Gegen Kasachstan: Scheibenschießen!

Deutschland gewinnt 4:1 gegen Kasachstan und hätte zehn Tore machen können (oder müssen). Allein sechsmal scheitern Mario Götze und Co. am Aluminium! Nur Dortmunder treffen  
von  tbc, ps

Deutschland gewinnt 4:1 gegen Kasachstan und hätte zehn Tore machen können (oder müssen). Allein sechsmal scheitern Mario Götze und Co. am Aluminium! Nur Dortmunder treffen

NÜRNBERG Erst Wirbelsturm, dann laue Brise: Nach einer fulminanten ersten Halbzeit baute das DFB-Team beim 4:1 gegen Kasachstan im zweiten Durchgang mal wieder gewaltig ab. Der Bundestrainer musste zeitweise ganz schön böse schauen. „In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft, was die Konzentration betrifft, etwas nachgelassen. Da hätten wir noch mehr Tore erzielen müssen“, sagte Joachim Löw, „aber das Spiel war ja schon entschieden.“

Das wiederum lag an dem Offensiv-Feuerwerk, das das DFB-Team in den ersten 45 Minuten abbrannte. Schon nach 45 Sekunden hatte Mario Götze die gegnerische Abwehr mit zwei Hackentricks verwirrt, und so sollte das weiter gehen. Hacke, Spitze, einszweidrei: ein Spaß, dieser neunerlose Sturmwirbel, den die Dortmunder Jungs Götze, Marco Reus und Ilkay Gündogan da entfachten, in künstlerischer Hinsicht unterstützt vor allem von Edelfuß Mesut Özil.

Die drei BVBler trugen sich folgerichtig auch in die Torschützenliste ein. Innerhalb von acht Minuten stand es vor 43500 frierenden Zuschauern 3:0 gegen den 139. der Weltrangliste. Nach zwei Pfostentreffern von Gündogan und Götze (20. und 21.) war es zwei Minuten später Reus, der zunächst einen Gegenspieler gekonnt tunnelte und aus 18 Metern ins Eck traf.

In Minute 27 hatte Philipp Lahm seinen großen Auftritt: Ließ auf Halbrechts vier Mann stehen, passte flach nach innen, wo Götze das linke Bein teleskopmäßig ausfuhr und damit zum 2:0 traf. Da wollte sich sein Dortmunder Spielkamerad Gündogan nicht lumpen lassen und vollendete nach feinem Özil-Pass zum 3:0 - sein erstes Länderspieltor, und das in der Stadt, in der er vor ein paar Jahren ein ganz anderes Erfolgserlebnis hatte: Gündogan hat an der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg Abitur gemacht.

Lob gab es von allen Seiten: „Er hat einen unglaublichen Schritt nach vorne gemacht“, meinte Bundestrainer Löw, „er ist ein sehr wichtiger Spieler geworden. Einer, den wir unbedingt brauchen werden.“ Mehmet Scholl, der Fußballexperte der ARD, pflichtete ihm bei: „Gündogan gehört die Zukunft.“

Gegenüber dem 3:0 am vergangenen Freitag in Astana hatte Löw drei Änderungen vorgenommen: Die verletzten Benedikt Höwedes und Julian Draxler sowie der gesperrte Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger wurden durch Jerome Boateng, den nach einer Sperre zurückgekehrten Reus und Gündogan ersetzt. Da Mario Gomez wegen seiner Oberschenkelzerrung wieder nicht zur Verfügung stand, begann erneut Götze im „spanischen System“ als „falsche Neun“ – oder „Tarnstürmer“.

Von dieser Formation zeigte sich auch Scholl sehr angetan: „Kasachstan kann in keiner Hinsicht mithalten. Die könnten auch zu zwölft oder dreizehnt da hinten drin stehen und würden trotzdem noch ausgespielt werden. Das ist nicht zu verteidigen, weil unsere Jungs so brillante Fußballer sind. Bis auf die 20 Minuten nach der Pause war das heute ein Lehrvideo, wie gute Fußballer zusammen passen.“

Wenn da bloß nicht diese dumme Halbzeitpause gewesen wäre! Direkt nach dem Wiederanpfiff patzte Keeper Manuel Neuer, und es hieß nur noch 3:1. Ein Treffer, der den zuvor noch so wunderbaren Kombinationsfluss des DFB-Teams ins Stocken brachte. Mehr als drei Pfostentreffer von Özil, Khedira und Thomas Müller war zunächst nicht drin. Auf der Gegenseite hätten die Gäste beinahe sogar den Anschlusstreffer erzielt. Erst in der Schlussminute gelang Reus das 4:1.

Eine Partie, die zwiespältige Gefühle hinterlässt. Kapitän Philipp Lahm meinte: „So schlecht habe ich die zweite Halbzeit nicht gesehen. Wir haben noch viele Riesenmöglichkeiten herausgespielt. Vielleicht fehlte das eine oder andere Prozent. Aber diese Mannschaft schafft es, schon früh alles klar zu machen.“ Und Mehmet Scholl fand: „Ohne die Halbzeitpause hätten wir 8:0 gewonnen.“

 

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