Gündogan neuer Kapitän, Kimmich neuer Rechtsverteidiger: Was erlauben Hansi Flick?

Der Bundestrainer unter Druck! Hansi Flick überrascht mit einer neuen Machtverteilung in der DFB-Elf: Kimmich wird auf die ungeliebte Position des Rechtsverteidigers versetzt – und verliert auch noch die Kapitänsbinde.
Patrick Strasser |
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Versucht alles um seinen Job zu retten: Bundestrainer Hansi Flick.
Versucht alles um seinen Job zu retten: Bundestrainer Hansi Flick. © dpa

München - Den Kernsatz seines neuen Mantras hatte Bundestrainer Hansi Flick bereits bei der Bekanntgabe des Kaders für die beiden Länderspiele im September verraten. Es gehe bei der Auswahl der Auserwählten des Landes darum, "wer der Mannschaft Energie gibt".

Außerdem, so der 58-Jährige, dessen persönlicher Energiehaushalt seit Wochen und Monaten doch arg runtergedimmt wirkt, müsse "jeder Einzelne sein Ego hintenanstellen."

Hansi Flick mit drastischer Entscheidung: Ilkay Gündogan übernimmt das Kapitänsamt

Wer wie Flick am Rande des Jobverlustes wankt, der macht große Schritte, die Risiken bergen – aber im Idealfall wegführen vom Abgrund. Händchenhalten ist nicht angesagt, unangenehme Wahrheiten fallen leichter.

Und so überraschte der oberste Fußballtrainer des DFB am Freitagmittag in der Wolfsburger Autostadt mit einem bedeutsamen Fahrerwechsel: Rein ins Cockpit der Nationalelf mit Ilkay Gündogan. Deutschlands Fußballer des Jahres ist der neue Kapitän, ab sofort und bis auf Weiteres (die zeitlich und qualitativ unvorhersehbare Rückkehr von Alt-Kapitän Manuel Neuer).

Der klare Gewinner der flickschen Neuausrichtung der DFB-Elf: Triple-Sieger Ilkay Gündogan ist nun das Machtzentrum der DFB-Elf.
Der klare Gewinner der flickschen Neuausrichtung der DFB-Elf: Triple-Sieger Ilkay Gündogan ist nun das Machtzentrum der DFB-Elf.

Auf den Beifahrersitz muss Joshua Kimmich rutschen, bis zuletzt in der Verantwortung. Thomas Müller, der alte Haudegen und neben Neuer einzig verbliebene Stammelf-Weltmeister von 2014, wurde nach der WM in Katar erstmals wieder nominiert. Über den Offensiv-Allrounder mit den meisten Länderspielen (121) sagte Flick: "Thomas hat so eine Erfahrung, sich bei Bayern wieder rangekämpft und es gut gemacht. Er ist eine Bereicherung für jede Mannschaft, weil er sein Ego hintenanstellt und das große Ganze sieht."

Kein Kapitän und kein Sechser mehr: Was hat Joshua Kimmich falsch gemacht?

Zugleich die Stellenbeschreibung für den idealen Kapitän. Hat Kimmich, 79 Länderspiele, also etwas falsch gemacht oder liegt es daran, dass der mal wieder auf die rechte Abwehrseite versetzte Mittelfeldspieler ein wenig fernab vom Zentrum nicht mehr so viel Einfluss auf Mitspieler wie Schiedsrichter nehmen könne?

Oder hat Gündogan, als Kapitän Triple-Champion mit Manchester City, so viel richtig gemacht? In seinen bisher 67 DFB-Einsätzen (also weniger als Kimmich womit Flicks Entscheidung eine ungeschriebene Nationalelf-Regelung negiert) nicht wirklich.

All in: Joshua Kimmich die Kapitänsbinde zu entziehen, ist Hansi Flicks letzte Patrone.
All in: Joshua Kimmich die Kapitänsbinde zu entziehen, ist Hansi Flicks letzte Patrone. © imago

Der Bundestrainer unter Druck: Hansi Flick sucht den Befreiungsschlag

Flick will mit diesem großen Schritt eine Luftveränderung im stickigen Klima der Kabine nach all den Unruhen wie rund um die jüngst veröffentlichte WM-Doku und die Pleiten-Serie seit dem Desaster von Katar. Fünf Siege in den bis dato 17 Länderspielen der Jahre 2022 und 2023 haben den Druck auf Flick erhöht. Die Tests gegen Japan am Samstag (20.45 Uhr, RTL) und kommenden Dienstag gegen Vize-Weltmeister Frankreich geraten zum Ernstfall und setzen den Ton für die Stimmung im Lande vor der Heim-EM im kommenden Sommer.

