuletzt nur Quirin Moll mal getan."
Genau der könnte nun angesichts der Rückkehr Salgers und der zuletzt starken Leistung von Youngster Niklas Lang weichen müssen - oder eher noch: ins Mittelfeld rotieren.
1860 möchte den Derby-Dreier gegen Türkgücü
Ein generelles Problem wollte Köllner seinen Kickern wegen der chronischen Anfälligkeit in der Schlussphase nicht attestieren. Angesprochen auf die Tatsache, dass sein Team in einer 75-Minuten-Tabelle auf Rang drei liegen würde, meinte er lapidar: "Jedes Spiel dauert 90 Minuten - plus Nachspielzeit." 1860 habe zuletzt schließlich auch selbst "zwei Riesenchancen in der Schlussphase" in Meppen gehabt: "Wenn du die Dinge nicht erledigst, dann wird es schwer. Hinten raus kann immer mal etwas passieren."
Gegen Türkgücü soll, mit zahlreicher Unterstützung auf den Rängen sowie "einer Enklave Löwen-Fans auf dem Olympiaberg", auch gegen eine schwer ausrechenbare und zuletzt "experimentierfreudige" Mannschaft genau das her, was Köllners absolut liebste Erinnerung an das ruhmreiche Olympiastadion ist: ein Derby-Dreier! "An dieses Stadion habe ich vor allem eine super Erinnerung: Wir haben letzte Saison dort gewonnen."