Bei zwei weiteren Pleiten müsste der Verband seinen Bundestrainer wohl aufgrund der explosiven Gesamtgemengelage vor die Tür setzen und sich entscheiden: Zwischen dem vom Schock über die Entlassung bei Bayern erholten, jugendlich frischen Julian Nagelsmann (36) sowie der gewohnt kontroversen wie kritischen Denkfabrik namens Matthias Sammer (56), noch als externer Berater für Borussia Dortmund tätig.

Joshua Kimmich kann laut Hansi Flick "Qualitäten auf verschiedenen Positionen einbringen"

Vielleicht kriegt Flick aber noch die Kurve nach dem Vorrunden-Aus bei der WM und der verpatzten zweiten Chance, der Zeit zwischen Katar und dem Kater von heute – in 2023 gelang in fünf Testspielen ein mickriger Erfolg, das 2:0 gegen Peru im März. Gündogan (32), seit Sommer neu beim FC Barcelona, und Kimmich (28) sollen ein "Führungsduo" bilden – beide hätten sich dazu bekannt.

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"Das gibt uns nochmal Energie, die wir auch brauchen", erklärte Flick. Da ist sie wieder, die Energie. Ob die nun bei Kimmich, dem sein Vereinstrainer Thomas Tuchel absprach, ein defensiv denkender Sechser zu sein, schwindet in der Rolle als Rechtsverteidiger in der Not? Kimmich habe, so Flick, "Qualitäten, die er auf verschiedenen Positionen einbringen kann. Er ist ein absoluter Teamplayer und stellt sich in den Dienst der Mannschaft."

Gündogan, Kimmich, Goretzka: Alles noch "nichts Endgültiges", betont Flick

Klingt nicht nach Boss-Beschreibung. Auch beim DFB schwindet also Kimmichs Hausmacht, der noch dazu auf seinen Compagnon Leon Goretzka, mit dem er unter Tuchel das Mittelfeld-Zentrum bildet, verzichten muss. Auf Goretzka hat Flick verzichtet.

"Nichts Endgültiges", so der Bundestrainer, aber jetzt, da die Experimente des Frühjahrs und der Juni-Länderspiele vorbei sein sollen, ein deutlicher Hinweis auf eine neue Hackordnung. Was erlauben Hansi? Flick geht also all-in wie man heute sagt, sprich volles Risiko. Weil der Gündogan-Schachzug seine letzte Patrone ist?

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  • Der Münchner am 10.09.2023 12:35 Uhr / Bewertung:

    Ich bin wahrlich kein Freund von Geldwertlisten der Spieler. Nur ist es schon auffällig das unsere Profis da nicht ganz oben auftauchen.
    Bei Bayern spielt im Abwehrverbund nicht ein Deutscher, der Mittelstürmer kommt aus England bzw. Frankreich.
    Im Mittelfeld und auf den Aussen haben wir einparken Gute und zwei hoffnungsvolle Junge.
    Wir haben nichts besseres, da wird auch ein neuer Trainer nichts daran ändern.

  • am 09.09.2023 15:19 Uhr / Bewertung:

    Ziemlich viele Spieler waren in den letzten DFB-Spiele nicht richtig gut. So wie sie gespielt haben, ist es mir dermaßen so wurscht, wer die Binde trägt.
    Mittlerweile habe ich wirklich den Eindruck, daß die Spieler im Laufe der Jahre immer respektloser gegenüber Trainer-Team geworden sind. Was sollen die Aufplustern der Spieler, wenn ihnen die Entscheidungen der Trainers nicht gefällt. Was sollen die Diskussionen um Neuer, der seit Beinbruch noch nicht mal gespielt hat? Völlig unwichtig. Letzte Spieltage waren nicht gut, also muss der Trainer umdenken. Flick weiß sehr wohl, was es passieren würde, wenn nix vorwärts kommt. Die Spieler kriegen ein schönes Taschengeld, sollen Mund halten und den Trainer respektieren.

  • Knitterface am 09.09.2023 15:12 Uhr / Bewertung:

    Naja, Kimmich als rechter Verteidiger. Häufig hat der das so interpretiert, daß er meistens jenseits der Mittelinie war, damit der Linksaussen vom Gegner viel Platz hat.

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